7,7 Millionen Dollar: Einmischung von US-NGOs in ungarische Wahlen
Im April 2022 gewann Viktor Orbán die Wahlen erneut mit Zweidrittelmehrheit und bildete seine fünfte Regierung in Ungarn. Er nannte es einen „Sieg des Herzens“ – und sagte gleichzeitig, dass er während des Wahlkampfs mit einem noch nie da gewesenen Gegenwind kämpfen musste.
Der Wahlkampf von linker Seite war außergewöhnlich stark. Mehr als 7,7 Millionen Dollar flossen in die Kampagne der linken Opposition. Die Summe erhielten die Beteiligten aus unbekannten Quellen über die gemeinnützige Organisation „Action for Democracy“.
Nun möchte die ungarische Regierung klären, wer alles an der heimlichen Finanzierung des linken Wahlkampfes beteiligt war – und wandte sich dazu an die EU. Justizministerin Judit Varga schrieb dazu einen Brief an EU-Kommissarin Vera Jourová, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission. Die Frage darin lautet: Wie sind die Beziehungen zwischen der Europäischen Kommission und der NGO „Action for Democracy“?
Hat die EU mit der NGO zusammengearbeitet?
Vera Jourová, die für Werte und Transparenz zuständige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, müsste jetzt die Frage beantworten, ob die Europäische Kommission mit der „Action for Democracy“ zusammengearbeitet hat.
Nach Ansicht von Justizministerin Judit Varga handelt es sich bei den Ereignissen nicht nur um eine nationale Angelegenheit.
Bedauerlicherweise hat sich in den letzten Monaten im Vorfeld der ungarischen Wahlen 2022 herausgestellt, dass die Wahlkampagnen der Oppositionsparteien in Ungarn von der ‚Action for Democracy‘ mit erheblichen Beträgen aus dem Ausland finanziert wurden, mit dem Ziel, die Wahlen zu beeinflussen. Die bisher veröffentlichten Daten sind öffentlich zugänglich.“
Die Ministerin betonte in ihrem Schreiben, dass Jourová über verifizierte Informationen „über jegliche äußere Einflussnahme auf ihre demokratischen Wahlprozesse“ verfügen sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Korruptionsskandale. „Die Angelegenheit erfordert daher besondere Aufmerksamkeit seitens der EU-Institutionen“, schrieb sie in dem Brief, der auch auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht wurde.
Sie forderte die Europäische Kommission auf, jegliche Unterstützung durch andere Gruppen außerhalb der EU zur Beeinflussung nationaler Wahlen als Risikofaktor zu betrachten. Es solle „jeglicher Druck oder Einfluss von außen“ ausgeschlossen werden, um sicherzustellen, dass die nationale Politik in den Mitgliedstaaten wirklich vom Willen der Bürger geprägt ist.
„Brüsseler Flexibilität“ bedeutet Einigkeit gegen Orbán?
Pikant an der Situation ist, dass die ungarische Regierung in letzter Zeit von der Europäischen Kommission gerade für ihr Vorgehen in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kritisiert wird. Gegen Orbáns Regierung wurde ein Rechtsstaatlichkeitsverfahren eingeleitet und EU-Gelder zurückgehalten, um ihn zu Reformen im Namen der Demokratie zu zwingen.
Ministerin Varga könnte dies in ihrem Schreiben im Hinterkopf gehabt haben, als sie sagte, dass „die Europäische Kommission in den letzten Jahren bewiesen hat, dass sie bereit ist, ihre Befugnisse im Hinblick auf den Schutz der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit flexibel auszulegen“.
Nach Ansicht der ungarischen Regierung handelte es sich bei der Rechtsstaatlichkeitsklage gegen das Land eher um einen ideologisch motivierten, organisierten Angriff.
Nach seinem Wahlsieg nannte Viktor Orbán auch ganz konkret die Teilnehmer an der laufenden Linkskoalition gegen ihn und seine Regierung: „Wir sollten vielleicht sogar sagen, dass sich große internationale Machtzentren und Organisationen gegen uns gestellt haben. […] Die Linke zu Hause, die internationale Linke rundherum, die Bürokraten in Brüssel, das ganze Geld und die Organisationen des Soros-Imperiums, die internationalen Mainstream-Medien und schließlich sogar der ukrainische Präsident. Wir haben noch nie so viele Gegner auf einmal gehabt.“
Analysten deuteten an, dass auch die EU-Elite an einem Sturz Orbáns interessiert sei, und es wurde spekuliert, dass sie die ungarische Linke stark unterstützen würde. Piotr Wawrzyk, stellvertretender polnischer Außenminister, erklärte unverblümt, dass „das wahre Ziel Brüssels darin besteht, die ungarische Regierung zu ersetzen“.
Orbán sieht im erneuten Zwei-Drittel-Sieg im April ein klares Signal an seine Gegner. Das zeige, dass die Interessen, die von der ungarischen Regierung vertreten werden, ihre Berechtigung hätten:
Aber egal, wie viel Geld wir haben, und egal, wie sehr wir in der Unterzahl sind, wenn wir uns zusammenschließen, können wir nicht aufgehalten werden. […] Wir haben Ungarns Unabhängigkeit und Freiheit verteidigt.“
Geheimdienstbericht öffentlich gemacht
Für die Regierung Orbáns war es keine Frage, dass die Wahlkampagne der Opposition auch aus dem Ausland unterstützt wurde. Allerdings wurde das Ausmaß der Unterstützung erst in letzter Zeit deutlich.
Nach der Sitzung des ungarischen Nationalen Sicherheitskomitees Ende November letzten Jahres schrieb der Vorsitzende der Regierungspartei Fidesz, Máté Kocsis, auf seiner Facebook-Seite, dass
die Fakten des Falles schockierend sind, die Situation ist viel ernster, als man aufgrund der bisherigen Aussagen annehmen konnte.“
Der frühere Ministerpräsidentenkandidat Péter Márki-Zay selbst gab zu, dass die Bewegung, die die gesamtungarische Oppositionskampagne stark beeinflusst und unterstützt hat, Gelder aus den Vereinigten Staaten erhalten hat. Márki-Zay erklärte jedoch stets, dass die einschlägigen Gesetze eingehalten wurden und die sechs Oppositionsparteien, die in dem Bündnis kandidieren, selber nichts von dem Geld erhalten hätten.
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen hat es den Anschein, als sei die US-Organisation „Action for Democracy“ eigens gegründet worden, um den Wahlsieg Orbáns zu verhindern. Ihr Vorsitzender ist Dávid Korányi, ein ehemaliger Berater des linken Bürgermeisters von Budapest Gergely Karácsony.
Der Bericht über die Ermittlungen ist auch auf der Website des ungarischen Parlaments zu finden. Neben den zivilen nationalen Sicherheitsdiensten ermitteln auch das Nationale Steuer- und Zollamt – wegen des Verdachts auf Haushaltsbetrug – und das Nationale Ermittlungsbüro der Bereitschaftspolizei – wegen des Verdachts auf Geldwäsche und Veruntreuung. Das Dokument enthält auch konkrete Geldbeträge. Außerdem geht daraus hervor, dass die Organisation „Action for Democracy“ acht Überweisungen auf das Konto der Oppositionskoalition „Mindenki Magyarországa Mozgalom“ (Gesamtungarische Bewegung) vorgenommen hat.
Nach den bisher bekannt gewordenen Informationen hat die US-Organisation zudem mehreren ungarischen zivilen Organisationen große Summen überwiesen. Das Dokument erklärt, dass „derzeit eine analytische Bewertung durchgeführt wird, um festzustellen, wie die betreffenden ungarischen NGOs und Unternehmen die aus dem Ausland erhaltenen Mittel verwendet haben“:
Selbst auf dieser ersten Ebene der Ermittlungen gibt es klare Verbindungen zwischen dem Aktionsbündnis ‚Action for Democracy‘ und verschiedenen Akteuren in der US-Regierung und ihrer nationalen Sicherheitsbehörde.“
Oppositionsführer: Offen gegen autoritäre Führer
Sowohl der Vorsitzende der ungarischen Oppositionskoalition als auch die an dem Fall beteiligten Parteien – einschließlich der in den USA ansässigen Organisation – bestreiten, dass es zu falschen Handlungen gekommen ist.
Der Leiter von „Action for Democracy“ erklärte auf eine Frage des Oppositionsportals „Telex“: „Gegen autoritäre Führer vorzugehen und gegen die Aushöhlung der Demokratie zu kämpfen, ist keine parteipolitische Kampagne, weder nach amerikanischen noch nach ungarischen Regeln.“ Er fügte hinzu:
Wir haben nie behauptet, dass wir Orbán und andere aufstrebende gegenwärtige Diktatoren nicht mit aller Kraft bekämpfen.“
Péter Márki-Zay, der frühere gemeinsame Premierministerkandidat der ungarischen Opposition, glaubt nicht, dass es ein Problem mit ausländischer Finanzierung gebe. Márki-Zay zufolge haben sich eine Reihe von Anwälten darum bemüht, die Organisation und ihre Kampagne „rechtlich abzusichern“.
Márki-Zay wirft Orbán in einem Beitrag der linken Online-Tageszeitung „Telex“ vor, ähnlich gehandelt zu haben. Er habe ebenfalls zivilrechtliche Organisationen, das Forum der Zivilen Koalition (CÖF), als Unterstützer gehabt. Allerdings gibt es keine Beweise oder Vorwürfe in der Hinsicht, dass ausländische Organisationen das Forum der Zivilen Koalition beeinflusst haben oder entsprechende Gelder geflossen sind.
Einmischung des Auslands ist eine Straftat
Einem Experten des Analyseportals K-Monitor zufolge ist die Auslagerung des Wahlkampfs und der finanziellen Ressourcen in den zivilen Sektor ein Schlupfloch im ungarischen Wahlsystem:
„Das Problem besteht darin, dass die Gesetzgebung in Ungarn Regeln für die Finanzverwaltung politischer Parteien und Kandidaten […], die an Wahlen teilnehmen, enthält“, während eine Organisation oder Person, die nicht unter diese Kategorien fällt, „praktisch jeden Geldbetrag ausgeben kann, da es keine Regeln für die Höhe der Gelder oder deren Offenlegung gibt“, schreibt das Analyseportal „Mérce“.
In jedem Fall gibt es auch einen erheblichen Unterschied in der Gesetzgebung zwischen inländischer und ausländischer Finanzierung. Die Annahme und Verwendung von Wahlkampfgeldern aus dem Ausland ist in Ungarn an sich schon eine Straftat, da sie eindeutig unter die Kategorie der ausländischen Einmischung in inländische Wahlprozesse fällt.
So behauptet die „Action for Democracy“ selbst, dass die Spenden ausschließlich von ungarischen Bürgern stammen. Bislang wurden jedoch keine öffentlich zugänglichen Fakten gefunden, die diese Behauptung stützen.
„Die Gelder, die wir gesammelt und ausgezahlt haben, stammen von Tausenden Spendern als Ergebnis unserer umfassenden, starken und sichtbaren Spendenkampagne an der Basis. Viele Ungarn, die in der Diaspora in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt leben, sind sich bewusst, dass die Zukunft Ungarns von der Stärkung seiner demokratischen Institutionen und seiner Bindung an den Westen abhängt, und sie waren gerne bereit, die Sache zu unterstützen“, erklärt die Organisation, die von den Analysten von „Mérce“ zitiert wird.
Es ist noch nicht bekannt, wie die Europäische Kommission die Geschehnisse bewertet.
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