Wahlprogramme von SPD, Grünen und Linke
Das beste Wahlsystem wäre, wenn man seine Stimme nach Teilaspekten splitten könnte – sozusagen wählen à la carte. Eine wirtschaftspolitische Stimme für die FDP oder die Grünen, eine außenpolitische für die CDU/CSU oder die SPD, eine verfassungspolitische für die Linken oder die AfD.
Man kann die Parteien nach eher freiheitlicher und überwiegend kollektivistischer Programmatik unterscheiden, wobei Überschneidungen häufig sind. Staatlicher Interventionismus spielt bei allen Parteien eine große Rolle. Die kollektivistischen Parteien legen den Hauptwert auf die absolute Gleichheit, während bei anderen Parteien die individuelle Freiheit stärker akzentuiert wird.
SPD: Das Zukunftsprogramm. Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben.
Die SPD unterscheidet sich graduell und durch geringere Konsequenz in einzelnen Punkten von den GRÜNEN und der LINKEN. Wo der Staat im Interesse von strikter Gleichstellung und Solidarität („gleiche Teilhabe und mehr Zusammenhalt“) nicht direkt tätig wird, tut er es indirekt durch paternalistische Förderung und Subventionen.
„Klimagerechtigkeit“, Klimaneutralität und Klimasteuerung von Deutschland aus sind zentrale Punkte. Ein zentralistisches, „souveränes“ Europa mit Mehrheitsentscheidung bei Steuern und in der Außenpolitik, auch mit „Gesundheitsunion“, versteht sich. Immerhin: „Wir sehen viel Gutes. Wir sehen auch Vieles, was man besser machen kann.“
Ein Hauptpunkt liegt bei der Durchsetzung eines radikalisierten Wohlfahrtsstaates mit sozialer Zwangseinheitsversicherung, also weiterer Verstaatlichung der Risikovorsorge, Reste an sozialer Selbstständigkeit werden mit dieser „Bürgerversicherung“ beseitigt. Mit dem Konstrukt einer „Verantwortungsgemeinschaft“ soll es die Subventionierung aller Formen eines familienähnlichen Zusammenlebens geben.
Finanzen: Gegen das Privateigentum
Gegen Sparsamkeitspolitik nach der Corona-Epidemie. Es geht um auch schuldenfinanzierte öffentliche Zukunftsinvestitionen. Gerechte Besteuerung heißt für die SPD: Entlastung der mittleren und kleinen Einkommen – immerhin –, aber dafür schärfere Progression um 3 Punkte bei Einkommen über 500.000 Euro bei Ehepaaren und 250.000 Euro bei Ledigen.
Die Vermögenssteuer ist zu reaktivieren, die Erbschaftssteuer soll durch eine Mindestbesteuerung – gegen die „Überprivilegierung großer Betriebsvermögen“ – reformiert werden. Finanztransaktionssteuern und Bekämpfung des internationalen Steuerwettbewerbs durch eine „effektive Mindestbesteuerung“ passen in dieses Programm.
Verschiedenes, zum Teil Kurioses
Es soll eine geschlechtergerechte Repräsentanz in Bund, Ländern und Kommunen geben („Paritätsgesetze“ – also eine neue Ständeordnung nach sexuellen Merkmalen – dies könnte man sich auch für andere Gruppen mit spezifischen Merkmalen wie Migranten, nach dem LGBTQI-Schlüssel, nach Berufen, Religion, nach Gesundheit, Herkunft usw.) denken.
Die steuerliche Gemeinnützigkeit soll auch – wie bei den Grünen – politische Zwecke mit einschließen, etwa den Kampf gegen Rechtsextremismus, vielleicht gilt die „Antifa“ in Zukunft als gemeinnützig.
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: Deutschland. Alles ist drin.
Diese Partei ist eine Synthese aus messianischem Ökologismus, radikalem Egalitarismus, besonders auch Feminismus, einer Staatsgläubigkeit und eines Konstruktivismus, die nur noch von der LINKEN überboten wird.
Man traut sich zu, von Deutschland aus das Weltklima steuern und so die Welt retten zu können. Die Grünen sind wie die LINKE eine Partei des antinationalen Universalismus. Angestrebt wird eine „vielfältige Einwanderungsgesellschaft“, welche nationale Homogenitäten auflöst.
Das letzte Ideal ist ein egalitärer Weltwohlfahrtsstaat. Der Ausdruck „Sozialismus“ wird ebenso wie bei der LINKEN vermieden, man spricht verschleiernd von „Ökosozialer Marktwirtschaft“.
Die Klimafrage ist die Hauptfrage, die Apokalypse droht
Die konstatierte „Klimakrise“, nicht nur wertneutral „Klimawandel“, steht an der Spitze des Programms. Alle Maßnahmen sollen auf den „1,5 Grad-Pfad“ des Pariser Klimaabkommens führen, alle Politik steht in diesem Dienst, „Klimaaußenpolitik“ inklusive.
Dies bedeutet: eine Energierevolution, grüne Digitalisierung, Transformationsfonds für die Regionen, CO2-Bremse für alle Gesetze, Umschulung der Beschäftigten, auf jedes Dach eine Solaranlage, Photovoltaik in der Fläche, forcierter Ausbau der Windenergie, Wasserstoffförderprogramme, Europäische Energieunion und einen „Green New Deal“ wie ihn die EU-Kommission anstrebt.
Der Glaube an die 1,5-Grad Linie ist apodiktisch, unerschütterlich. Eine andere Sicht der Dinge kommt nicht zur Sprache. Man spricht von „Wissenschaft“, wo es sich um spekulative Modellrechnungen handelt, die zudem vielfach angezweifelt werden.
Europäismus
Für diese historisch entwurzelte Lifestyle-Partei gilt ein EU-Leitbild, das nicht weniger utopisch ist als die Klimapolitik. Zentralisierung, Kartellierung, Entnationalisierung. Dass es eine „Nation Europa“ nicht geben kann, Europa nur in seinen Nationen besteht und dass dies gerade („Diversity“!) das Europäische an Europa ist – davon keine Spur. Auch wird der Begriff Europa – wie auch bei anderen Parteien – missbraucht: Gemeint ist lediglich die EU.
Das Europäische Parlament soll zu einem echten Parlament werden, das heißt mit Gesetzesinitiativrecht und Wahl einer europäischen Regierung. Transnationale europäische Listen zum Europa-Parlament sind wünschenswert. Auch ein europäisches Vereinsrecht versteht sich und ein Europäisches Kriminalamt. Mehrheitsentscheidungen in allen Fragen machen dies möglich. Die EU erhält eine Kompetenz-Kompetenz – dies ist der Dammbruch zum Zentralstaat EU.
Der Triumph von Staatswirtschaft, Wohlfahrtstaat, Fiskalsozialismus
Die Grünen plädieren für eine Unternehmensform des „Verantwortungseigentums“ – als ob es ein unverantwortliches Unternehmenseigentum geben kann (Haftungsprinzip, Bindung an Gesetz und Moral).
Finanzen und Steuern: Abschaffung der „Schuldenbremse“ – eine Lizenz fürs schrankenlose Schuldenmachen. Steuerpolitik: „Moderate“ Anhebung des Spitzensteuersatzes von 45 Prozent für Alleinlebende ab 100.000 Euro Jahreseinkommen, für Paare ab 200.000 Euro, dann ab 250.000 bzw. 500.000 Euro von 48 Prozent. Auch Kapitalerträge sind wieder progressiv zu besteuern. Ein Deutscher soll unabhängig von seinem Wohnsitz besteuert werden können – fiskalisch unentrinnbar.
Die traditionelle private Familie als kleines, schwer kontrollierbares Gebilde wird entkernt. Wo Personen Verantwortung füreinander übernehmen, ist Familie, die staatlich abzusichern ist. Das Ideal ist eine „vielfältige Einwanderungsgesellschaft“, auch eine großzügige Flüchtlingspolitik. Das „Duldungsprinzip“ soll abgeschafft werden ebenso wie Frontex: Wer eingewandert ist, legal oder illegal, ist und bleibt hier.
Fazit
Es ist erkennbar, dass diese Partei, die gegen Rechtsextremismus und nur gegen diese Art Extremismus (oder was sie dafür hält) antritt, selbst eine Art extremistische Partei ist – eine Partei der Wirtschaftsfeindlichkeit, der Auflösung des Privatlebens und Einschränkung der Meinungs- und Vertragsfreiheit, des krudesten Egalitarismus und Kollektivismus, der Staatswirtschaft und des Wohlfahrtsstaates.
Selbst wenn sie in einer Koalition notgedrungen um des Machtbesitzes willen Kompromisse schließen wird – auch diese werden zum Schaden Deutschlands, seiner Wirtschaft und seines Wohlstandes ausschlagen. Das Programm schließt mit den Worten: „Wahlen sind ein Moment der Freiheit. Nutzen Sie ihn – für die Freiheit.“
Der Wähler sollte sich darüber klar sein, dass die Grünen nicht in der Tradition der Freiheit stehen, sondern eher den „Weg zur Knechtschaft“ anbieten. In diesem Programm ist eben „alles drin“, auch die Knechtschaft.
DIE LINKE: Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!
Man muss sich wundern, dass nach dem weltweiten Scheitern des Sozialismus auch in jedem neuen Experiment (wie in Venezuela) in Deutschland immer noch solche Programme in Hoffnung auf Zustimmung publiziert werden können.
Zwar wird der Ausdruck „Sozialismus“ sorgfältig vermieden, doch die antikapitalistische Begrifflichkeit klingt überall an, in Ausdrücken wie „Raubtierkapitalismus“, „Menschen vor Profit“, „Wohnraum ist keine Ware“, „die Macht der Banken und Finanzmärkte brechen“.
Das egalitäre Sozialisierungsprogramm wird ergänzt durch Aspekte der modischen Geschlechterpolitik für minoritäre sexuelle Devianzen und des radikalen „Linksfeminismus“. Ein „ökologischer Systemwechsel“ im Interesse des Klimas versteht sich, hinzu kommen ein utopischer Universalismus und Pazifismus.
Das wirtschaftliche Programm steht gegen Marktwirtschaft, Selbstverantwortung und Unternehmertum. Ein umfassendes Verstaatlichungsproramm wird angekündigt. Im Mittelpunkt steht die Staatsversorgung für alle (als „Rechtsanspruch“). Ein gerechtes Mindesteinkommen liegt bei 1.200 Euro. Der Wohnungsmarkt wird sozialisiert durch einen bundesweiten Mietendeckel, ein öffentlicher Bodenfonds sorgt für das Übrige: „Bauland in Gemeinschaftshand!“
Geld-, Finanz- und Steuerpolitik: ein Gruselkabinett!
Auf solide Staatsfinanzen legt die LINKE keinen Wert: Abschaffung der Schuldenbremse! Und wieder einmal „Brechung der Macht“ – diesmal der Banken und Finanzmärkte und sogar der privaten Wirtschaftsprüfer.
Eine Vermögenssteuer soll kommen, dazu eine Vermögensabgabe, eine Erhöhung der Erbschaftssteuer mit Abschaffung der Privilegien für Betriebsvermögen. Die Körperschaftssteuer wieder auf 25 Prozent, Finanztransaktionssteuer, Gemeindewirtschaftssteuer statt Gewerbesteuer mit ausgeweiteter Bemessungsgrundlage (Pachten, Mieten, Leasingraten – und mit Einbezug der Freiberufler). Und noch die Einkommenssteuer: Hoch mit dem Grenzsteuersatz: 53 Prozent bereits ab 70.000 Bruttojahreseinkommen und dazu eine gesonderte Reichensteuer: 75 Prozent oberhalb einer Million.
Und zum Schluss: „Ein Recht auf persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen“ – der Exzess eines Nanny-Staates.
Fazit: Ein freiheitsfeindliches Programm, das in den Ruin von Wirtschaft und Gesellschaft führen muss. In der Tat wird hier ein rigoroser Systemwechsel zum Sozialismus beschrieben. Linke sprechen gern von einem „guten Leben“. Wir haben erlebt, was dies unter realsozialistischen Bedingungen bedeutet.
Prof. Gerd Habermann ist seit 2003 Honorarprofessor an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam, Wirtschaftsphilosoph und freier Publizist. Er ist Mitbegründer der Friedrich-August von Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft. Der Bericht erschien zuerst in der Wochenendzeitung der Epoch Times am 20. August 2021.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion