Amerikanische Ideale und nationale Interessen: USA debattieren über künftigen Umgang mit Saudi-Arabien
Während US-Präsident Donald Trump am heutigen Donnerstag mit Außenminister Mike Pompeo über die Entwicklungen im Fall des verschwundenen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi beraten wollte, ist im Land eine Debatte über den künftigen Umgang mit der Golfmonarchie entbrannt.
Sollten sich Berichte als zutreffend erweisen, wonach der Journalist tatsächlich im Zuge eines Verhörs im saudischen Konsulat in Istanbul ums Leben gekommen sei, ist – unabhängig davon, ob auch die grausigen Details stimmen, die islamistische Medien kolportieren – damit zu rechnen, dass der Kongress auf Sanktionen gegen Riad drängt. Auch Präsident Trump selbst hatte für diesen Fall mögliche harte Konsequenzen in Aussicht gestellt. Gleichzeitig mahnte er jedoch, keine vorschnellen Urteile ohne eine umfassende Auswertung der Fakten zu treffen.
Auf „Fox News“ tauschen zurzeit Befürworter und Gegner diplomatischer Sanktionen Argumente aus. Der republikanische Senator für Kentucky, Rand Paul, erklärte, er halte es für an der Zeit, Amerikas Beziehungen zum saudischen Königreich zu „überdenken“. Die USA müssten den Fall Khashoggi, der „brutal und erschreckend“ für jeden sei, der über das Königreich berichte, zum Anlass nehmen, ihr Gewicht für Veränderung in die Waagschale zu werfen. Er plädiert unter anderem für ein Ende der Militärhilfe und von Waffenverkäufen.
Rand Paul: „Wir müssen uns fragen, was wir da hochgepäppelt haben“
Die Saudis, so Paul, hätten sich lange die Gunst amerikanischer Politiker erkauft und versucht, sich das Image eines moderaten, pro-amerikanischen Staates zu geben. Dieses habe jedoch nichts mit der Realität zu tun.
Die Tötung des „dissidenten Journalisten“ solle im Hinblick auf das, was es über das saudische Regime offenbare, ein Wendepunkt in den Beziehungen sein, an dem „wir als Amerikaner anhalten und uns fragen sollen, was wir da hochgepäppelt und unterstützt haben“.
Es seien nicht nur die, einem UNO-Bericht zufolge, „mehr als 3000 offiziell erfassten Foltervorwürfe“ zwischen 2009 und 2015, von denen dem „Guardian“ zufolge kein einziger geahndet worden sei, Saudi-Arabien sei zudem „der größte Sponsor des radikalen Islam auf dem gesamten Planeten, und kein anderes Land kommt dem auch nur nahe“.
Seit den 1980er Jahren habe das Land mehr als 100 Milliarden US-Dollar weltweit in den „Export des Wahhabismus“ gesteckt, dem Foreign-Policy-Magazin zufolge habe sich die Zahl der Medresen (religiösen Schulen), die dieser Spielart des Islam folgen, allein in Pakistan von knapp 200 auf über 40 000 vervielfacht. Etwa 10 bis 15 Prozent davon seien mit extremistischen religiösen oder politischen Gruppen verbunden. Auch hätten, wie das State Department bestätige, Katar und Saudi-Arabien den späteren IS und andere sunnitische Terrorgruppen finanziert und logistisch unterstützt.
Im Jemen sei Riad für die „schlimmste humanitäre Krise“ weltweit verantwortlich, schreibt Rand Paul, und 20 Prozent der Zivilisten, die im dortigen Krieg infolge von Angriffen der von den Saudis geführten Koalition stürben, seien Kinder.
Antithese zu amerikanischen Idealen
Diese Umstände, neben der schlechten Behandlung von Frauen, willkürlichen Verhaftungen, Folter und einem vollständigen Fehlen von Rechtsstaatlichkeit in Saudi-Arabien, seien „gelinde gesagt eine Antithese zu amerikanischen Idealen“. Deshalb sei es an der Zeit, gegen eine Regierung aufzutreten, die nicht im Sinne amerikanischer Interessen handele, und ein Stopp von Waffen- und Militärunterstützung wäre der richtige Weg. Die Saudis seien von den USA so stark abhängig, dass Amerika es in der Hand hätte, auf diesem Wege Reformen zu erzwingen. In diesem Sinne rief Rand Paul zu einem überparteilichen Handeln auf.
Jim Hanson, ehemaliger Soldat der Special Forces und heute Präsident der Security Studies Group, sieht die Sache gänzlich anders. Die nunmehrigen Bestrebungen, die unter der Regierung Trump verbesserten Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien zu belasten, seien im besten Fall nicht hilfreich und im schlimmsten Fall gefährlich für amerikanische nationale und wirtschaftliche Interessen.
Kronprinz Mohammed bin Salman sei ein Reformer, der sein Land zu modernisieren versuche und dafür bereits zuvor nicht gekannte Schritte unternommen habe. Fehler seiner Regierung und Angriffe seiner Gegner zum Anlass zu nehmen, diese Fortschritte zu gefährden, wäre ein mächtig großer Fehler.
Selbstverständlich müsse die Regierung Saudi-Arabiens zur Rechenschaft gezogen werden, sollte sich die Nachricht vom Tod Khashoggis bestätigen und diese dafür verantwortlich sein.
„Aber der Tod Khashoggis wiegt keine strategischen Belange der USA auf, die ein Fortdauern der guten Beziehungen zur saudischen Regierung erfordern. Wir müssen angemessen reagieren – nicht als Akt der Gefälligkeit gegenüber den Saudis, sondern in unserem eigenen nationalen Interesse.“
Jim Hanson: „Iran ist die wahre Bedrohung“
Im Nahen Osten bleibe das gefährliche und extrem antiamerikanische Regime im Iran die größte Bedrohung. Dieses stelle auch militärisch eine Bedrohung für seine Nachbarn und den US-Verbündeten Israel dar. Deshalb müsse man die bestehende Koalition mit arabischen Verbündeten stärken, um der iranischen Bedrohung gegenzusteuern, und Saudi-Arabien spiele dabei eine entscheidende Rolle.
Es sei verständlich, wenn in dieser Situation beispielsweise die „Washington Post“, die einen Kolumnisten verloren habe, harsche Töne anschlage. Es sei aber unrichtig, dass die USA von guten saudisch-amerikanischen Beziehungen weniger Nutzen hätten als die Saudis selbst. Würden die USA die derzeitige Führung in Riad fallen lassen, würden die Hardliner an die Macht zurückkehren, die Terrorismus unterstützten und die Unterdrückung verstärken würden. Dies sei in niemandes Interesse.
Hanson wies auch Vorwürfe an Riad im Zusammenhang mit dem Jemen-Krieg zurück. Der Kampf gegen die von Teheran gesteuerten Huthi-Milizen sei entscheidend, um zu verhindern, dass der Iran in die Lage kommt, beide größere Seewege für den Export von Öl aus der Golfregion abzuriegeln. Bereits jetzt setze sich der Iran zunehmend in der Straße von Hormuz fest und könnte, sollten die Huthis im Jemen siegreich bleiben, auch die Straße von Bab al Mandeb blockieren. Bereits jetzt habe der Iran mehrfach saudische Schiffe angegriffen. Ein Vormarsch der Huthis würde dies zur Regel machen.
„Die Hungersnot und andere Mangelerscheinungen können beendet werden, sobald der Iran das wünscht“, erklärt Hanson. „Saudi-Arabien war der größte Nahrungsmittellieferant in den Jemen während der letzten 30 Jahre und wird dies auch weiterhin bleiben. Aber wir können nicht einfach aufhören, gegen iranische Proxys zu kämpfen, die massenhaft Menschen in der Region töten und vitale amerikanische Interessen bedrohen, darunter die Freiheit der Schifffahrt.“
Beschädigte Beziehungen wären Geschenk an Teheran
Außenminister Mike Pompeo habe bei seinem Treffen mit der saudischen Führung am Dienstag ein offenes Gespräch mit Kronprinz Bin Salman und anderen führenden Persönlichkeiten des Landes über die Causa Khashoggi geführt. Und die amerikanische Regierung werde auch eine deutliche Botschaft an Riad aussenden, dass Vorfälle wie jene um den nun vermissten Journalisten sich nicht wiederholen dürften. Doch gelte es, den Reformprozess in Saudi-Arabien zu unterstützen und sich zu vergegenwärtigen:
„Unsere Beziehung zu den Saudis zu zerstören würde viel mehr Tote und viel mehr Leid in der Region verursachen als diese stark zu halten. Zudem wäre ein solcher Schritt ein großes Geschenk an die Mullahs, die den Iran regieren, ihre Leute zu ‚Tod Amerika‘-Rufen anhalten und sich ihrer Pläne rühmen, Israel zu vernichten.“
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