Greift der Iran an? Bundeswehreinsatz für Israel gefordert

Russische Transportflugzeuge landen im Iran. Sie haben mutmaßlich Waffen an Bord. In Deutschland werden Forderungen nach dem Einsatz der Bundeswehr für Israel erhoben. Stehen Europa und der Nahe Osten am Rande eines großen Krieges?
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Foto: Ruma Aktar/iStock
Von 5. August 2024

Nationale und internationale Nahost-Experten sind derzeit verwirrt, denn bisher zeigten sich weder der Iran noch Israel an einem Krieg gegeneinander interessiert. Wurden nun doch auf beiden Seiten rote Linien überschritten, die es zu einem Showdown zwischen beiden Staaten kommen lassen könnten?

Auf iranischen Flughäfen seien am Samstag und Sonntag IL-76-Transportflugzeuge aus Russland gelandet. „Eines nach dem anderen“, berichtete „Kanal 13“, einer der Hauptsender im israelischen Fernsehen, und mutmaßt, dass Russland Waffen nach Teheran schickt. Der irakische Premierminister Mohammed Shia‘ al-Sudani hat das Militär seines Landes in „höchste Alarmbereitschaft“ versetzt. Der Irak gilt aufgrund der schiitischen Mehrheit seiner Bevölkerung in einem Kriegsfall als enger Verbündeter des Iran.

Last-Minute-Diplomatie Jordaniens

Wie die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtete, sprach Jordaniens Außenminister Ayman Safadi am Sonntag überraschend in Teheran vor. Jordanien ist ein enger Verbündeter des Westens und war zum Beispiel daran beteiligt, im April zahlreiche Raketen und Drohnen abzufangen, die der Iran auf Israel abgefeuert hatte.

Seit der Tötung des politischen Führers der palästinensischen Terrorgruppe Hamas, Ismail Haniyeh, am 31. Juli mitten in Teheran, hat der Iran gedroht, an Israel Vergeltung für das Attentat zu üben. Safadi wurde nach dem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen Ali Bagheri Kani in einer Presseerklärung des jordanischen Außenministeriums mit den Worten zitiert: „Wir wollen, dass unsere Region in Sicherheit, Frieden und Stabilität lebt, und wir wollen, dass die Eskalation endet.“

Safadi fordere zudem „ein Ende des Krieges im Gazastreifen und eine Wiederaufnahme der Gespräche über einen palästinensischen Staat“.

Inwieweit diese seltene diplomatische Initiative des kleinen arabischen Landes beim muslimischen Erzfeind Iran – sie kommt einem Kotau gleich – von Erfolg gekrönt sein wird, kann nicht beurteilt werden, zeigt aber die tiefe Besorgnis der Region vor einer ernsthaften massiven Eskalation im Nahen Osten.

Saudi-Arabien, das ebenfalls mit dem Iran verfeindet ist, hat lediglich seine Bürger zum Verlassen des Libanon aufgerufen. Dort geben die vom Iran finanzierten und gesteuerten schiitischen Hisbollah-Milizen den Ton an.

Diese haben in der Nacht vom Samstag schon mal rund vierzig Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Allerdings sollte dieser feindliche Akt nicht überbewertet werden. Die Hisbollah-Milizen setzen seit Beginn des Gazakrieges im Oktober 2023 Israel täglich mit Scharmützeln und Raketenbeschuss unter Druck.

Verärgerter Joe Biden

Der amerikanische Präsident Joe Biden hingegen hat laut US-Medien den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu mehrfach davor gewarnt, in der militärischen Eskalation „nicht zu weit zu gehen“, andernfalls würde Israel die Unterstützung der USA verlieren.

Danach sieht es derzeit jedoch nicht aus. Denn das amerikanische Verteidigungsministerium Pentagon kündigten am 2. August an, weitere Kriegsschiffe und Kampfjets zum Schutz eigener Kräfte und zur Verteidigung Israels in die Region zu entsenden.

Washington reagierte damit auf die Vergeltungsdrohungen des Iran gegen Israel nach den Tötungen von Haniya in Teheran sowie des Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukr in der libanesischen Hauptstadt Beirut.

Putins Waffen für den Iran

Den jetzigen mutmaßlichen Waffenlieferungen Russlands an die Mullahs in Teheran gingen längst schon weitere Waffendeals voraus. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf die iranische Nachrichtenagentur Tanim bereits Ende November 2023 berichtet hatte, habe der Iran mit Moskau einen Vertrag über die Lieferung russischer Suchoi SU-35-Kampfflugzeuge, Mi-28-Kampfhubschrauber sowie Transportflugzeuge für die iranische Armee abgeschlossen.

Die iranische Luftwaffe verfüge laut Reuters „nur über ein paar Dutzend Kampfflugzeuge“, darunter russischer und amerikanischer Bauart aus der Zeit vor 1979. Umgekehrt hat Putin für seinen Krieg in der Ukraine iranische Kamikazedrohnen vom Typ Shahed-136 in Teheran eingekauft.

Sollte die Lage im Nahen Osten eskalieren, ist nicht damit zu rechnen, dass sich Russland über Waffenlieferungen an Teheran hinaus dort einbringen würde. Dazu ist die Gefahr einer direkten Konfrontation mit den USA und eventuell mit europäischen NATO-Partnern, die Israel beispringen könnten, für Russland zu groß.

Ruf nach Bundeswehr für Israel

Dass dies keine Hypothese ist, zeigen die Rufe nach einem Einsatz der Bundeswehr an der Seite Israels vom Wochenende. Sowohl der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, der Diplomat Dr. Felix Klein, als auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter halten eine militärische Unterstützung Deutschlands für „gerechtfertigt“.

„Falls es zu einem Angriff des Iran auf Israel kommt und die israelische Regierung eine Bitte um militärische Unterstützung an Deutschland richtet, sollten wir uns dieser nicht verschließen“, erklärte Klein gegenüber der „FUNKE Mediengruppe“. Bei einem Angriff durch einen „staatlichen Akteur“ sei ein Eingreifen der Bundeswehr völkerrechtlich gedeckt.

„Angesicht der drohenden iranischen Attacke muss die Bundesregierung endlich aufwachen und Israel auch militärischen Beistand zur Abwehr anbieten“, forderte der CDU-Politiker Kiesewetter am Sonntag gegenüber dem „Spiegel“ und berief sich dabei auf die „deutsche Staatsraison“, wonach Israels Sicherheit durch Deutschland garantiert werden soll.

Merkels Versprechen

Hierzu ist anzumerken, dass der Begriff Staatsraison die Auslegung Roderichs eigentlich nicht hergibt. Der CDU-Politiker bezieht sich bei seiner Forderung an die Bundesregierung offensichtlich auf die Rede der vormaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Knesset am 18. März 2008 in Jerusalem.

Dort gab sie – schon damals in Hinblick auf den Iran – folgendes Versprechen ab: „Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar. Und wenn das so ist, dann dürfen das in der Stunde der Bewährung keine leeren Worte bleiben.“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der am Sonntag auf den fernen Philippinen einen militärischen Kooperationsvertrag abschloss, meldete von Manila aus, dass er „zumindest für den Moment“ einen Einsatz der Bundeswehr ausschließe. Vielmehr bereite sich die Bundeswehr auf Evakuierungsmaßnahmen für deutsche Bürger in der Region vor.

Experten halten „totalen Krieg“ für unwahrscheinlich

Experten des weltweit führenden britischen Forschungsinstituts für Militärpolitik „International Institute for Strategic Studies“ (IISS) halten in einer jüngst erschienenen Studie die Möglichkeit eines „totalen Krieges“ zwischen Israel und den Iran zwar für „denkbar“, kommen aber zu dem Schluss, dass es trotz der jüngsten Eskalation „erhebliche Einschränkungen für die Fähigkeit Irans und Israels, den Konflikt noch weiter zu eskalieren“ gebe.

Keine Seite verfüge „über ausreichende militärische Fähigkeiten, um einen dauerhaften und direkten Konflikt mit der anderen zu bekämpfen“, glauben die Beobachter aus London.

Beiden Staaten hätten ihre Streitkräfte in erster Linie darauf ausgerichtet, „keinen Krieg gegeneinander zu führen, sondern umfassendere strategische Ziele zu verfolgen: Israels Aufgabe ist es, sein Territorium und seine Grenzen vor feindlichen Nachbarn zu verteidigen, während Irans Aufgabe darin besteht, seine Regierung zu schützen“ und seine Macht in asymmetrische Konflikte zu projizieren.

Über den Autor:

Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.



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