Null Prozent Zustimmung für Ampelneuauflage

Ob die Ampelkoalition noch in der Lage sein wird, sich auf einen Haushalt für 2025 zu einigen, muss sich in den nächsten Wochen entscheiden. Eine Neuauflage des Bündnisses wünschen sich mittlerweile null Prozent der Wahlberechtigten. Doch auch das Vertrauen in die Union ist begrenzt.
Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, setzt in der Migrationspolitik stark auf die nächste gemeinsame Runde von Bundesregierung, Union und Ländern.
Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, setzt in der Migrationspolitik stark auf die nächste gemeinsame Runde von Bundesregierung, Union und Ländern.Foto: Christian Charisius/dpa
Von 7. September 2024

Die Absage des für Mittwoch, 11. September, angesetzten Koalitionsausschusses facht neue Spekulationen über ein vorzeitiges Ende der Ampelkoalition an. Am 22. September findet die letzte Landtagswahl des Jahres in Brandenburg statt – und es scheint, als würde sich insbesondere die FDP auf einen Koalitionsausstieg vorbereiten.

Zu verlieren hat sie nicht mehr allzu viel. In Thüringen stürzte sie bei der Landtagswahl auf 1,1 und in Sachsen sogar auf 0,9 Prozent ab. In Brandenburg befindet sie sich ebenfalls unter den „sonstigen Parteien“, auf Bundesebene sehen sie mittlerweile mehrere Umfrageinstitute stabil unter der Fünf-Prozent-Hürde. Dem ZDF-„Politbarometer“ zufolge gaben null Prozent der Befragten eine Neuauflage der Ampelkoalition als Wunschkonstellation nach der nächsten Bundestagswahl an.

Positionspapier der FDP zur Migration enthält für Grüne unannehmbare Elemente

Fraktionschef Christian Dürr weist Spekulationen dieser Art von sich. Es sei „keine Option“ für die FDP, „nach einem bitteren Wahlabend hinzuwerfen und sich aus der Verantwortung zu stehlen“, erklärte er vor wenigen Tagen gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Auch in der Fraktion ist die Stimmung angespannt. Einerseits sieht man, dass der Verbleib in der Ampel zu Wahlschlappen führt, andererseits wäre man im Fall eines Platzens der Koalition möglicherweise erst recht der Buhmann. In beiden Fällen würden sich zahlreiche derzeitige Abgeordnete von ihrem Mandat verabschieden müssen.

Dass die Fraktion jetzt ein Positionspapier zur Migrationspolitik veröffentlicht hat, mit dem sie sich unter die Hardliner einer restriktiven Zuwanderungspolitik einreiht, könnte Teil des Versuchs sein, sich alle Optionen offenzuhalten.

Die FDP fordert nun unter anderem, Asylsuchende unter Berufung auf die Dublin-Regeln der EU bereits an der Grenze zurückzuweisen. Gleiches fordert auch die Union, diese will sich in diesem Zusammenhang auf den Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union berufen und einen „nationalen Notstand“ geltend machen.

Auch Ministerin Faeser will Ruanda-Modell prüfen

Die Grünen winken bereits jetzt ab. Sie sehen in dem Vorhaben eine Verletzung der Rückführungsrichtlinie der EU, wonach die Zuständigkeit für die Durchführung eines Asylverfahrens in einem eigenen Verfahren geklärt werden müsse. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei hier eindeutig. Deutschland würde sich mit einem Alleingang demnach eine blutige Nase holen.

Außerdem regt die FDP an, den Übergang vom Asylbewerberleistungsbezug in den Bürgergeldbezug deutlich länger zu gestalten und die Höhe der Leistungen zu kürzen. Auch hier gibt es grünen Widerstand – man sieht dafür mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum wenig Spielraum. Notfalls wollen die Liberalen eine Grundgesetzänderung auf den Weg bringen.

Ein weiterer Vorschlag der FDP ist die Einrichtung eines Pilotprojekts zur Durchführung von Asylverfahren in Drittstaaten. Vorbild ist das Ruanda-Modell Großbritanniens, das allerdings von der neu ins Amt gekommenen Labour-Regierung wieder infrage gestellt wird. Eine Prüfung des Modells hat auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Aussicht gestellt.

Nach Berechnungen des National Audit Office, des britischen Rechnungshofs, belaufen sich die Kosten pro Abschiebung in den ostafrikanischen Staat jedoch auf bis zu zwei Millionen Euro. Demgegenüber betragen die Kosten pro Schutzsuchenden, der in Deutschland auf Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes versorgt wird, auf 12.000 Euro.

FDP beharrt auf „verfassungskonformem Haushalt“ ohne „links-grüne Notlagenkonstruktionen“

Sollte die Landtagswahl in Brandenburg ähnlich desaströs für die Ampelparteien enden wie jene in Sachsen und Thüringen, könnte die FDP ihre neue Härte in der Migrationspolitik zum Aufhänger für ein Koalitions-Aus machen.

Sie hätte dann immerhin noch das Argument für sich, dass dieses Thema die Bevölkerung mehrheitlich stark umtreibe – Lösungen in der derzeitigen Regierungskonstellation jedoch nicht erreichbaren wären.

Die Asylproblematik ist jedoch nicht der einzige Streitpunkt in der Ampel. Die FDP will vor allem beim Bürgergeld Verschlechterungen und Verschärfungen zu Ungunsten der Beziehenden durchsetzen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist den Liberalen erst jüngst mit einer Nullrunde für 2025 und schärferen Kontrollen entgegengekommen. Ob dies der FDP ausreicht, ist ungewiss.

Am Dienstag beginnen die Haushaltsberatungen. Der Entwurf dazu umfasst Ausgaben von insgesamt 488,61 Milliarden Euro. Zur Finanzierung sind neue Kredite in Höhe von 51,3 Milliarden Euro vorgesehen. Das ist ein leichtes Plus gegenüber 2024. Eine sogenannte globale Minderausgabe ist für 2025 eingeplant, wo diese Mittel eingespart werden sollen, ist noch unklar.

Die FDP hat zuletzt einen „verfassungskonformen Haushalt“ in Aussicht gestellt. Darin seien, so Fraktionsvize Christoph Meyer, „links-grüne Notlagenkonstruktionen oder andere Maßnahmen auf der Kante zum Verfassungsbruch“ nicht vorgesehen.

Merz bleibt auch unter Unionsanhängern nur zweite Wahl

Dem ZDF-„Politbarometer“ zufolge sind 71 Prozent der Befragten der Meinung, die Ampelkoalition mache ihre Arbeit schlecht. Allerdings sind lediglich 38 Prozent davon überzeugt, dass eine von CDU und CSU geführte Regierung diese besser machen würde.

Wohl auch deshalb sind weniger als die Hälfte der Befragten – nämlich 49 Prozent – der Auffassung, dass Kanzler Scholz den Weg für Neuwahlen freimachen sollte. Dagegen sind immerhin 46 Prozent. Sogar unter den Unionsanhängern wünschen sich nur 56 Prozent eine Vorverlegung der Bundestagswahl. Demgegenüber sprechen sich 66 Prozent der BSW- und sogar 95 Prozent der AfD-Anhänger dafür aus.

Detail am Rande: Die Bundesbürger insgesamt und sogar die Anhänger der Union selbst sind alles andere als überzeugt davon, dass CDU-Chef Friedrich Merz der passende Kanzlerkandidat der Opposition ist. Unter allen Befragten sagen 29 Prozent, der CSU-Vorsitzende Markus Söder hätte die besten Chancen, nur 23 Prozent nennen Merz. Auf 20 Prozent kommt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Unter den Unionsanhängern hat Söder ebenfalls die Nase vorn – wenn auch knapper, mit 32 zu 31 Prozent. Einen Kanzlerkandidaten Wüst würden 25 Prozent favorisieren. Abgeschlagen mit acht Prozent insgesamt und vier Prozent unter den Anhängern von CDU und CSU landet Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther auf dem letzten Platz unter den Vorgeschlagenen.

Alte Große Koalition im Bund könnte auf Mehrheit hoffen

Dem „Politbarometer“ zufolge gaben null Prozent der Befragten eine Neuauflage der Ampelkoalition als Wunschkonstellation nach der nächsten Bundestagswahl an. Das einzige Bündnis, das bei dieser Frage ein zweistelliges Resultat erzielt, ist die alte Große Koalition zwischen Union und SPD, das sich 23 Prozent der Befragten wünschen.

Mit zusammen 48 Prozent der Stimmen – 33 Prozent für die Union, 15 für die SPD – könnte es nach dem Ergebnis der ZDF-Umfrage für eine parlamentarische Mehrheit reichen. Immerhin wären die FDP mit vier Prozent und neun Prozent sonstige Parteien nicht im Bundestag vertreten. Die AfD käme auf 17 Prozent, die Grünen auf elf und das BSW auf sieben Prozent.

Die Linke käme auf vier Prozent. Ihre beiden Direktmandate in Berlin sind verhältnismäßig stabil abgesichert, möglicherweise würde Leipzig II über den Wiedereinzug entscheiden.

Der Anteil der Nichtwähler ist unterdessen deutlich rückläufig. Nur noch drei Prozent der Befragten geben an, mit Sicherheit nicht wählen gehen zu wollen, elf weitere äußern sich unsicher.

INSA sieht etwas abweichende Zahlen: Die Union bliebe nach dieser Umfrage bei 31 Prozent, die AfD bei 19. Die SPD würde auch hier 15 Prozent erzielen (minus 1), Grüne (minus 1) und BSW (plus 1) wären gleichauf. Die FDP würde mit vier Prozent auch hier nicht ins Parlament kommen, die Linke (drei Prozent) nur im Fall des Erreichens der drei Direktmandate.



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