Immobilienmarkt 2024: Was auf Käufer und Mieter in diesem Jahr zukommt
Zum Jahresende gab es noch einmal schlechte Nachrichten für Immobilienverkäufer: Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Preise für Wohnimmobilien vom Herbst 2022 bis zum Herbst 2023 im Schnitt um gut zehn Prozent gesunken. Vorerst geht es aus Expertensicht auch erst einmal so weiter. „Wir gehen davon aus, dass der Preisverfall im Jahr 2024 seinen Höhepunkt überschreitet“, sagt Ralph Henger, Immobilienexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im „Handelsblatt“.
Nicht nur der private Immobilienmarkt hat im Moment mit einem Preisverfall zu kämpfen. In anderen Immobiliensektoren, wie zum Beispiel Büros, sieht es nicht besser aus. Laut großen Immobilienbewertern wie CPRE sacken auch dort die Preise in den Keller. Ähnlich sieht es auch bei Häusern aus, die Einzelhändler beherbergen, vorwiegend bei Shoppingcentern. In der Breite des Marktes sinken auch dort die Preise. Allein Logistikcenter, so die Bewerter, konnten dem Trend trotzen und den Wert ihrer Immobilien halten.
Die Branche hat aber auch noch ein anderes Problem. „Immer mehr Transaktionen finden ,off market‘ statt. Sie werden also gar nicht publik. Das ist einerseits für die Beteiligten ganz angenehm, aber am Gesamtmarkt sorgt das nicht gerade für mehr Transparenz“, sagt Henrik Haeuszler vom Investmenthaus Invesco dem „Handelsblatt“. Transparenz sei im Immobilienmarkt wichtig. Vor allem viele Privatleute seien im Moment verunsichert, da sie nicht wissen, was ihre Immobilie wert ist.
Verunsicherung herrscht nicht nur bei Verkäufern. Auch Käufer fragen sich im Moment, ob es tatsächlich sinnvoll mit Blick auf die gestiegenen Neuvertragsmieten sein kann, nun den Schritt hin zu einem Eigenheim zu wagen.
Wann gehen die Preise für Immobilien wieder hoch?
Experten sind sich im Moment einig, dass es im Laufe des Jahres 2024 zu einer Preiswende auf dem Immobilienmarkt kommen wird. Der Präsident des Verbands der deutschen Pfandbriefbanken (VDP), Gero Bergmann, hat dem „Handelsblatt“ gerade erst ein Interview gegeben. In diesem spricht er von der „schlimmsten Krise seit 15 Jahren“. Allerdings sieht Bergmann auch Licht am Ende des Tunnels. „Den Scheitelpunkt der Krise erwarten wir in diesem Jahr“, so der VDP-Präsident. Es sei von weiteren Rückgängen in den kommenden Quartalen auszugehen. Dieses Jahr werde es, laut Bergmann, zu einer Stabilisierung kommen. „Bei Wohnimmobilien dürfte sie deutlich früher einsetzen als bei Gewerbeimmobilien.“
Ähnlich sieht es auch Clément Delpirou, Präsident des Immobilienberaternetzwerks iad. Er schaut sogar noch etwas optimistischer in die Zukunft. „Die Krise dürfte mittlerweile den Höhepunkt überschritten haben, und auch die Inflation sollte sich im neuen Jahr langsam, aber stetig abbauen“, prognostiziert er. Bei den Preisen für Wohnimmobilien sieht er sogar das Ende der Fahnenstange erreicht. „Gerade das Wohnimmobiliengeschäft hat hierzulande eine sehr große Dynamik – sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. „Wenn die Zinswende kommt, ist daher davon auszugehen, dass auch Wohnimmobilien wieder aufgewertet und Kreditkosten sinken werden“, meint Delpirou.
Ausländische Investoren, so Delpirous Prognose, könnten sich wieder stärker im deutschen Markt engagieren. Trotz der momentanen wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands bleibe das Land die größte Wirtschaftsnation im Euroraum. Daher würden Investoren hier einen „sicheren Hafen“ sehen.
Investmentexperte, Henrik Haeuszler von Invesco mahnt allerdings an, zwischen den verschiedenen Immobilienarten zu unterscheiden. „Die Preise sinken im Schnitt, was aber nicht heißt, dass es auch Ausreißer gibt“, sagt er. „Coreobjekte, also gut angebundene Citylagen, werden weiterhin Käufer finden. Wer diese Immobilien gut managt und bonitätsstarke Mieter hat, wird hier weiter Geld verdienen können.“ Es komme daher sehr stark darauf an, die jeweiligen Immobilen in ihrem lokalen Umfeld zu bewerten.
Wie entwickeln sich die Zinsen in diesem Jahr?
Über eine Sache herrscht unter den Experten aber Einigkeit: Damit die Preise wieder steigen, müssen die Zinsen sinken oder zumindest nicht weiter steigen. Das kann in diesem Jahr durchaus eintreten. Laut Daten der FMH-Finanzberatung sind etwa die Zinsen für Kredite mit zehn Jahren Zinsbindung vom Oktober bis zum Jahresende 2023 von im Schnitt 4,2 auf 3,5 Prozent gefallen. FMH-Chef Max Herbst verbindet mit diesen Entwicklungen die aus seiner Sicht berechtigte Hoffnung auf sinkende Leitzinsen in diesem Jahr.
„Ich rechne damit, dass die EZB den Leitzins noch eine Weile nicht ändert“, sagt Michael Neumann, Chef des Baugeldvermittlers Dr. Klein. Er vermutet, dass die Leitzinsen im dritten oder vierten Quartal sinken könnten.
Bei den Baufinanzierungszinsen erwartet Neumann in diesem Jahr eine Seitwärtsbewegung. „Ich gehe davon aus, dass wir uns bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung in einem Korridor von drei bis vier Prozent bewegen“, so der Baugeldvermittler.
FHM-Chef Max Herbst sieht in den momentanen Entwicklungen eine gute Ausgangssituation für alle, die über einen Immobilienkauf nachdenken. Er rät, sich Zeit zu lassen und die Wunschimmobilie genau zu prüfen. Im Moment bestehe beim Kauf kein Grund zu Eile. Anders als in Zeiten des Booms, als es viele Interessenten auf ein Objekt gab, hat sich die Situation inzwischen deutlich entspannt.
Gegenüber der Empfehlungsplattform für Eigenheimbesitzer „Aroundhome“ bestätigt der Analyst Sebastian Schnejdar von der BayernLB diesen Trend. „Die höheren Zinsen haben etwa die Hälfte aller potenziellen Käufer vom Wohnungsmarkt verdrängt“, so Schnejdar. Daher sei es im Moment möglich, gute Objekte zu einem angemessenen Preis zu finden.
Sind Schnäppchen noch möglich?
Der Geschäftsführer der Immobilienagentur Neho, Sebastian Eraghi, sieht allerdings zwei Dinge, die ein Käufer benötigt. Das ist zum einen Eigenkapital: Wer mehr als ein Drittel der Kosten durch Eigenkapital decken kann, wird auch einen guten Darlehenszins erhalten. Weiter sollte ein potenzieller Käufer bereit sein, eine Immobilie zu erwerben, in die unter Umständen noch investiert werden muss. „Bei Neubauwohnungen zu verhandeln, ist ungleich schwieriger, denn ein Bauträger wird wegen der hohen Baukosten kaum Zugeständnisse machen können“, sagt Eraghi. Wann allerdings der richtige Zeitpunkt ist, Immobilieneigentümer zu werden, sei eine sehr individuelle Entscheidung, so der Makler.
Für Anleger sieht die Situation allerdings deutlich anders aus. Diese könnten laut Matti Schenk von der Investmentberatung Savills von langfristig stabilen Mietverträgen ausgehen. Damit zukünftig Mieten sinken, bräuchte es eine verstärkte Neubautätigkeit. Damit sei aber im Moment nicht zu rechnen. „Während der Mangel an Wohnraum so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht, werden deutlich weniger neue Wohnbauprojekte angegangen und viele bereits angestoßene Projekte verschoben oder abgebrochen“, erklärt Schenk.
Wie entwickeln sich die Mieten?
Dass in den nächsten Jahren die Mieten steigen werden, darüber sind sich die Experten einig. Zwei Instrumente gäbe es, die dafür sorgen, dass die Mieten nicht übermäßig steigen: In den meisten Ballungsräumen können bestehende Mietverträge aufgrund der Kappungsgrenze binnen drei Jahren um maximal 20, in einigen Regionen nur um 15 Prozent steigen. Und bestehende Wohnungen dürfen nach der Mietpreisbremse, wenn sie neu vermietet werden, nur zehn Prozent mehr als eine laut Mietspiegel vergleichbare Wohnung kosten. Allerdings rechnen Experten damit, dass viele Vermieter diese Spielräume nutzen werden, um nicht zuletzt Geld für möglicherweise geforderte Modernisierungen einzusammeln.
Welche Trends werden den Immobilienmarkt aber weiter bestimmen? In Zukunft, so prognostiziert Henrik Haeuszler, wird „die Musik immer mehr in den Zentren und Lagen“ spielen, die gut erreichbar und erschlossen sind. Konkret seien das Lagen, wo Menschen nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen und ausgehen. „Dort werden die Mieten steigen“, erklärt er.
Die Zeit der Trennung von Wohn- und Arbeitsvierteln sei vorbei. „Wer heute noch glaubt, die 15-Minuten-Stadt, in der alle nötigen Einrichtungen und Geschäfte in einer Viertelstunde erreichbar sind, sei eine Utopie, wird eines Besseren belehrt werden“, so Henrik Haeuszler. Die Entwicklung – hier verweist Haeuszler auf Zukunftsforscher – werde nicht nur auf die Städte und deren Viertel begrenzt bleiben. Unter dem Titel „progressive Provinz“ hätten etwa Wiener Trendforscher bereits Ideen und Beispiele zusammengefasst, wie dank Telearbeit und Suburbanisierung auch Dorfkerne wiederbelebt werden könnten.
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