525.000 Unabhängigkeits-Aktivisten prostetieren in Barcelona
In Barcelona sind nach Polizeiangaben mehr als eine halbe Million Anhänger der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung auf die Straße gegangen. Etwa 525.000 Menschen protestieren am Freitag gegen die langjährigen Haftstrafen für prominente Unabhängigkeitsbefürworter, wie die Polizei der Stadt mitteilte. Die Großkundgebung war der vorläufige Höhepunkt der seit Montag anhaltenden Proteste in der Region.
Aus mehreren Städten waren die Demonstranten nach Barcelona gezogen. Demo-Züge mit jeweils tausenden Menschen, die Unabhängigkeitsfahnen schwenkten und Transparente mit sich trugen, zogen bereits am Nachmittag durch die Stadt. In der katalanischen Hauptstadt waren die Auswirkungen der Proteste fast überall spürbar.
Bereits am Dienstagmorgen waren weiterhin mehrere Straßen blockiert und Zugverbindungen unterbrochen, dutzende Flüge fielen aus. Am Vorabend hatten sich Unabhängigkeitsbefürworter heftige Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften am Flughafen geliefert, mehr als hundert Menschen wurden dabei verletzt.
Die spanische Regierung verschärfte derweil ihre Drohungen gegen die Unabhängigkeits-Aktivisten.
Die Proteste vom Montag waren durch ein Urteil des Obersten Gerichthofs Spaniens gegen neun prominente katalanische Unabhängigkeitsbefürworter ausgelöst worden. Sie erhielten Haftstrafen von bis zu 13 Jahren wegen „Aufruhrs“ und Veruntreuung öffentlicher Gelder.
Den Angeklagten wurde vorgeworfen, im Oktober 2017 ein von der spanischen Justiz als illegal eingestuftes Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben.
Nach Urteil gehen tausende Menschen auf der Straße
Nach dem Urteil waren in Katalonien tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie versammelten sich auf der Plaça de Catalunya in Barcelona und forderten die Freilassung der „politischen Gefangenen“. Aufgebrachte Unabhängigkeitsbefürworter blockierten Straßen und Gleise.
Am Nachmittag waren Demonstranten dann zum Flughafen marschiert, um ihn zu blockieren. Hunderte Protestierende bewarfen die Sicherheitskräfte dort mit Steinen und Mülleimern. Diese setzten Schlagstöcke gegen die Aktivisten ein.
Nach Angaben der Rettungskräfte wurden dabei 115 Menschen verletzt. In ganz Katalonien lag die Zahl der Verletzten demnach bei 131. Ein Demonstrant wurde nach Angaben eines Krankenhauses schwer am Auge verletzt. Es ist die Rede von vier Festnahmen.
Infolge der Blockaden und Proteste wurden nach Angaben des Airport-Betreibers 110 Flüge am Montag abgesagt. Am Dienstagvormittag fielen erneut 45 Flüge aus, wie die spanische Flughafenaufsicht mitteilte. Hunderte Passagiere waren die Nacht über in dem Flughafen gestrandet.
Zu den Protesten hatte die Gruppierung „Demokratischer Tsunami“ aufgerufen. Sie machten über den Kurzmitteilungsdienst Telegram für die Kundgebungen mobil. Wer hinter der Gruppierung steckt, war zunächst offen.
Behörden drohen mit dem „Ausfindigmachen der Hintermänner“ der Blockaden und Proteste
Dennoch richtete Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska eine scharfe Drohung in Richtung der Aktivisten. Die Behörden würden die Hintermänner „ohne Zweifel“ ausfindig machen.
Laut spanischer Regierung würde eine „Minderheit“ auf Gewalt in den Straßen der katalanischen Städte setzen, erklärte die Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez am Dienstagabend. Inzwischen komme es bei allen Protestaktionen zu Gewalt.
Gleichzeitig hieß es seitens der spanischen Regierung, dass es bei den Demonstrationen nach der Verurteilung von Anführern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung es sich nicht um eine „friedliche Bürgerbewegung“ handeln würde.
Vielmehr würden Gruppierungen Gewalt einsetzen, um das „Zusammenleben in Katalonien“ zu zerstören. Die Regierung werde mit angemessener Härte Sicherheit und Zusammenleben in der Region sicherstellen.
Spanische Außenminister verurteilte die „totalitäre Haltung“ der Unabhängigkeits-Aktivisten
Auch der designierte EU-Außenbeauftragte und derzeitige spanische Außenminister, Josep Borrell, fand deutliche Worte für die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter. Er verurteilte deren „totalitäre Haltung“.
Die Aktivisten würden Katalanen, die nicht für die Abspaltung von Madrid sind, die katalanische Zugehörigkeit absprechen, sagte Borrell. Die Unabhängigkeitsbefürworter würden jedoch nicht für die gesamte Bevölkerung der Region sprechen.
Kataloniens Regionalpräsident Quim Torra stellte sich hingegen hinter die Demonstranten. Er dankte im Kurzbotschaftendienst Twitter allen, die gegen die „Ungerechtigkeit des Urteils“ auf die Straße gingen.
Internationaler Haftbefehl gegen Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont
Der Oberste Gerichtshof hatte den früheren katalanischen Vize-Regionalpräsidenten Oriol Junqueras zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die frühere Präsidentin des katalanischen Regionalparlaments, Carme Forcadell, wurde zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Jordi Sànchez, Ex-Chef der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), und Jordi Cuixart, Leiter der Kulturvereinigung Omnium Cultural, wurden zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt. Gegen drei weitere Angeklagte wurden Geldstrafen in Höhe von 60.000 Euro verhängt.
Gegen den ins Exil geflohenen Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont wurde erneut ein internationaler Haftbefehl erlassen. (afp/nmn/sua)
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