Grüne Machtspielchen: So möchten die Grünen auch nach der Bundestagswahl in der Regierung bleiben
Noch gut vier Monate bis zur Europawahl. Die aktuellste Umfrage hat gerade erst das Meinungsforschungsinstitut INSA im Auftrag von „t-online“ veröffentlicht. Im Vergleich zur letzten Wahlumfrage aus dem Juli 2023 ist es die Union, die mit 27 Prozent einen Prozentpunkt hinzugewinnen konnte. Alle anderen Parteien müssen Prozentpunkte abgeben. Die Union würde im Vergleich zur letzten Europawahl trotzdem noch 1,9 Prozentpunkte verlieren. Die AfD hingegen elf Prozent hinzugewinnen, wenn sie im Juni bei 22 Prozent liegen würde. Auch die SPD würde sich mit 16 Prozent um 0,2 Prozent verbessern. Die Linke hingegen würde sich mit 4,5 Prozent um einen Prozentpunkt verschlechtern. Hart würde es die Grünen treffen: Lediglich 10,5 Prozent der befragten Wähler würden im Juni laut der INSA-Umfrage grün wählen.
Sympathie für Grüne längst verflogen
Am 26. Mai 2019 gingen die Beliebtheitswerte der Partei durch die Decke. Sagenhafte 20,5 Prozent konnten die Grünen damals einfahren. Noch nie seit Gründung der Partei im Jahr 1980 konnten die Grünen bei einer nationalen Wahl ein solch starkes Ergebnis einfahren. Alles schien damals möglich: Medien spekulierten damals schon über einen grünen Kanzler Robert Habeck.
Fünf Jahre später ist der Höhenflug vorbei. Die Sympathie für die Ökopartei ist inzwischen weg. Geradezu symbolträchtig mutet es an, dass die Grünen letzten Mittwoch ihren Politischen Aschermittwoch in der Stadthalle Biberach aufgrund von Protesten absagen mussten. Ursprünglich sollten dort Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, Parteivorsitzende Ricarda Lang, der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann und der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin auftreten. Ministerpräsident Kretschmann musste im grünen Stammland auf dem Weg zur Aschermittwoch-Rede in Biberach wieder nach Stuttgart umkehren, weil die Polizei nicht für die Sicherheit des Politikers garantieren konnte. Die Stimmung ist offenbar völlig gekippt.
Fünf Jahre nach dem grünen Höhenflug haben sich die Verhältnisse in der Parteienlandschaft völlig verändert. Die AfD ist doppelt so stark wie 2019. Kurz vor den drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst sehen Umfragen die Partei sowohl in Brandenburg, Thüringen als auch in Sachsen vorne. Zur Europawahl kann weiter auch das gerade erst gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit einem ersten Erfolg rechnen. Umfragen sehen die Partei um die ehemalige Fraktionschefin der Linken im Bundestag bei 5,5 Prozent.
Koalition des Dauerstreits
In der Ampelkoalition rumpelt es schon sehr lange. Das Erscheinungsbild hat entsprechend gelitten. Mitte Dezember war das Ansehen der Bundesregierung und ihres Kanzlers laut ZDF-„Politbarometer“ so schlecht wie noch nie in der laufenden Legislaturperiode. 68 Prozent waren damals überzeugt, die Ampel würde ihre Arbeit eher schlecht machen.
Einem Regierungspartner steht inzwischen das Wasser bis zum Hals: Schaut man auf die letzten Umfragen zur Bundestagswahl, dann erreicht die FDP nur noch Werte zwischen 3,5 und sechs Prozent. Das ist eine gefährliche Situation für die Partei. Intern wird daher schon über einen Ampelbruch nachgedacht. SPD und Grüne stöhnen seit Langem über ihren Regierungspartner. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte im Dezember gegenüber der „FAZ“ in einem Interview: „Die FDP hat schlichtweg ein ungeklärtes Verhältnis zu der Regierung: Sie will so etwas sein wie die Opposition in der Regierung und das funktioniert eigentlich nie.“
„Entweder man ist Teil einer Regierung, dann steht und fällt man auch mit deren Erfolg“, sagte der Ministerpräsident weiter. „Oder man ist Teil einer Opposition, dann ist man gegen die Regierung. Irgendetwas dazwischen ist schwierig.“ Die Strategie zahle sich für die FDP zumindest nicht aus, fügte Weil mit Blick auf die Verluste der Liberalen bei jüngsten Landtagswahlen hinzu.
Die Angst, abgehängt zu werden
Aber auch bei den Grünen sind langsame Absatzbewegungen festzustellen. Im kommenden Jahr wird der Bundestag neu gewählt. Wenn sich nicht noch grundlegend etwas ändert, dann wird es wahrscheinlich nicht noch einmal für eine Fortsetzung der Ampel reichen. Schaut man auf die Wahlergebnisse der SPD, dann können die Grünen auch nicht davon ausgehen, dass es für eine rot-grüne Regierung reicht. Eine schwierige Situation für die Grünen. Sie müssen aufpassen, dass sie bei künftigen Koalitionen auf Bundesebene, aber auch in den Ländern, nicht einfach übergangen werden. Genau das haben die Grünen im letzten Jahr zweimal erlebt.
In Hessen regierten sie zehn Jahre mit der CDU zusammen. Nach der Landtagswahl kündigte die CDU plötzlich diese Option auf und bildete stattdessen mit der SPD eine Regierung. Die Ökopartei hat dieser Rauswurf ziemlich kalt erwischt. Hessens langjähriger Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte kurz danach in der „Frankfurter Rundschau“: „Wir hatten bei den Sondierungen von Anfang an keine Chance. Im Laufe der Sondierungen haben wir uns immer mehr gefühlt wie in einer Partnerschaft, in der der andere nicht weiß, wie er sagen soll, dass er Schluss machen will.“
Ähnlich erging es den Grünen Anfang letzten Jahres nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Schnell bekamen sie vom CDU-Wahlsieger Kai Wegner einen Korb, obwohl es rechnerisch für eine schwarz-grüne Regierung gereicht hätte.
Auch wenn die Grünen in Baden-Württemberg, Sachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein mit der CDU zusammen regieren, sind sie längst nicht mehr erste Wahl. Sollte die Union sich als stärkste Partei in den Umfragen weiter behaupten, hätte sie 2025 auf Bundesebene möglicherweise die Wahl zwischen Schwarz-Grün und Schwarz-Rot.
Buhlen um die Juniorpartnerschaft
Wie die „Welt“ (hinter einer Bezahlschranke) schreibt, bemühen sich im Moment selbst Vertreter des linken Flügels der Grünen um einen engeren Kontakt und ein besseres Verhältnis zur Union.
Ein grüner Abgeordneter berichtet laut „Welt“ von einer vertraulichen Begegnung, in dem ihm ein CDU-Mann erklärt habe: Mit den Grünen könne die Union im Bund vermutlich beherzter Reformen durchsetzen als mit der alten Tante SPD. Das Problem aber sei, „dass ihr immer unbeliebter werdet bei unseren Wählern“.
Wenn sich die Grünen nach der Bundestagswahl ihre Machtoptionen erhalten möchten, dann müssen sie nun in Konkurrenz zur SPD treten. Reicht es für ein Weiterregieren der Ampel nicht mehr, dann müssen sich beide Parteien nun als Juniorpartner der Union interessant machen. Der Wettlauf zwischen beiden Parteien, die im Moment noch in der Regierung zusammenarbeiten, ist also eröffnet.
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