„100-Tage-Operation“ vor Parteitag: Peking verhaftet 1,43 Millionen Menschen
Angesichts des geplanten 20. Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas (KPC-Parteitag) ab dem 16. Oktober, hat Peking verschärfte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Das Regime hat eine „100-Tage-Operation“ ins Leben gerufen, die am 25. Juni begann.
Auf einer Pressekonferenz am 27. September pries das Ministerium für öffentliche Sicherheit den „Erfolg“ der Kampagne an: Bis heute wurden im Rahmen der Operation mehr als 640.000 angebliche „Kriminalfälle“ aufgeklärt und mehr als 1,43 Millionen Menschen verhaftet.
Viele der sogenannten Verdächtigen sind jedoch ganz normale chinesische Bürger, wie Dissidenten, Aktivisten, Petitionäre, Christen und Falun-Gong-Anhänger.
Feinde des Volkes
Das Regime behauptet, die Operation sei die „harte Faust“, die nötig sei, um gefährdete Gruppen wie Frauen, Minderjährige, ältere Menschen und Behinderte zu schützen.
Die chinesischsprachige Ausgabe der Epoch Times erfuhr, dass die Polizei viele Nicht-Kriminelle ins Visier nahm. Darunter auch Menschen, die es wagten, ihre Stimme zu erheben und die Interessen von Bürgern in Not zu verteidigen.
So wird beispielsweise der Rechtsanwalt Chen Jiahong seit dem 24. September vermisst, nachdem die Polizei sein Haus in der südchinesischen Provinz Guangxi aufgesucht hatte.
Chen war zuvor wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ inhaftiert worden, weil er sich für die Opfer des „709 Crackdowns“, einer Massenverhaftung von Bürgerrechtsanwälten und -aktivisten im Jahr 2015, eingesetzt hatte.
Xiang Jinfeng, ein Bürgerrechtsaktivist aus der Provinz Fujian an der Südostküste Chinas, wurde am 1. September von der örtlichen Polizei in Longyan City festgenommen. Grund für die Verhaftung ist nicht bekannt. Die Behörden teilten der Familie lediglich mit, dass seine Inhaftierung einen Monat dauern würde, so Xiangs Bruder gegenüber der Epoch Times.
Gesellschaftlicher Risikofaktor der KPC: Petitionäre
Das Einreichen von Petitionen bei der Regierung in Peking ist für viele Chinesen, die glauben, dass ihre Stimme von den Behörden gehört werden muss, zur Routine geworden. Doch auch sie sind zur Zielscheibe der jüngsten Aktion geworden.
Hu Jianguo, ein Aktivist aus Shanghai, sagte: „Indem wir unsere Rechte verteidigen, kämpfen wir für Demokratie und Freiheit, die unsere größte Hoffnung im Leben sind.“
Er erzählte der Epoch Times am 28. September, dass die Polizei seit zwei Wochen in seiner Garage steht und ihn Tag und Nacht beobachtet, nur um ihn daran zu hindern, nach Peking zu fahren, um eine Petition an die Regierung zu richten.
Hu zufolge stehen auch einige der anderen Petitionäre aus Shanghai, wie Yang Yonglan, Gu Guoping, Peng Miaolin und ihre Tochter Peng Jun, unter 24-stündiger polizeilicher Überwachung.
Hu sagte: „Ich habe diesen Kommunisten gesagt, dass sie alle Veruntreuer und Diebe sind, die Geld im Ausland aufbewahren und das Volk schikanieren. Daraufhin schickten sie noch mehr Leute [zu mir nach Hause]. Sogar ein Lieferwagen wurde vor der Tür geparkt, um uns zu beobachten“.
Seit 2005 liegt die jährliche Zahl der Petitionen in China bei bis zu 10 Millionen, wie aus einem 2013 erschienenen Buch mit dem Titel „Petitions, Democracy, and the Rule of Law: China Topics“, das von der City University of HK Press herausgegeben wurde, hervorgeht.
Null-COVID vs. Null-Petitionäre
Allein im Jahr 2021 gab es mehr als 3,8 Millionen Beschwerden, die speziell an die staatlichen Antikorruptionsbehörden, die Zentrale Kommission für Disziplinaraufsicht und die Nationale Aufsichtskommission der KP Chinas, gerichtet waren.
Das Regime behauptete, dass korrupte Beamte an der Basis die Hauptursache für die Massenvorfälle seien.
Um gegen die Korruption vorzugehen, initiierten lokale Beamte die „Null-Petitionäre“-Kampagne.
So hat beispielsweise die Provinz Shanxi die Initiative „Null Petitionäre“ im Jahr 2020 als eine der Hauptaufgaben des Ständigen Ausschusses der KPC in der Provinz angenommen.
In diesem Jahr förderte auch das Bildungsbüro von Jiyuan in der Provinz Henan die Null-Petitionen-Initiative, um die ordnungsgemäße Umsetzung der Null-COVID-Politik sicherzustellen.
Wu Shaoping, ein Menschenrechtsanwalt in den Vereinigten Staaten, sagte, die strengen Kontrollen der KPC versetzten die gesamte Gesellschaft in einen Zustand der Spannung und Angst. Die Pandemie sei nur ein Vorwand, um die Menschen zu kontrollieren.
Er glaubt, dass sich die KPC voll und ganz bewusst ist, dass „der Ärger und die Proteste der Menschen zum Zusammenbruch des Regimes führen können“, sagte er.
In einem Interview mit der Voice of America aus dem Jahr 2009 sagte der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong, dass viele Petitionäre durch jahrzehntelanges Petitionieren endlich „aufgeklärt“ wurden.
Er erklärte: „Sie haben erkannt, dass nicht nur die Beamten an der Basis korrupt sind, sondern dass es immer dunkler wird, je weiter sie ihre Petitionen vorantreiben.“
Jiang, ebenfalls ein Opfer der Razzia 709, steht unter Hausarrest und wird rund um die Uhr von der Polizei überwacht, seit er 2019 nach zwei Jahren Haft entlassen wurde.
Haizhong Ning und Chang Chun haben zu diesem Bericht beigetragen.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Beijing Arrested 1.43 Million People in a 100-Day Security Campaign Ahead of National Meeting (deutsche Bearbeitung jw)
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