SPD in TV-Politformaten überrepräsentiert – dennoch kaum positiver Effekt bei den Wählern
Wie ausgewogen berichten die beiden großen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, wenn es um Parteien geht? Bringt mehr Zeit auf der Mattscheibe auch mehr Sympathien?
Eine aktuelle Auswertung der beiden Politmagazine „Bericht aus Berlin“ in der ARD und „Berlin direkt“ im ZDF durch das Zürcher Forschungsinstitut Media Tenor hat ergeben, dass die SPD in den vergangenen rund sieben Wochen deutlich überrepräsentiert war, wenn man ihre Umfragewerte zur Sonntagsfrage („Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde?“) als Maßstab für die angemessene Anzahl der Beiträge anlegt.
SPD: 16 Prozent in Umfragen – rund 40 Prozent an Beiträgen
Während die SPD nach Daten des Wahlumfrageportals „DAWUM“ zwischen Anfang November und Mitte Dezember 2024 schwankende Werte um die 16 Prozent-Marke erreichte, fand die Partei im selben Zeitraum deutlich mehr als doppelt so häufig in den beiden Politmagazinen Beachtung: Laut Media Tenor ging es beim ARD-Format „Bericht aus Berlin“ in 41,3 Prozent der Parteiberichte um die SPD oder Olaf Scholz. Bei „Berlin direkt“ im ZDF drehten sich sogar 38,7 Prozent der parteibezogenen Beiträge um die SPD.
Media Tenor kritisiert SPD-Lastigkeit
Die Diskrepanz zwischen den aktuellen SPD-Zustimmungswerten und der Anzahl der Beiträge über die SPD erzeugte bei Media-Tenor-Geschäftsführer Roland Schatz Stirnrunzeln.
Seiner Ansicht nach würden „Scholz und die SPD in einer Weise gepuscht, die Fragen erlaubt, welche journalistischen Standards bei den öffentlich-rechtlichen Sendern insbesondere in der Wahlkampfberichterstattung gelten“, wie Schatz an die Epoch Times schrieb. Er fragt sich außerdem, „welche Rolle die Aufsichtsgremien bei beiden Sendern überhaupt wahrzunehmen gedenken“.
Schatz geht Stand 20. Dezember dennoch davon aus, dass die SPD im laufenden Jahr gegenüber der Union voraussichtlich keinen Boden mehr wird gutmachen können – „trotz allem medialen Support insbesondere bei ARD und ZDF“, wie sich Schatz ausdrückte.
Union und AfD bei Politmagazinen unterrepräsentiert
Wie der Vergleich seiner Media-Tenor-Analyse (PDF) mit den „DAWUM“-Umfragedaten bestätigt, scheint die zeitliche TV-Präsenz allein insgesamt nur einen mäßigen Effekt auf die Entscheidung der Wähler zu haben. Bezüglich der Union und der AfD scheint sich sogar ein beinahe gegenteiliger Effekt zu zeigen. Denn beide Parteien führen seit Monaten die Umfragen an, obwohl sich das nicht im Anteil der jeweiligen Beiträge in den beiden großen ARD- und ZDF-Politformaten widerspiegelt.
So stand die Union aus CDU und CSU im Zeitraum zwischen dem 1. November und dem 17. Dezember zwischen 30,0 (Forsa, Stand 17. Dezember) und 37,0 (Allensbach, 22. November) Prozent in der Wählergunst. Der Anteil der unions-fokussierten Beiträge in „Bericht aus Berlin“ (ARD) hatte in derselben Zeitspanne allerdings nur 22,3 Prozent ausgemacht. Im „Berlin direkt“ (ZDF) waren es sogar nur 26,1 Prozent.
Der AfD gestanden beide Sendeanstalten offensichtlich ebenfalls weniger Aufmerksamkeit zu, als der Partei gemäß Wahlumfragen entsprechen würde. Beitragsanteile von 12,8 Prozent (ARD) beziehungsweise 10,9 Prozent (ZDF) reichen nicht an die tatsächliche Popularität der mittlerweile zweitstärksten deutschen Partei heran: Sie rangierte in den vergangenen sechs Wochen stets zwischen 16,0 Prozent (Forsa, 5. November) und 20,5 Prozent (Institut Wahlkreisprognose, 5. Dezember).
FDP-Berichte überproportional vertreten, Grüne nur beim ZDF fast „passgenau“
Im Vergleich zur Wählerzustimmung mehr als dreifach überrepräsentiert war im ARD-„Bericht aus Berlin“ dagegen die FDP. Dort bekleidete sie in den vergangenen sieben Wochen einen Beitragsanteil von 16,9 Prozent.
Im ZDF-Magazin „Berlin direkt“ war die FDP mit 10,0 der parteipolitischen Beiträge ebenfalls überproportional vertreten, wenn auch nicht so deutlich wie beim Konkurrenzsender. Der relativ breite Raum für Christian Lindners Partei mag damit zusammenhängen, dass die FDP beim Bruch der Ampelregierung am 6. November eine tragende Rolle gespielt hatte.
Ob ihre Überrepräsentation der seit Monaten schwächelnden FDP bis zum Wahltag am 23. Februar etwas bringen wird, erscheint ähnlich wie bei der SPD fraglich: In Umfragen nähert sich der Ex-Ampelkoalitionspartner nur ganz allmählich der Fünf-Prozent-Hürde – und zwar von unten. Media Tenor-Chef Roland Schatz erwartet dennoch, „dass die FDP noch vor Jahreswende die fünf Prozent bei allen unparteiischen Umfrage-Instituten erreichen wird“.
Gemessen an den Wahlpräferenzen des Publikums, bekamen die Grünen in den vergangenen sieben Wochen speziell im „Bericht aus Berlin“ (ARD) übrigens erstaunlich wenig Sendezeit: Lediglich 6,6 Prozent Beitragsanteil waren drin. Für Robert Habeck und Co. ausgesprochen hatten sich im selben Zeitraum allerdings zwischen 10,0 (INSA, 2. November) und 14,0 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen, 6. Dezember) der Wahlberechtigten.
Das ZDF-Magazin „Berlin direkt“ widmete den Grünen mit 11,3 Prozent Berichtsanteil in etwa jenen Zeitanteil, der auch ihrer prozentualen Wählerschaft entspricht.
BSW aus Sicht der Sender inzwischen uninteressant?
Gänzlich unter den Tisch gefallen war bei beiden großen Politikformaten von ARD und ZDF seit dem 1. November das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die junge Partei befindet sich in der Wählergunst seit Ende Oktober allerdings auch im Sinkflug. Beispiel Forsa: Von 7,0 Prozent Wählerpräferenz am 29. Oktober stürzte sie bis zum 17. Dezember beim gleichen Umfrageinstitut auf nur noch 4,0 Prozent ab.
Die Linke kann zwar nur noch auf eine Stammklientel von circa drei bis vier Prozent bauen, fand aber lediglich im ZDF-Format „Berlin direkt“ statt, und zwar mit einem „passenden“ Beitragsanteil von drei Prozent.
Wahlkampf: Große Medien bewerten Union noch am positivsten
Dass die Ex-Kanzlerpartei SPD und die FDP trotz ihrer jeweils starken Präsenz im „Bericht aus Berlin“ und in „Berlin direkt“ bis heute bei den Wählern nicht so recht durchstarten können, könnte nach den Daten einer weiteren Media-Tenor-Analyse an einem anderen Parameter liegen – nämlich an der Bewertung durch die jeweilige Redaktion. Das legt der sogenannte „BILD, BamS und TV Indikator“ (PDF) von Media Tenor nahe.
Wie die Analysegrafik über die Bewertung der Parteien in tausenden Berichten zeigt, erhalten derzeit sämtliche Parteien von den Sendern und Zeitungsverlagen im Schnitt mittlerweile negative Noten. Sogar die Union, die in Publikumsbefragungen bei konstant über 30 Prozent mit Abstand vorn liegt. Insgesamt aber schneiden CDU und CSU auch bei „Bild“, „BamS“, im Deutschlandfunk, in den Fernsehnachrichten einschließlich der ARD- und ZDF-Politikmagazine noch am besten ab.
Die Medienurteilskurve für die FDP zeigt neuerdings zwar wieder besonders steil nach oben, erreicht allerdings bisher nicht das ebenfalls seit Ende November kletternde Bewertungsniveau der AfD. Die Noten für die Grünen in den genannten Medien liegen noch etwas hinter der FDP. Erst danach folgen die Sozialdemokraten und die Linke.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion