Äthiopiens Regierung betont Kampfbereitschaft in „existenziellem Krieg“
Mit einer deutlichen Kampfansage hat die äthiopische Regierung Hoffnungen auf eine Verhandlungslösung im Konflikt mit Rebellen aus dem Norden des Landes eine Absage erteilt.
„Dies ist kein Land, das unter ausländischer Propaganda zerfällt! Wir kämpfen in einem existenziellen Krieg“, erklärte das Kommunikationsbüro der Regierung in Addis Abeba am Donnerstag im Online-Netzwerk Facebook. International wächst die Furcht vor einer Eskalation.
Mit ihrer Erklärung reagierte die äthiopische Regierung offenbar auf westliche Forderungen nach einer Waffenruhe. Seit Donnerstag hält sich der US-Sondergesandte für das Horn von Afrika, Jeffrey Feltman, zu einem zweitägigen Besuch in Äthiopien auf, bei dem er zwischen den Konfliktparteien vermitteln wollte.
Der Konflikt zwischen der Regierung des äthiopischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed und der Rebellengruppe TPLF hatte vor einem Jahr begonnen. Nach einer zunächst erfolgreichen Offensive der Regierungstruppen gegen die in der nördlichen Region Tigray regierende TPLF wendete sich das Blatt.
Im Sommer starteten die Rebellen eine Gegenoffensive, am Mittwoch standen sie nach eigenen Angaben 325 Kilometer vor Addis Abeba. Die mit der TPLF verbündete Gruppierung Oromo Befreiungsarmee (OLA) erklärte, der Fall der Hauptstadt sei nur noch eine Frage weniger Wochen.
Ein ganz anderes Bild zeichnete am Donnerstag die Regierung in Addis Abeba. Laut ihrer Darstellung war die TPLF zuletzt „eingekreist“ und stand kurz vor einer Niederlage. „Unser Volk, das erkannt hat, dass wir uns im letzten Kapitel der Rettung Äthiopiens befinden, sollte seinen heroischen Kampf fortsetzen“, hieß es weiter.
In Äthiopien gilt seit dieser Woche ein Ausnahmezustand, der es den Behörden erlaubt, Bürger im wehrfähigen Alter zum Militärdienst einzuberufen sowie gegen mutmaßliche Unterstützer der Rebellen vorzugehen.
Maas fordert sofortige Einstellung der Kampfhandlungen
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich angesichts der sich zuspitzenden Lage in Äthiopien am Donnerstag besorgt und rief die Konfliktparteien zu einer sofortigen Einstellung der Kampfhandlungen auf.
Die TPLF und ihre Verbündeten müssten ihre Offensive „unverzüglich“ stoppen, die äthiopische Regierung müsse ihre Luftangriffe beenden und „Mobilisierungsaufrufe unterlassen“, erklärte er. „Ethnisch motivierte Hassreden“ seien „Gift für die Einheit Äthiopiens“.
Gegen die kriegstreiberische Rhetorik beider Seiten hatte sich in den vergangenen Wochen auch die US-Regierung wiederholt gewandt. Am Mittwoch teilte der Facebook-Mutterkonzern Meta mit, er habe einen Beitrag von Abiy gelöscht, in dem der Friedensnobelpreisträger die Bevölkerung zur Vernichtung der TPLF aufgerufen hatte.
In einem weiteren Beitrag, der nicht gelöscht wurde, erklärte Abiy, „den Feind mit unserem Blut und unseren Knochen zu begraben und der Würde Äthiopiens Auftrieb zu geben“.
US-Botschaft riet von Reisen nach Äthiopien ab
Die US-Botschaft in Addis Abeba stellte es ihrem Personal und dessen Angehörigen am Donnerstag frei, das Land zu verlassen. Zugleich riet die Botschaft auf ihrer Website eindringlich von Reisen nach Äthiopien ab.
Es könne „ohne Vorwarnung zu zivilen Unruhen und ethnisch motivierter Gewalt kommen“. Die britische Botschaft riet ihren Bürgern in Äthiopien, eine Ausreise zu erwägen. Es sei „wahrscheinlich“, dass es in den kommenden Tagen schwieriger würde, Äthiopien zu verlassen.
Den Appellen nach einer Waffenruhe schloss sich am Donnerstag die nordostafrikanische Regionalorganisation Igad an. Auch die EU erneuerte ihre Forderung nach einer Waffenruhe und rief die Konfliktparteien zu Verhandlungen auf.
In Nordäthiopien hat der Konflikt eine schwere humanitäre Krise verursacht; mehr als 400.000 Menschen droht nach UN-Angaben Hunger. Seit Juli befindet sich die Region Tigray demnach unter einer humanitären De-facto-Blockade.
Ein Vertreter der US-Hilfsorganisation USAid warf der äthiopischen Regierung am Donnerstag die absichtliche Verhinderung von Hilfen vor. Seit Monaten habe es „praktisch keine Lieferungen von Treibstoff, Bargeld, Medikamenten oder medizinischem Zubehör“ gegeben. Hilfsorganisationen seien gezwungen, ihre Programme zu stoppen oder komplett einzustellen. (afp/dl)
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