Afrika-Klimagipfel: Energiewende und Finanzen stehen im Fokus

Aufgrund der schwächeren Wirtschaftskraft von Afrika habe der Kontinent kaum zum Klimawandel beigetragen, sieht sich dafür aber als großes Opfer von klimatischen Veränderungen. In Nairobi werden daher Forderungen an die Industriestaaten laut.
Menschen kommen in einem Vertriebenenlager an - sie wurden wegen der Dürre aus ihren angestammten Regionen vertrieben.
Menschen kommen in einem Vertriebenenlager an – sie wurden wegen einer Dürre, die immer wieder vorkommt, aus ihren angestammten Regionen vertrieben.Foto: Jerome Delay/AP/dpa
Von 4. September 2023

Zum ersten Mal findet ein Klimagipfel statt, bei dem es in erster Linie um Afrika geht. Der Kontinent kommt nach Ansicht vieler Politiker und Organisationen am schlechtesten mit natürlichen klimatischen Veränderungen zurecht.

Deshalb wollen afrikanische Länder während des dreitägigen Spitzentreffens ab dem heutigen Montag in der kenianischen Hauptstadt Nairobi die globale Finanzierung von Klimaschutzprojekten auf dem Kontinent in den Fokus rücken. Auch der Ausbau „erneuerbarer“¹ Energien und die Vielfalt der für die Energiewende wichtigen Bodenschätze sollen diskutiert werden.

Auch Vertreterinnen aus Deutschland

Kenias Präsident William Ruto und die Afrikanische Union richten den Gipfel aus, erwartet werden afrikanische Staatschefs sowie Vertreter der Vereinten Nationen, internationaler Regierungen, der Privatwirtschaft und von Nichtregierungsorganisationen.

Für Deutschland sind die Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Bärbel Kofler (SPD), und die Beauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, Jennifer Morgan, dabei.

„Andere Länder zum Nachziehen motivieren“

Der Gipfel sei eine Chance für den Kontinent, „wichtige Lösungen aktiv selbst voranzutreiben“, sagte Kerstin Opfer, Expertin für Energiepolitik und Zivilgesellschaft in Afrika bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Wenn afrikanische Länder zeigen können, dass der Ausbau „erneuerbarer“ Energien und gleichzeitiger wirtschaftlicher Fortschritt möglich sind, dann hätte das das Potenzial, andere Länder zum Nachziehen zu motivieren.“

Für die schon heute angeblich spürbaren Folgen des Klimawandels fordern afrikanische Staaten Schadenersatz von den Industriestaaten, die massiv zur Erderwärmung beigetragen hätten. Afrika, so das Argument, sei statistisch betrachtet für nicht einmal vier Prozent der Erderwärmung verantwortlich, zahle aber den höchsten Preis.

Nach Schätzungen der Afrikanische Entwicklungsbank kosten klimabedingte Naturkatastrophen die Länder zwischen 7 und 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Bis 2030 könnten diese Verluste auf jährlich 50 Milliarden US-Dollar ansteigen.

Pandemie und Krieg verschoben Fokus

Afrika will die Industriestaaten in Nairobi daher erneut an ihre finanziellen Verpflichtungen erinnern – etwa bei der Finanzierung von Klimaprojekten im globalen Süden. Seit 2020 haben sich Staaten verpflichtet, hierfür jährlich 100 Milliarden US-Dollar aufzubringen. Dabei sollen Emissionen eingespart und Projekte zur Anpassung an den Klimawandel finanziert werden.

Dass die Industriestaaten dieses Ziel nicht eingehalten haben, ist längst bekannt. Besonders seit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg sind Gelder in andere Bereiche geflossen.

Auch Forderungen nach Schuldenerleichterungen dürften auf dem Gipfel eine wichtige Rolle spielen. „Die Klimakrise kann nur bewältigt werden, wenn Länder des Globalen Südens von ihrer erdrückenden Schuldenlast befreit werden und haushaltspolitische Spielräume für Zukunftsinvestitionen bekommen“, sagte Klaus Schilder, Referent für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor.

„Erneuerbare“ Energien und Bodenschätze

Im Gegenzug hat Afrika der Weltgemeinschaft einiges zu bieten: Der Kontinent habe ideale Bedingungen für die Produktion von Sonnen- und Windenergie und besitzt für die Energiewende kritische Bodenschätze wie Lithium, Kupfer, Seltene Erden oder Silizium. Dazu kommt ein enormes „Naturkapital“ wie Wälder, Ackerböden, Wasser- und Meeresressourcen.

Laut einem Bericht des Think Tanks PowerShift Africa ist Afrikas Potenzial zur Herstellung „erneuerbarer“ Energien 50 Mal größer als der für das Jahr 2040 erwartete weltweite Strombedarf. Afrika habe „saubere, ‚erneuerbare‘ Energie im Überfluss“, so Direktor Mohamed Adow. „Aber um diese freizusetzen, braucht Afrika Mittel von Ländern, die durch unser Leiden reich geworden sind.“

Dass es möglich ist, das Potenzial umzusetzen, zeigt das Beispiel Kenia. Das ostafrikanische Land mit 53 Millionen Menschen hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 seine Energiewende abzuschließen. Schon heute stammen mehr als drei Viertel der kenianischen Energie aus „erneuerbaren“ Quellen. In den nächsten sieben Jahren soll dies auf 100 Prozent steigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete Kenia vor einigen Monaten als „echten Klima-Champion“.

Dabei ist zu erwähnen, dass Kenia stark von Armut gezeichnet ist. 23,5 Prozent der Menschen haben dort keine Stromversorgung (Stand: 2021). Rund 40 Prozent der Kenianer haben keinen Zugang zur Trinkwasserversorgung, was zu schlechter Hygiene und häufig auftretenden Seuchen führt.

Morgan: Bundesregierung will Zusagen einbringen

Deutschland werde während des Gipfels für eine „deutliche Beschleunigung des Ausbaus an ‚erneuerbaren‘ Energien weltweit, einen klaren Ausstiegspfad aus fossilen Energieträgern und starke Partnerschaften – zwischen Afrika und Europa und weltweit“ plädieren, sagte Staatssekretärin Morgan. Die Bundesregierung wolle demnach eine Reihe von Zusagen einbringen, unter anderem zur Schuldenumwandlung für Klimaanpassung, zur Absicherung gegen Klimarisiken und zum Waldschutz.

Der Gipfel soll mit einer „Nairobi-Erklärung“ enden, die wichtige Signale und Ziele setzen soll, auch für die bevorstehende Weltklimakonferenz ab dem 30. November in Dubai.

[1] Der Begriff „erneuerbare Energien“ hat sich zwar gesellschaftlich etabliert, nach dem Energieerhaltungssatz ist Energie aber grundsätzlich nicht erneuerbar. Sie kann nur umgewandelt werden.

(dpa/mf)



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