Amnesty-Aktivisten in Istanbul festgenommen – Vorwurf: Mitglied in einer „bewaffneten terroristischen Vereinigung“

Die türkische Polizei hat die Amnesty-Direktorin in Istanbul und weitere Menschenrechtsaktivisten festgenommen. Gegen die Direktorin der türkischen Abteilung werde der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer "bewaffneten terroristischen Vereinigung" erhoben.
Titelbild
Protestaktion von Amnesty International in Brüssel, Juni 2017.Foto: EMMANUEL DUNAND/AFP/Getty Images
Epoch Times6. Juli 2017

Die türkische Polizei hat die Amnesty-Direktorin in Istanbul und weitere Menschenrechtsaktivisten festgenommen. Unter den zehn am Mittwoch Festgenommenen seien die Direktorin der türkischen Sektion von Amnesty International, Idil Eser, sowie ein deutscher Staatsbürger, teilte die Organisation am Donnerstag in Berlin mit und verlangte die unverzügliche Freilassung.

Die Grünen forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, den Fall gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan anzusprechen.

Nach Angaben von Amnesty nahm die Polizei insgesamt zehn Aktivisten bei einer Schulung in einem Hotel auf einer Insel im Marmara-Meer vor Istanbul fest. Darunter seien neben Eser sieben weitere Vertreter von Menschenrechtsgruppen sowie zwei Ausbilder. Einer der Trainer ist laut Amnesty deutscher Staatsbürger, der andere Schwede.

Vorwurf: Mitgliedschaft in einer „bewaffneten terroristischen Vereinigung“

Am Abend teilte Amnesty mit, gegen Eser werde der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer „bewaffneten terroristischen Vereinigung“ erhoben. Dies sei „absurd“ und entbehre jeder Grundlage. Gegen Eser liege zudem ein Haftbefehl vor, auf dessen Grundlage die Amnesty-Direktorin voraussichtlich mindestens sieben Tage in Gewahrsam bleiben werde. Inzwischen könnten die Festgenommenen „offenbar nach und nach“ Kontakt zu ihren Anwälten aufnehmen, hieß es weiter.

Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty äußerte sich beunruhigt und empört über die „grundlosen“ Festnahmen. Sie seien ein „grotesker Machtmissbrauch“ durch die türkischen Behörden, der die prekäre Lage von Menschenrechtsaktivisten in dem Land verdeutliche, kritisierte er und forderte die sofortige Freilassung von Eser und den übrigen Festgenommenen.

Am 9. Juni war bereits der Amnesty-Vorsitzende in der Türkei in Untersuchungshaft genommen worden. Dem Anwalt Taner Kilic wird vorgeworfen, der verbotenen Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen anzugehören, die in der Türkei für den gescheiterten Militärputsch im Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Kilic weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Laut Amnesty wurden die Menschenrechtler am Mittwoch während einer Schulung zu digitaler Sicherheit und Informationsmanagement auf Büyükada festgenommen. Die Zeitung „Hürriyet“ sprach sogar von zwölf Festnahmen, darunter der Hotelbesitzer.

Auswärtige Amt fragt in der Türkei nach

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, die deutschen Vertretungen in der Türkei hätten „Kontakt zu den türkischen Behörden aufgenommen, um gegebenenfalls eine Bestätigung der Festnahme des deutschen Staatsangehörigen zu erhalten“. In der Türkei sitzen bereits neun Deutsche oder Deutsch-Türken in Haft, darunter der Journalist Deniz Yücel.

Der Grünen-Chef Cem Özdemir forderte Merkel auf, die Festnahmen gegenüber Erdogan anzusprechen. „Ich erwarte von der Bundeskanzlerin Merkel, dass sie diesen Willkürakt beim Zusammentreffen mit Erdogan während des G20-Gipfels in Hamburg anspricht und die sofortige Freilassung aller inhaftierten Menschenrechtsaktivisten fordert“, erklärte Özdemir.

Merkel trifft am Donnerstagabend im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel mit Erdogan zusammen. In einem Interview mit der „Zeit“ hatte der türkische Präsident zuvor jede Kritik an der Inhaftierung von Journalisten zurückgewiesen und Unverständnis über die Aufmerksamkeit geäußert, die der Fall des „Welt“-Korrespondenten Yücel in Deutschland erregt. (afp)



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