Linksextremismus in Deutschland: Eine zunehmende Gefahr für die Gesellschaft?
Lange Zeit flog er in der öffentlichen Wahrnehmung unter dem Radar. Seit letzter Woche ist er wieder stärker in den Fokus gerückt: Linksextremismus in Deutschland.
Seit der Verurteilung von Lina E. vom Oberlandesgericht in Dresden und den Krawallen vom Wochenende in Leipzig fragen sich viele Menschen, wie gefährlich das Phänomen Linksextremismus in Deutschland eigentlich ist?
Zunehmende Gefahr durch linksextreme Gewalttäter
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht eine zunehmende Gefahr durch linksextreme Gewalttäter. „In linksextremistischen Gruppen sind Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität anzugreifen“, sagte die Ministerin in der letzten Woche in Bezug auf das Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. am letzten Mittwoch.
Auch der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, sieht ein wachsendes Sinken der Hemmschwelle zur Gewalt bei Linksextremisten. Am vergangenen Donnerstag sagte er gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND)“: „Wir erleben bei Linksextremisten eine wachsende Radikalisierung und Akzeptanz von brutalster Gewalt.“
„Diese Akzeptanz beinhaltet Gewalt gegen Personen mit dem Ziel, sie einzuschüchtern. Und sie gilt politischen Gegnern ebenso wie Vertretern des Staates“, so Kramer.
Sprecher der Grünen Jugend fordert FreeLina
Aus Reihen der „Grünen Jugend“ wurde deutlich versucht, die Straftaten von Lina E. und drei weiteren Angeklagten zu verharmlosen. Die Studentin wurde vom Oberlandesgericht Dresden wegen mehrerer Angriffe auf vermeintliche und tatsächliche Rechtsextremisten zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht warf der Angeklagten weiter vor, eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Mit ihrer Bande habe die heute 28-jährige mindestens 13 Angriffe auf Menschen organisiert, wobei die Bande sehr gezielt vorgegangen ist. Zwei Angegriffene erlitten so schwere Verletzungen, dass ihr Zustand damals lebensbedrohlich gewesen ist.
Für den Bundessprecher der „Grünen Jugend“, Timon Dzienus, ist das alles kein Grund, auf Distanz zur verurteilten Linksextremistin Lina E. und ihrer Bande zu gehen.
In einem Tweet stellt er vielmehr das Urteil des Gerichts infrage. „Mit einem völlig übertriebenem und auf fragwürdigen Indizien beruhenden Prozess wird mit aller Härte gegen LinaE und andere Linke vorgegangen“, schrieb Dzienus auf Twitter. „Was für ein Quatsch – deshalb FreeLina!“
In weiteren Tweets nannte Dzienus das Urteil „skandalös“ und eine „Farce“. Er verwies auf ein deutlich geringeres Strafmaß für zwei Angeklagte aus der rechtsextremistischen Szene, denen ein Gericht zur Last legte, zwei Journalisten attackiert und schwer verletzt zu haben.
Bundesprogramm gegen Linksextremismus 2014 gestrichen
Solch ein Support von Linksextremisten aus der Politik ist leider kein Einzelfall. Immer wieder erlebt man das. So hat beispielsweise die heutige Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), 2014 als Bundesfamilienministerin das von ihrer Vorgängerin Kristina Schröder initiierte Programm gegen Linksextremismus ersatzlos gestrichen. Das Programm habe sich als völlig „wirkungslos“ erwiesen, begründete Schwesig damals ihr Vorgehen. Das Problem Linksextremismus sei „aufgebauscht“ worden, befand die SPD-Politikerin damals.
Linksextreme Gewalt hat neue Qualität erreicht
Anders als durch rechtsextreme Gewalt sind durch linke Extremisten seit der RAF keine Menschen mehr zu Tode gekommen. Wenige Jahre nach der Streichung des Programms gegen Linksextremismus ändert sich aber in der Szene etwas. Wir erleben nun eine neue Qualität der Gewalttaten. Darauf wies gerade erst der Extremismusforscher Professor Hendrik Hansen im „Tagesspiegel“ hin. Früher sei von Links hauptsächlich ereignisbezogene Gewalt ausgegangen, etwa auf Demonstrationen.
„Inzwischen werden die Opfer systematisch ausgewählt, Menschen gezielt über Tage lang ausgespäht, Teams gebildet, Kampfsport trainiert, Perücken genutzt, Wegwerfhandys, falsche Kennzeichen“, sagt Hansen. Da werde geplant. „Einer spricht die Zielperson an, wenn er abgelenkt ist, greift der Rest der Gruppe an“, berichtet der Extremismusforscher. „Diese kaltblütige Brutalität in dieser Form ist neu.“
Woher kommt diese erhöhte Gewaltbereitschaft der linken Szene? Der Sicherheitsexperte der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Felix Neumann, nennt im „Tagesspiegel“ verschiedene Erklärungsansätze.
„In der Szene wird davon ausgegangen, dass der Staat übergriffig handelt und in manchen Bereichen einschränkend wirkt“, erklärt Neumann. „Man argumentiert damit, dass der Staat aktuelle Probleme nicht zielführend lösen kann, wodurch die Tendenz entsteht, das Recht in die eigene Hand zu nehmen und entsprechend zu handeln.“
In diesem Zusammenhang nennt Felix Neumann auch die Rolle der sozialen Medien mit ihren Echokammern. In solchen Gruppen werden verstärkt die eigenen Meinungen und Ansichten verbreitet. Andere Aspekte, die zum Diskurs beitragen könnten, werden in diesen Echokammern oft ausgeblendet, was zu einer Einseitigkeit in der Argumentation führe.
Linksextremismus nicht verklären
Professor Hansen, der an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung lehrt, warnt davor, den Linksextremismus zu verklären. „Die haben was gegen Rechtsextremismus, wir doch auch, so klingt es oft, wenn über das Thema gesprochen wird – oder auch: Wir sind alle Antifa“, sagt Hansen. „Dabei wird aber verkannt, dass ein autonomer, linksextremistischer Antifaschist den Staat abschaffen will und unsere Demokratie ablehnt. Die Taten richten sich nicht nur gegen Personen, sondern gegen unsere Verfassung.“
Laut dem letzten veröffentlichten Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2021 ist das linksextremistische Personenpotenzial in Deutschland um 1,2 Prozent auf 34.700 Personen gestiegen – mehr als jeder vierte Linksextremist sei gewaltorientiert, heißt es weiter.
Das rechtsextremistische Personenpotenzial liegt im Vergleich laut dem Bericht bei 33.900 Personen, von denen 13.500 als gewaltorientiert gelten.
Bei Zahlen politisch motivierter Kriminalität keinem Denkfehler unterliegen
Ein Blick auf die Zahlen des Bundeskriminalamtes könnte auf den ersten Blick Anlass geben, sich beim Thema linksextremistische Kriminalität zurückzulehnen. In einer Statistik zur politisch motivierten Kriminalität zeigt sich der Trend: Die Anzahl der linksmotivierten Straftaten ist von 10.113 auf 6.976 um 31 Prozent gesunken, während die rechtsmotivierten Straftaten von 21.964 auf 23.493 um sieben Prozent gestiegen sind.
Professor Hendrik Hansen warnt aber davor, bei diesen Zahlen einem „Denkfehler“ zu unterliegen. Die rechtsmotivierten Straftaten seien bei jeder Erhebung etwa doppelt so hoch wie die linksmotivierten. Der Grund dafür seien die Propagandastraftaten, die es nur auf der rechten Seite gebe, sagte Hendrik Hansen dem „Tagesspiegel“.
„Wer den Hitlergruß zeigt oder ein Hakenkreuz irgendwohin schmiert, der macht sich im Sinne des Strafgesetzbuches strafbar“, erklärt der Professor. „Ein roter Stern als Zeichen für den Kommunismus ist hingegen keine Straftat. Wenn man solche Delikte herausrechnet und sich auf die Gewalttaten konzentriert, dann liegen Rechtsextremismus und Linksextremismus im Durchschnitt ungefähr gleich auf.“
Schwelle zum Terrorismus kann irgendwann überschritten sein
Mit Sorge betrachtet der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, die Entwicklungen im Linksextremismus. Aktuell sieht er die Schwelle zum Terrorismus nicht überschritten. Er spricht aber von einer „Radikalisierungsspirale“. Wenn diese sich weiterdreht und „die Taten immer brutaler und hemmungsloser werden, dann rückt der Moment näher, in dem man auch von Linksterrorismus sprechen muss.“
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