130.000 protestieren in Valencia gegen Flut-Missmanagement – König Felipe erneut im Flutgebiet
Eineinhalb Wochen nach dem sogenannten Jahrhundert-Unwetter in der ostspanischen Region Valencia haben Zehntausende gegen die ihrer Ansicht nach nur schleppend angelaufene Hilfe protestiert.
Rund 130.000 Menschen versammelten sich am Samstagabend im Zentrum der Provinzhauptstadt Valencia, wie die Vertretung des spanischen Innenministeriums in der Region mitteilte.
Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Regionalpräsident Carlos Mazón. Auf ihrem Marsch zum Regierungsgebäude skandierten die Menschen unter anderem „Mörder, Mörder“ und „Rücktritt, Rücktritt“.
Einige trugen Plakate mit Aufschriften wie „Mazón ins Gefängnis!“ oder „Gerechtigkeit!“. Nach einer Schweigeminute für die mehr als 200 Todesopfer der Katastrophe lasen mehrere Anführer vor dem Palau de la Generalitat ein Manifest vor, in dem die Klärung der Verantwortlichkeiten für die „vermeidbaren Folgen der Katastrophe“ sowie die Absetzung der „inkompetenten valencianischen Regierung“ gefordert wurde.
Regionalpräsident Carlos Mazón soll noch nach dem Einsetzen des heftigen Regens stundenlang abwesend gewesen sein. Der 50-Jährige hatte sich spanischen Medien zufolge damit verteidigt, dass er in einem Restaurant in Valencia ein „Arbeitsessen“ mit einem Journalisten gehabt habe.
Einige Menschen in den betroffenen Gebieten berichteten, dass die Warnnachrichten erst auf ihren Handys eingegangen seien, als das Hochwasser bereits zahlreiche Autos mit sich gerissen hatte. Die Notfallbeauftragte der Region, Salomé Pradas, hatte am Donnerstag zugegeben, dass sie das Alarmsystem nicht gekannt habe – zog ihre Äußerung aber später zurück.
Kritik am Regierungschef
Auch Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez wurde von den Protestteilnehmern kritisiert. PP-Sprecher Miguel Tellado warf Sánchez vor, die Unterstützung für die Region Valencia aus politischem Kalkül absichtlich verschleppt zu haben.
Die 30-jährige Demonstrantin Ana de la Rosa kritisierte „politischen Krieg, als nicht der Moment dafür war, weil die Bürger Hilfe brauchten und diese nicht bekamen“. Damit hätten sich die Behörden der „fahrlässigen Tötung“ schuldig gemacht.
Der 73-jährige Julián García warf Mazóns Regionalregierung vor, von der Zentralregierung in Madrid nicht die Unterstützung erbeten zu haben, die nach der Katastrophe nötig gewesen sei. Der Regionalpräsident müsse daher zurücktreten. Auch auf einem Transparent an der Spitze des Protestzugs sowie auf vielen selbst gebastelten Plakaten standen Rücktrittsforderungen an Mazón zu lesen. In der spanischen Hauptstadt Madrid, die nicht zur Region Valencia gehört, forderten hunderte Demonstrierende ebenfalls Mazóns Amtsverzicht.
„Nur das Volk rettet das Volk“
Der Zentralregierung in Madrid warfen die Demonstrierenden in Valencia vor, dass bis zum Eintreffen ihrer Hilfe in den Hochwassergebieten zu viel Zeit vergangen sei. So hätten vielerorts die Menschen selbst die Sache in die Hand genommen.
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— (((Bharat )))®🕉🚩🔱 🇮🇳 🇮🇱🇷🇺🇺🇸🎗 (@Topi1465795) November 7, 2024
Zahlreiche Menschen aus nicht oder weniger stark betroffenen Orten machten sich auf eigene Faust auf den Weg in die Katastrophengebiete, um Lebensmittel zu bringen und bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Daran erinnerten die Demonstranten am Samstag, indem sie die derzeit immer wieder zu hörende Zeile „Nur das Volk rettet das Volk“ sangen.
Der König will das Katastrophengebiet wieder besuchen
Ungeachtet des anhaltenden Unmuts will der spanische König Felipe VI. nach den Ausschreitungen bei seinem ersten Besuch in Valencia das Katastrophengebiet am Dienstag erneut aufsuchen. Seine Frau, Königin Letizia, begleitet ihn diesmal nicht, wie das Königshaus mitteilte. Am vergangenen Sonntag waren die beiden in Paiporta nahe der Metropole Valencia mit Schlamm beworfen und beschimpft worden.
Der 56-jährige Monarch wolle die weiter auf Hochtouren laufenden Bergungs- und Aufräumarbeiten beaufsichtigen, ließ die „Casa Real“ in Madrid wissen.
In den rund 80 betroffenen Gemeinden werden unter anderem rund 8.500 Militärangehörige sowie 10.000 Beamte der nationalen Polizeieinheiten Policía Nacional und Guardia Civil eingesetzt. Dort sind zahlreiche Gebäude weiterhin nicht oder nur schwer zugänglich, da die Eingänge zum Teil nach wie vor von Autowracks und Hausrat blockiert sind.
Zahl der Vermissten geht langsam zurück
Die starken Niederschläge, Erdrutsche und Überschwemmungen vor eineinhalb Wochen forderten nach der jüngsten amtlichen Bilanz mindestens 222 Menschenleben. 214 Leichen wurden demnach allein in Valencia geborgen. Acht Todesopfer gab es in den benachbarten Regionen Kastilien-La Mancha und Andalusien.
Die offizielle Zahl der Vermissten wurde derweil in Valencia von 50 auf 41 reduziert. Man müsse berücksichtigen, dass 19 Leichen noch nicht identifiziert worden seien, hieß es.
„Fluch der Karibik“-Star spricht Opfern Mut zu
Hollywoodstar Johnny Depp stellt unterdessen Unterstützung in Aussicht. Er wolle schauen, inwieweit er helfen können werde, „in welcher Form auch immer“, sagte der 61-jährige „Fluch der Karibik“-Star am Rande des Europäischen Filmfestivals in Sevilla.
Depp sprach den Flutopfern Mut zu und sagte, sein Herz sei „bei den betroffenen Menschen“. Außerdem hob er „die Widerstandsfähigkeit des spanischen Volkes bei Ereignissen wie diesem“ hervor.
Am 29. Oktober hatte es in einigen Ortschaften innerhalb weniger Stunden so viel Regen gegeben wie sonst in einem Jahr. Inzwischen scheint im Flutgebiet seit Tagen vorwiegend wieder die Sonne. (dpa/red)
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