Aktuelles zur Europawahl: Debatte im Bundestag zur Europapolitik
Die Europawahlen gehen heute in Irland und Tschechien weiter. Die irischen Wahllokale öffnen um 8:00 Uhr deutscher Zeit. Erste Prognosen ab 23:00 Uhr dürften zeigen, ob die linksnationalistische Oppositionspartei Sinn Fein mehr Sitze gewinnt als die Mitte-Rechts-Partei von Regierungschef Simon Harris.
In Tschechien haben die Wähler von Freitagnachmittag bis Samstagmittag Zeit, ihre Stimme abzugeben.
Morgen wählen Italien, Lettland, Malta und die Slowakei. In den übrigen Ländern wird am Sonntag gewählt. Insgesamt dürfen rund 360 Millionen Europäer – darunter 61 Millionen Deutsche – über die 720 Abgeordneten des Parlaments entscheiden, davon kommen 96 aus der Bundesrepublik.
Anders als bei Bundestagswahlen können auch deutsche Kleinstparteien mit niedrigem einstelligem Wahlergebnis ins EU-Parlament einziehen. Es gibt keine vorgegebene Prozent-Hürde zu erreichen. Einige EU-Staaten haben Sperrklauseln, unter anderem Frankreich, Italien, Griechenland, Polen, Tschechien und Ungarn.
In Deutschland soll das erst bei der nächsten Europawahl im Jahr 2029 wiedereingeführt werden. Sie soll bei mindestens zwei Prozent liegen. Das hatte der Bundestag im vergangenen Jahr beschlossen.
Debatte im Bundestag zur Europapolitik
Die Europawahl spielt heute auch im Bundestag eine Rolle. Am Morgen steht eine 70-minütige Debatte zur aktuellen Europapolitik auf der Tagesordnung.
Union, Grüne und Linke schließen heute ihren Europawahlkampf ab. In München sprechen am Abend EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz zu ihren Anhängern. Die Grünen versammeln sich zum Wahlkampfabschluss am Nachmittag in Köln, zu den Rednern gehören die Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour sowie Spitzenkandidatin Terry Reintke.
Die Linke schließt ihre Kampagne in Potsdam ab, angeführt von den Parteichefs Janine Wissler, Martin Schirdewan und der parteilosen Co-Spitzenkandidatin Carola Rackete. Die SPD folgt erst am Samstag, wo in Duisburg unter anderem Kanzler Olaf Scholz spricht. Die FDP hatte ihren Wahlkampf bereits vergangenen Donnerstagabend in Düsseldorf abgeschlossen.
Wie kann die Wahlbeteiligung gesteigert werden?
Die Wahlbeteiligung in Deutschland bei der Europawahl dürfte mit etwa 62 Prozent der Wahlberechtigten ungefähr so hoch ausfallen wie 2019.
Das Interesse an der Europawahl könne spürbar gesteigert werden, wenn die Menschen mehr über Einfluss und Mechanismen der politischen Abläufe in der EU wüssten, so das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Es sei um etwa sechs Prozentpunkte höher, wenn die Befragten über den Einfluss der EU auf die deutsche Gesetzgebung informiert werden, heißt es in der IW-Studie. Es steige sogar um rund acht Prozentpunkte, „wenn zusätzlich noch ein konkretes Gesetz (Abschaffung der Roaming-Gebühren) genannt wird“.
Mit einer Information über die Bedeutung des europäischen Binnenmarkts für die deutsche Exportwirtschaft steige die empfundene Relevanz der Europawahl auf knapp über 70 Prozent, ein Plus von 8,6 Prozentpunkten.
Wenn zusätzlich noch darauf hingewiesen werde, dass Millionen deutsche Arbeitsplätze auf den europäischen Binnenmarkt zurückzuführen seien, steige der Effekt auf 9,6 Prozentpunkte.
Befragt nach der Zukunft der EU zeichnet sich zwar ein klares Bekenntnis der Mehrheit der Befragten zur EU ab, gleichzeitig nimmt aber der Widerstand gegen Veränderungen zu.
Deutliche Ablehnung (69 Prozent) gibt es für einen „Dexit“, einen EU-Austritt Deutschlands, gleichzeitig findet sich aber auch keine eindeutige Mehrheit für eine Stärkung der Kompetenzen, die Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten oder eine bessere finanzielle Ausstattung der EU.
Bei AfD-Anhängern zeigt sich die tief verankerte Europaskepsis: Als einzige neigen sie mehrheitlich (53 Prozent) dem „Dexit“ zu. Sympathisanten von Freien Wählern und vom BSW sehen zwar eine stärkere finanzielle Beteiligung Deutschlands an der EU besonders kritisch, einen Austritt aus der EU lehnen sie aber mit überwältigender Mehrheit ab.
Dagegen sind Grünen-Anhänger die größten EU-Freunde. Auch hier besteht allerdings keine Mehrheit für einen stärkeren finanziellen Beitrag Deutschlands am EU-Haushalt. Dies ist das Ergebnis der Umfrage unter rund 5.200 repräsentativ ausgewählten Menschen im Frühjahr 2024.
Union in Umfrage weit vorn
Die Union ist im ZDF-Politbarometer Extra zur Europawahl in Deutschland klar stärkste Kraft – die Grünen müssen mit deutlichen Verlusten im Vergleich zur Wahl 2019 rechnen.
Wenn schon heute Europawahl wäre, käme die Union auf 30 Prozent. Sie könnte damit ihr Ergebnis von 2019 leicht verbessern (28,9 Prozent). Die Grünen stehen nun bei 14 Prozent. Sie hatten bei der Wahl 2019 noch 20,5 Prozent eingefahren.
Die Forschungsgruppe Wahlen betonte, dass die Umfragewerte nur das Stimmungsbild für die Parteien zum jetzigen Zeitpunkt wiedergäben – sie seien keine Prognose für den Wahlausgang. Zudem wüssten derzeit 42 Prozent noch nicht sicher, wen oder ob sie wählen wollten.
In der nun veröffentlichten Umfrage kommen AfD und SPD auf jeweils 14 Prozent. Bei der Wahl 2019 waren es 11 Prozent für die AfD und 15,8 Prozent für die SPD gewesen.
Die FDP liegt derzeit bei 4 Prozent (2019: 5,4 Prozent), die Linke bei 3 Prozent (2019: 5,5 Prozent). Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht steht in der Umfrage bei 7 Prozent.
61 Prozent der Befragten bekundeten in der Umfrage ein starkes oder sehr starkes Interesse an der Wahl – ein weniger starkes oder kein Interesse gaben 38 Prozent an. Das spreche dafür, dass sich die Wahlbeteiligung in der Größenordnung von 2019 bewegen werde.
SPD stellt Bedingung für Unterstützung von der Leyens
Die SPD formulierte zuletzt Forderungen an die künftige EU-Kommission – und damit auch ihre Unterstützung für eine zweite Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen an eine Bedingung geknüpft.
„Eine Präsidentin oder einen Präsidenten der Europäischen Kommission, die oder der auf die Unterstützung der Feinde der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit baut, wird die europäische Sozialdemokratie nicht unterstützen“, heißt es in einem Papier der Kommission Internationale Politik des SPD-Parteivorstands, über das die Nachrichtenseite ntv.de berichtete.
Hintergrund ist, dass von der Leyen eine Kooperation mit der rechtskonservativen EKR-Fraktion nicht ausschließt. Der Fraktion gehört auch die Partei Fratelli d’Italia der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni an. (dpa/red)
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