Algerien: Sicheres Herkunftsland oder Gefahr der Verfolgung und unmenschlichen Behandlung?
Mit ihrem Besuch in Algerien unternimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag und Dienstag einen weiteren Versuch, die Flüchtlingsbewegungen Richtung Europa einzudämmen. Der Bundestag erklärte Algerien im Mai 2016 zu einem sicheren Herkunftsstaat, was Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber dorthin erleichtern würde. Das entsprechende Gesetz scheiterte bislang am Widerstand der Grünen im Bundesrat, die auf die Menschenrechtslage in Algerien – ebenso wie in den anderen Maghreb-Staaten Tunesien und Marokko – verweisen.
Anerkennungsquote und Abschiebungen
Die Anerkennungsquote für algerische Asylbewerber ist gering. Für die ersten elf Monate des Jahres 2016 lag sie bei 2,7 Prozent. Die Zahl der Antragsteller lag in diesem Zeitraum bei gut 3400. Die Zahl der Abschiebungen lag im ersten Halbjahr 2016 bei 56.
Menschenrechtslage
Die algerischen Behörden schränkten laut dem Länderbericht 2016 von Amnesty International „die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ein, nahmen friedliche Demonstrierende, Aktivisten und Journalisten fest, inhaftierten sie und gingen strafrechtlich gegen sie vor“. Die Regierung in Algier verweigerte die „seit langem geforderten Besuche von UN-Institutionen und -Experten zu den Themen Folter, Kampf gegen den Terrorismus und Vereinigungsfreiheit“. Gerichte verhängten „zahlreiche Todesurteile“. Allerdings wird die Todesstrafe seit 1993 nicht mehr vollstreckt.
Das deutsche Asylrecht sieht vor, dass solche Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten erklärten werden können, „bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet“.
Politische Lage
Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika ist seit April 1999 im Amt. Für den 4. Mai 2017 sind Parlamentswahlen angekündigt. Seit den Wahlen 2012 stellen Bouteflikas Nationale Befreiungsfront (FLN) und die Nationale Sammlungsbewegung für Demokratie (RND) die absolute Mehrheit im Parlament. Die bislang zersplitterten islamistischen Parteien bemühen sich um einen Zusammenschluss.
Das „schwarze Jahrzehnt“
Auch nach der Verabschiedung der Charta für Frieden und Versöhnung aus dem Jahr 2005 wird Algerien schwer belastet von der Gewaltwelle des „schwarzen Jahrzehnts“. Im damaligen Bürgerkrieg zwischen den Sicherheitskräften und bewaffneten islamistischen Gruppen wurden in den 90er Jahren 200.000 Menschen getötet. Die Gewalt dauert an: 2016 wurden laut offiziellen Angaben von den Sicherheitskräften 125 „Terroristen“ getötet und 225 festgenommen. Die Verantwortlichen für Folter und andere schwere Menschenrechtsverstöße während der 90er Jahre gehen laut Amnesty „nach wie vor straffrei aus“. (afp)
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