Afghanische Regierung und Taliban beginnen „historische“ Friedensverhandlungen

Nach fast zwei Jahrzehnten Krieg haben die afghanische Regierung und die radikalislamischen Taliban in Katar Friedensgespräche aufgenommen. US-Außenminister Mike Pompeo würdigte den Verhandlungsbeginn als "wirklich bedeutsamen" Moment für Afghanistan.
Titelbild
(L-R) Der US-Sonderbeauftragte für die Versöhnung Afghanistans Zalmay Khalilzad, US-Außenminister Mike Pompeo und Katars Außenminister Scheich Mohamad Bin Abdel Rahman Al-Thani am 12. September 2020 während der Eröffnungssitzung der Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban in der katarischen Hauptstadt Doha.Foto: KARIM JAAFAR/AFP über Getty Images
Epoch Times13. September 2020

Nach fast zwei Jahrzehnten Krieg haben die afghanische Regierung und die radikalislamischen Taliban in Katar Friedensgespräche begonnen. US-Außenminister Mike Pompeo würdigte den Beginn der mit großen Hoffnungen verbundenem Verhandlungen als „wirklich bedeutsamen“ Moment für Afghanistan. Angesichts der Forderung der Taliban nach einem islamischen „Emirat“ und ihrem Schweigen zur Forderung nach einer Waffenruhe deuteten sich aber bereits am zweiten Verhandlungstag am Sonntag mühsame und langwierige Gespräche an.

Eröffnet wurden die Verhandlungen am Samstag in einem Luxushotel in Doha von Katars Außenminister Scheich Mohammed bin Abdul Rahman al-Thani. Neben ihm saßen Pompeo und der US-Sonderbeauftragte Zalmay Khalilzad. Pompeo forderte die Konfliktparteien auf, „diese Gelegenheit zu nutzen“ und einen Friedensvertrag zu schließen. Der Chefunterhändler der afghanischen Regierung, Abdullah Abdullah, sagte, der Beginn der Gespräche werde als „Ende des Krieges“ in die Geschichte Afghanistans eingehen.

Taliban wollen ein „islamisches System“ einführen

Die von den USA unterstützten Verhandlungen sind ein Meilenstein in dem 19-jährigen Konflikt, in dem zehntausende Menschen getötet und Millionen vertrieben wurden. Mit der US-Regierung hatten die Taliban schon im Februar ein Abkommen geschlossen, das den schrittweisen Abzug der US-Streitkräfte regelt. Es gibt aber immer noch Anschläge und Angriffe auf die afghanische Armee, täglich sterben Dutzende Menschen.

„Wir müssen die Gewalt beenden und so bald wie möglich einen Waffenstillstand vereinbaren“, sagte Abdullah zum Verhandlungsauftakt. Seit dem Abkommen der Taliban mit den USA im Februar seien in Afghanistan weitere 12.000 Zivilisten getötet worden.

Die Taliban gingen zu Verhandlungsbeginn nicht auf die Forderung ein. Abdullah sagte später in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP, es sei ein möglicher Kompromiss, dass die Taliban sich als Gegenleistung für eine weitere Freilassung inhaftierter Kämpfer zu einer Feuerpause bereit erklärten.

Taliban-Chefunterhändler Mullah Abdul Ghani Baradar verlangte in seiner Eröffnungsrede die Wiedereinführung eines „islamischen Systems“ in Afghanistan. Die Taliban, die Afghanistan zwischen 1996 und 2001 bis zum Einmarsch der USA nach den Terroranschlägen vom 11. September beherrschten, wollen aus dem Land ein islamisches „Emirat“ machen.

Regierung will konstitutionelle Republik beibehalten

Die Regierung möchte hingegen den Status Quo einer konstitutionellen Republik mit festgeschriebenen Grundrechten und Freiheiten, etwa für Frauen, aufrechterhalten. Von den Taliban gab es bisher nur vage Zusagen, etwa Frauenrechte durch „islamische Werte“ schützen zu wollen. Während ihrer Herrschaft waren Frauen, die in der Öffentlichkeit ohne Burka erwischt wurden, ausgepeitscht und „Ehebrecherinnen“ in Stadien hingerichtet worden. Der Verhandlungsdelegation der afghanischen Regierung gehören vier Frauen an, der Taliban-Delegation hingegen keine einzige.

Bis zu einem Friedensschluss müssen also sehr viele Kompromisse gefunden werden. „Wir werden in den Gesprächen der kommenden Tage, Wochen und Monate zweifellos auf viele Probleme stoßen“, sagte Pompeo.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte die Verhandlungen „zweifellos schwierig“. In einer Videobotschaft sicherte er den Verhandlungspartnern Deutschlands Unterstützung bei den Gesprächen zu. Die fortgesetzte internationale Unterstützung hänge aber von der Beachtung fundamentaler Rechte und der verfassungsmäßigen Ordnung Afghanistans ab.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, nach jahrzehntelangen Konflikten sei „der Frieden zum Greifen nah“ und eine „historische Gelegenheit“, dass das Land nie wieder ein „Zufluchtsort für Terroristen“ werde.

Die Friedensgespräche waren ursprünglich bereits für März geplant gewesen. Fortgesetzte Kämpfe und Streitigkeiten über die Freilassung von Gefangenen hatten den Beginn der Verhandlungen jedoch verzögert. (afp)



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