Georgischer Traum gewinnt die Parlamentswahlen
In Georgien hat die aktuelle Regierungspartei Georgischer Traum die Parlamentswahl vom Sonnabend gemäß offiziellen Angaben gewonnen. Wie die Zentrale Wahlkommission in der Nacht zum Sonntag verlautbaren ließ, entfielen auf den Georgischen Traum nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Wahllokale etwas über 54 Prozent der Stimmen.
Vier „proeuropäische“ Oppositionsparteien, welche die Fünfprozenthürde überspringen konnten, erhielten demnach jeweils zwischen 8 und 11 Prozent, blieben damit in der Minderheit.
Prowestliche Opposition erkennt das Ergebnis nicht an
Die prowestliche Opposition erklärte, das Ergebnis nicht anzuerkennen und Protestaktionen zu starten. Am Wahltag waren Beschwerden über Unregelmäßigkeiten im ganzen Land eingegangen.
Die Opposition sprach von vielen Vorfällen dieser Art. Ins gleiche Horn blies Staatspräsidentin Salome Surabischwili, welche einen Sieg der proeuropäischen Opposition erklärte, während Regierungschef Irakli Kobachidse die Vorwürfe der Wahlfälschung zurückwies. „Unser Sieg ist offensichtlich“, sagte er.
Beherrscht wird der Georgische Traum vom reichsten Mann des Landes Bidzina Iwanischwili. Er erklärte bereits unmittelbar nach Schließung der Wahllokale die von ihm gegründete Regierungspartei Georgischer Traum zum Wahlsieger. Er beansprucht eine weitere Regierungszeit und sprach gegenüber seinen Anhängern trotz der schwierigen Lage des Landes von großen Erfolgen.
Der Georgische Traum kam 2012 ursprünglich als Pro-Europapartei an die Macht, ihr Kurs verschob sich aber zusehends Richtung Realismus, andere behaupten in Richtung Russland, was eine Verlangsamung der EU-Annäherung mit sich brachte. Ende 2023 erhielt Georgien dann aber den EU-Kandidatenstatus.
Das „russische Gesetz“
Flankiert von Massenprotesten im Frühling brachte die Regierung das an das russische „Agentengesetz“ erinnernde Gesetz zur Transparenz ausländischer Einflussnahme auf den Weg.
Dieser Schmähbegriff „russisches Gesetz“ trifft den Sachverhalt aber nur sehr unzulänglich, denn sowohl EU als auch USA verfügen über ähnliche Vorschriften, damit fremde Kräfte nicht mehr verdeckt die öffentliche Meinung beeinflussen können.
Allerdings ist die Ausgangslage in Georgien eine andere, denn die Kaukasusrepublik ist ein Hauptempfänger westlicher „Demokratieförderung“, denn von den knapp 3,7 Millionen Georgiern sind aktuell etwa 5.000 in sogenannten NGOs aktiv.
Georgien mit seiner geographischen Lage an der Ostküste des Schwarzen Meeres und als Anrainer des Südkaukasus, als strategische Pforte zwischen Russland und dem Iran, steht schon seit Langem im Brennpunkt der Interessen von Washington, Moskau und Brüssel.
Seit 1991 wurden die diversen Nachfolgestaaten der UdSSR, besonders diejenigen mit prorussischer Ausrichtung, von einem wahren Tsunami angeblicher Revolutionen und Volkserhebungen erschüttert.
Diesen vom Westen unterstützten Machtwechseln und Staatsstreichen war allerdings keine lange Lebenszeit beschieden. Sowohl die Orange Revolution in der Ukraine als auch die Rosenrevolution in Georgien galten inzwischen als gescheitert.
Georgien hat sich unter dem hitzköpfigen Präsidenten Saakaschwili mit dem Krieg um Ossetien selbst lange Zeit ins Abseits manövriert. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wurde 2014 ein Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, Moldau und Georgien unterzeichnet.
Dieses Vertragswerk löst in der Region neue Spannungen aus, die schon im November 2013 begannen, als der damalige, inzwischen gestürzte Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch, seine Unterschrift verweigerte. Dies führte zu den Protesten auf dem Maidan, der Flucht Janukowitschs, der Annektierung der Krim durch Russland und den anhaltenden
Kämpfen in der Ostukraine.
Georgiens Krieg gegen Russland 2008
Im August 2008 hatte die georgische Armee einen Krieg gegen Südossetien begonnen. Die Region hatte sich bereits im Zuge der Auflösung der Sowjetunion losgesagt. Nun wollte die Regierung in Tiflis das Gebiet wieder gewaltsam in sein Territorium integrieren.
Russland schritt damals ein, besiegte die georgische Armee innerhalb weniger Tage und marschierte sogar auf die Hauptstadt Tiflis zu. Damals war die in Sewastopol auf der Krim stationierte Schwarzmeerflotte Russlands an militärischen Aktionen gegen den Kaukasus-Staat beteiligt.
Die Regierung in Kiew musste damals hinnehmen, dass von ihrem Territorium aus kriegerische Aktionen gegen das befreundete Georgien stattfanden. Sewastopol war damals Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, obwohl die Krim damals noch zur Ukraine gehörte.
Die Fünfte Flotte der USA kreuzte damals vor Sewastopol, in Vorwegnahme der späteren geopolitischen Eskalation. Diese Erfahrung lässt der Regierung in Tiflis auch seine heutige prekäre geopolitische Lage deutlich werden, weshalb Georgien sich derzeit auch nicht den Sanktionen gegenüber Russland angeschlossen hat.
Ferner lehnte Tiflis ukrainische Forderungen ab, Georgien möge Russland angreifen, um so eine zweite Front zu errichten. Die georgische Regierung versucht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zu reizen. Zugleich kämpfen derzeit in der sogenannten Internationalen Legion auf ukrainischer Seite auch viele Georgier.
Neben Südossetien wird auch Abchasien, eine weitere von Georgien abtrünnige Region, von Moskau anerkannt, was den
Dabei folgt sie der Darstellung Moskaus, beim Krieg gegen die Ukraine gehe es um einen Kampf gegen „Nazis“. So erklärte Präsident Bibilow, den Faschismus lieber an den Grenzen zerschlagen zu wollen, bevor er sich im eigenen Land manifestiere.
Der Balkon Europas
Mit dem Vorstoß der EU in Richtung Kaukasus entsteht neuer geopolitischer Sprengstoff. Während Georgien dem Westen zugeführt werden soll, ist Armenien dabei, sich außenpolitisch von seinen historischen Schutzmächten Iran und Russland zu entfernen, während die Türkei und das boomende Aserbaidschan ihren Einfluss ausbauen.
Georgien betrachtet sich schon seit Jahrtausenden als der Balkon Europas. Ob eine Annäherung, gar eine Vollmitgliedschaft in der EU unserer Tage somit eine Lösung wäre, bleibt fraglich.
Allerdings bleibt der Südkaukasus nicht nur eine historische Wiege des heutigen Europas, sondern auch dessen Schicksal, aufgrund der geographischen Nähe. Es ist also im Interesse Brüssels, den Ereignissen dort eine größere Aufmerksamkeit zu widmen und eigene, außenpolitische Zielsetzungen, unabhängig von Washington, zu definieren.
Die Frage, ob Georgien zu Europa gehört, lässt sich am besten mit Paul Valéry beantworten, der einst darauf hinwies, dass Europa doch nur ein Kap Asiens sei.
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