Annalena Baerbock im FAZ-Publikumsdialog: „Reisen bildet“
Vor wenigen Tagen war Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einer Einladung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) zu einem Bürgerdialog gefolgt. Die Moderation übernahm FAZ-Außenpolitikchef Nikolas Busse.
Kritischen Fragen etwa über ihre Rolle bei der Visa-Vergabe für Afghanen musste sich Baerbock kaum stellen: Die meisten der gut 160 Gäste lauschten den minutenlangen Monologen der Hannoveranerin andächtig. Die Publikumsstimmen am Mikrofon betonten immer wieder, dass es den Menschen in Deutschland „immer noch verhältnismäßig gut“ gehe, besonders wegen der hierzulande herrschenden Freiheit und Meinungsfreiheit.
Beides räumte auch jener Fragesteller ein, der sich mehr Klarheit bei den Themen Suizidhilfe, Wahlrechtsreform und vor allem beim Heizungsgesetz wünschte: „Können Sie’s uns vielleicht besser erklären, uns Deutschen, dass wir wieder wissen, was gilt?
Stromproblem abgehakt
Baerbock beschrieb sichtlich erheitert ihr Dilemma: Einerseits würden die Bürger verlangen, mehr zu diskutieren und dass „nicht alle Parteien nur eine Meinung“ haben sollten, andererseits höre sie, es gebe „auch ein bisschen zuviel der Diskussion“.
In Sachen Gebäudeenergiegesetz (GEG) appellierte sie an Familienunternehmer, Verbände, Unternehmen, Bürger und Familien, mehr Verständnis zu zeigen, um das „bei der Wärme zu erreichen, was wir beim Strom schon geschafft haben, nämlich auf Erneuerbare umzustellen“. Augenblicklich finde „unter Hochdruck […] sozusagen eine Operation am offenen Herzen live vor Kamera“ statt (Video auf YouTube).
Es habe „Teile der Gesellschaft“ gegeben, die „gar keine Lust auf Sachdiskussionen“ gehabt hätten, tadelte Baerbock, sondern „die im Zweifel genau das Gegenteil erreichen wollten“. Für sie aber stehe fest, das gerade Deutschland als wirtschaftlich starkes Industrieland in der Wärmepolitik „vorne mit dabei sein“ müsse. Es sei für sie „essenziell, dass wir gerade auch im Bereich der grünen Transformation schnell sind, natürlich gründlich sind, dass die Menschen das umsetzen können“. Man dürfe aber „nicht sagen, da warten wir mal drauf, was andere machen“.
Integrations- und Sprachkurse „total wichtig“
Gleich zu Beginn wollte ein anderer Besucher wissen, warum sich die Baerbocksche Außenpolitik einerseits in einer Art „Neokolonialismus“ bemühe, fremden Kulturen im Ausland Menschen- und Frauenrechte nahe zu bringen, während andererseits massenhaft Leute nach Deutschland hereingelassen würden, von denen keinerlei Nachweis über entsprechende Wertebekenntnisse verlangt würden. Der Fragesteller verwies darauf, dass er auch in Deutschland bald „französische Verhältnisse“ befürchte.
Baerbock entgegnete nach einem Bekenntnis zum Weltfrieden im Sinne der UN-Charta, dass sie den deutschen Ansatz für „total wichtig“ halte, eingereisten Menschen „Integrations- und Sprachkurse“ anzubieten, bei denen auch Dinge wie Mülltrennung vermittelt würden. Bedauerlicherweise seien nach 2019 Mittel dafür gekürzt worden.
Dann der Perspektivwechsel: „Wenn man im Libanon ist und feststellt, dass ein Drittel der Menschen dort Geflüchtete ist, dann stellen sich manche Fragen für uns dann auch wieder ein bisschen anders“, sagte Baerbock. Aber genau das sei für sie „das Schöne“ an ihrem „Job“: „Reisen bildet“.
„Klimawandel“ als „größte Sicherheitssorge“
Etwa die Hälfte der anderen Außenministerinnen und Außenminister würden im Übrigen vom „Klimawandel“ als ihrer „größten Sicherheitssorge“ sprechen, erzählte Baerbock, denn dieser vertreibe Menschen und entziehe den Ländern ihre „Lebensgrundlage“. Schon gleich zu Beginn der Veranstaltung hatte sie die „Klimakrise“ ebenfalls als „die größte Sicherheitsgefahr unserer Zeit“ beschrieben: Man müsse sich fragen, wie man in Städten, in denen es „keinen Schatten“ gebe, mittels „Klimaanpassungsmaßnahmen“ „widerstandsfähig“ bleiben könne.
Baerbock erklärte auch ihr eigenes Verständnis als Botschafterin Deutschlands im Ausland: „Ich fahre nicht woanders hin, um zu sagen, wie wir das eigentlich mit der Welt halten, sondern um zu hören, wie man die Welt, insbesondere die Welt jetzt im 21. Jahrhundert sieht“.
„Feministische Außenpolitik“: Von der Mongolei lernen
Außenpolitik sei für sie auch „Welt-Innenpolitik“. Sie fände es „spannend“, wie die „universellen Menschenrechte“ andernorts umgesetzt würden. Deutschland könne zum Beispiel von der Mongolei viel über „feministische Außenpolitik“ lernen, denn dieses Land habe ein „paritätisches Wahlgesetz“ eingeführt. Ähnliches gelte auch für Ruanda.
Ein Teil ihrer „feministischen Außenpolitik“ drehe sich um das „Recht, über seinen eigenen Körper zu entscheiden“: Besonders in „vielen, vielen Ländern in Afrika“ spiele das Thema Abtreibung eine große Rolle. Später angesprochen auf das geplante Selbstbestimmungsgesetz, betonte Baerbock, dass „wir“ nicht „Menschen vorzuschreiben“ hätten, „was sie in ihrem Kopf über ihren eigenen Körper zu denken oder zu fühlen haben, sondern dass sie das selber für sich frei entscheiden können“. Über ihre eigene Forderung Mitte Februar 2022, eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland einzuführen, sagte sie nichts.
Manchmal sitze sie in ausländischen Konferenzzimmern ausschließlich Männern gegenüber. Wenn Sie dann das Kompliment erhalte, dass sie „im Raum für die Schönheit“ gesorgt habe, sei ihre Antwort meist: „Ja, zum Glück auch für ein bisschen Intelligenz“. Das sage sie aber nur bei Menschen, die sie kennen und ihren Humor verstehen würden.
Dankbar, „in einem Land zu leben, wo wir frei sind“
Sie sei persönlich dankbar, „in einem Land zu leben, wo wir frei sind“ und wo man sich, „egal, welches Einkommen man hat, jedenfalls nicht die Sorgen machen muss, dass man abends nichts zu essen“ habe. Deutschland sei ein Land, in dem die Inflation nicht bei 30 Prozent liege wie etwa in Moldau. Es gebe auch keine 15-fach erhöhten Lebensmittelpreise. Ohne ein eigenes Gesetz zu erlassen, hätten es die Menschen im Winter 2022/23 geschafft, 20 Prozent Energie einzusparen.
„Das Erklären“ könne die Regierung aber durchaus besser machen, räumte Baerbock ein. Denn im letzten Jahr sei „das Erklärende etwas hinten runter gerutscht“. Das liege an der „schnellen, digitalisierten Welt“. Dabei könne das „Entschleunigende“ der Welt gut tun.
Fremdes Leid „in Demut“ reflektieren
Angesprochen auf Osteuropa, landete Baerbock schnell bei den noch immer im Raum stehenden Reparationsforderungen in Milliardenhöhe aus Polen. Ihr sei nach einem Gespräch mit einer greisen Zeitzeugin am Warschauer Ghetto klar geworden, dass in Deutschland zwar viel über das Ghetto und den Aufstand gesprochen werde, aber „nicht stark genug“ über „das Leid der Polen“.
Auch nach mehr als 70 Jahren klaffe diese Wunde noch immer, und das müssten „gerade wir als Bundesrepublik immer wieder reflektieren“ – und zwar „in Demut“. „Das Kapitel ist halt immer noch nicht abgeschlossen und es wird niemals abgeschlossen sein“, ist sich die Außenministerin sicher. Verbrechen würden „über Generationen vererbt“.
Eine Karriere mit Pannen
Der Ex-Kanzlerkandidatin 2021 weht seit ihrem Amtsantritt als Außenministerin viel Kritik entgegen – nicht nur wegen ihrer häufigen sprachlichen Aussetzer, sondern auch wegen ihres fehlerhaften Lebenslaufes, ihrer undurchsichtigen akademischen Karriere, ihrem in Teilen abgeschriebenen Buch („Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“) und auch wegen ihres Auftretens auf dem diplomatischen Parkett.
„Es tut mir leid, aber Ihre Außenministerin ist zu jung“, meinte etwa Benin-Prinz Okpame-Edward Oronsaye nach Informationen der „Bild“ im Mai 2023: „Sie hat keine Erfahrung, und manchmal merkt man das, wenn sie spricht.“ Vorausgegangen war eine Antikolonialismus-Aktion, bei der Baerbock afrikanische Bronzeskulpturen in ihr Ursprungsland zurückführen ließ. Heute ist unklar, wo die Kunstwerke abgeblieben sind.
Wie der „Focus“ berichtete, hielt es die indische Regierung Anfang März 2023 nicht einmal mehr für nötig, der deutschen Außenministerin die übliche Ehre des diplomatischen Protokolls zu erweisen, als sie in Neu Delhi zu Gesprächen landete: Baerbock musste sich den Botschafter auf dem Rollfeld suchen.
Kritische Äußerungen Baerbocks während einer UN-Konferenz hatten im August 2022 dazu geführt, dass China die deutsche Botschafterin in Peking einbestellt hatte. Zuvor hatten Baerbock und Innenministerin Nancy Faeser es abgelehnt, die Olympischen Winterspielen in Peking 2021 zu besuchen.
Deutsche Wähler egal, Hauptsache gegen Russland
Viele deutschen Bürger dürfte vor allem die Wähler-Geringschätzung verärgert haben, mit der Baerbock im Spätsommer 2022 ihren starken Anti-Russland-Kurs untermauert hatte: Bei einer Podiumsdiskussion in Prag hatte die Außenministerin auf Englisch erklärt, dass sie die Ukraine so lange wie nötig unterstützen werde – „no matter what my German voters think“, also ganz gleich, was ihre deutschen Wähler darüber denken.
Weltpolitisch noch brisanter dürfte allerdings ihre Einlassung nach ihrer Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg am 24. Januar 2023 gewesen sein. Baerbock erklärte damals auf die Frage eines britischen Gesandten, wann Deutschland sich endlich zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine durchringen könne, unter anderem: „We are fighting a war against Russia and not against each other“ („Wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“, Video auf YouTube).
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