Frank Hennig: „Klimadämmerung“ – Vom Ausstieg zum Abstieg in der Energiepolitik

Die Bürger haben ein Recht auf eine stabile, preiswerte und umweltverträgliche Energieversorgung. Weil die Verantwortlichen ein kaum durchschaubares System zwischen Energiewende und Klimaangst eingerichtet haben, stand uns Diplom-Ingenieur und Buchautor Frank Hennig Rede und Antwort in einem Interview. "Klimadämmerung" heißt sein neuestes Buch zu diesen Themen.
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"Ein sogenannter engagierter Klimaschutz wird dazu führen, dass kein Stein auf dem anderen bleibt." Frank HennigFoto: iStock
Von 28. Juli 2021

Herr Hennig, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte am 13. Juli in Berlin, die Neufassung des Klimaschutzgesetzes und „unsere neuen ambitionierten Klimaziele“ erforderten eine Anpassung der Analysen. Was sagen Sie dazu?

Die Energiewende ist dadurch gekennzeichnet, dass permanent Ziele und Gesetzlichkeiten verschärft werden und dies mit großer Detailtiefe. In diesem Fall meinte Altmaier die Prognose des künftigen Stromverbrauchs. Sein Ministerium war jahrelang der Illusion gefolgt, der Verbrauch würde sinken. Nun hat wohl jemand an der Tür geklingelt und Bescheid gesagt, dass die geplante Sektorenkopplung, also die Ausweitung der Stromanwendungen auf Mobilität und Wärme, den Verbrauch wird steigen lassen.

Das ist allen interessierten Beobachtern seit Jahren klar, nur eben den uns Regierenden offenbar nicht. Die Kanzlerin forderte dann auf dem „Tag der Wirtschaft“ beim BDI eine Prognose für 2030. Wer bisher dachte, die Energiewende folge einem ausgeklügelten Plan, sieht nun, dass wir weder den künftigen Verbrauch abschätzen können und damit auch nicht die künftige Erzeugung und auch nicht wissen, wo die gesicherte Leistung herkommen wird. Jedenfalls nicht von ständig breiter werdenden Ausbaukorridoren von Zufallsenergieerzeugern.

Was sagen Sie zu dem aktuellen Streit zwischen Altmaier und den Grünen über die Umverteilung oder Entlastungen von Zahlungen, um einen höheren CO2-Preis abzufedern?

Ein so genannter engagierter Klimaschutz wird dazu führen, dass kein Stein auf dem anderen bleibt. Verlierer werden, wie immer, die Ärmsten der Gesellschaft sein. Um das zu kaschieren, hängt man sich jetzt ein soziales Mäntelchen um und die Grünen sprechen von einem Bürger-Energiegeld.

Der Staat schröpft die Bürger über Strompreis und CO2-Steuer immer mehr, um dann nach Gutdünken Almosen zurück zu geben. Altmaier will eher durch den Einsatz von Steuergeld die Bürger entlasten, aber eben auch dieses ist das Geld der Bürger.

„In Hannover brannte ein Busdepot mit mehreren E-Bussen aus und nun dürfen keine E-Busse mehr in Hannover fahren. Gleichzeitig wird in Holland und auch hier diskutiert, E-Fahrzeuge wegen der Brandgefahr nicht in Tiefgaragen parken zu lassen aber der Hype um E-Autos muss ja weitergehen. In E-Autos und Ladesäulen werden jetzt Milliarden investiert und da wird es genauso ausgehen, wie mit den Atomkraftwerken, die man wegen der Gefährlichkeit und dem Atommüll jetzt nach und nach abschaltet.“ Was sagen Sie zu diesem Leserkommentar in unserer Zeitung?

Das Brandentstehungsrisiko von E-Mobilen ist statistisch nicht größer als bei anderen Antriebsarten. Die Folgen sind jedoch schwerwiegender, weil herkömmliche Löschverfahren mit Schaum und Wasser nicht ausreichen. Dann kommen Wassercontainer zum Einsatz, in die das Fahrzeug versenkt wird. Bei Bussen geht das natürlich nicht. Ich halte die Massenfertigung und den Einsatz von E-Mobilen, die eben noch nicht ausgereift sind, für verfrüht.

Nach einigen Jahren und Versuchen, E-Mobile auf dem Gebrauchtwagenmarkt abzusetzen, wird man merken, dass die dann technisch völlig veralteten Geräte kaum noch verkäuflich sind. Dann werden sie vermutlich frühzeitig entsorgt werden, hohe Subventionen sind verschwendet und der ökologische Fußabdruck wird noch größer.

Bei Bussen kommt hinzu, dass sie dauerhaft teurer bleiben werden und die Flotte der Verkehrsbetriebe größer sein muss, um die tägliche Fahrleistung zu schaffen. Durch irreal niedrige Grenzwerte oder Verbrennerverbote wird ihre Einführung politisch mit Gewalt durchgedrückt.

Die EU-Kommission strebt eine radikale Reduzierung der Fahrzeugemissionen bis 2035 an. Das wäre dann für die Autobauer das Stichdatum zum vollständigen Umstieg auf die Elektromobilität, denn nur reine E-Autos könnten die Brüsseler Vorgaben einhalten. Nach geltenden EU-Vorgaben darf die Neuwagenflotte eines Konzerns seit 2020 im Schnitt noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Dieses Ziel könnte bis 2030 um 60 Prozent sinken, bis 2035 dann um 100 Prozent. Die genauen Zielwerte gelten noch als umstritten. Ist das technisch überhaupt machbar und sinnvoll?

Technisch und ökonomisch sinnvoll ist es nicht. Die CO2-Vermeidungskosten dafür sind gigantisch. Für den Umfang der Pkw ist es sicherlich machbar, durch Subventionen vor allem in die Ladestruktur. Für den Schwerlast-, Baumaschinen-, Schienenverkehr auf Strecken ohne Oberleitung wie auch für die Binnenschifffahrt und den Luftverkehr wird es auch technisch nicht sinnvoll funktionieren.

Was die PKWs betrifft, so sagen alle optimistischen Energiewendestudien im Kleingedruckten, dass es künftig nicht mehr 48 Millionen von ihnen geben wird. Ob es dann ein Zweitwagenverbot geben wird oder sich die Anzahl der Fahrzeuge durch den hohen Preis verringert (wie früher können sich dann nur die Reichen ein Automobil leisten), ist noch nicht abzusehen. 

Ein anderer Leserkommentar verwies angesichts der Unwettervorkommen und vorhergehende Dürre-Schäden auf die Wettereinflüsse der Windkrafträder durch Verwirbelung der feuchten Luftmassen hin. Können Sie zu den gerade aufgetretenen todbringenden Unwettern etwas aus Sicht der vielgelobten Windräder sagen?

Politiker und Lobby versuchen, Windkraftanlagen als umwelt-, wetter- und klimaneutral darzustellen. Einzelne Anlagen würden in der Tat nur geringe Auswirkungen haben. Der exzessive Ausbau jedoch, Tausende von Anlagen, deren Anzahl noch vervielfacht werden soll, wirkt über die Bremsung und Verwirbelung des Windes und die Bodenversiegelung auf das regionale und weitergehend auf das ganze Klima in Europa. Amerikanische und chinesische Studien, auch unlängst das Helmholtz-Zentrum, haben nun die Auswirkungen bestätigt, treffen aber auf eine staatsoffizielle Mauer des Schweigens.

Generell gilt: Jegliche Naturenergie wird in natürlichen Kreisläufen verwendet. Entnimmt man in großem Umfang die kinetische Energie des Windes, hat das natürliche Folgen – Austrocknung des Bodens, Verminderung der Kühlwirkung des Windes, Wolkenbildung, mehr Hochdruckwetter durch gebremsten Druckausgleich, um nur einige zu nennen. Die Nebenwirkung: Windkraftanlagen verschatten sich gegenseitig und bringen pro Anlage immer weniger Ertrag.

Passt dazu Ihre im Buchtitel angegebene Prognose: Vom Ausstieg zum Abstieg in der Energiepolitik?

Es ist weniger eine Prognose als eine Zustandsbeschreibung. Wir sind bereits auf dem Abstieg. Viele namhafte Firmen, insbesondere der Schwerindustrie, bauen Personal ab und fahren die Investitionsquoten herunter, zum Beispiel die Aluminiumindustrie.

Andere wie die High-Tech-Firma Siltronic aus München, gehen mit dem Hinweis auf zu hohe Strompreise außer Landes. Generell machen das die Firmen eher geräuschlos, denn Manager und Aktionäre verdienen weiter, egal wo produziert wird. Verlierer sind die deutschen Arbeitnehmer, die dann auch keine Steuern mehr zahlen und Sozialabgaben liefern können.

Die Themen sind so kompliziert und werden durch dauernde Umbenennung und neue Zielvorgaben undurchschaubar. Was kann denn der einzelne Bürger tun, nicht nur um Durchblick zu erhalten, sondern auch um gehört zu werden? Nur warten auf den Absturz, um dann wieder einmal die Zeche zu zahlen?

Mein Buch ist einer von vielen Versuchen, Licht in die Energiewende-Dämmerung zu bringen. Den vollen Durchblick hat inzwischen niemand mehr, auch die Protagonisten der Energiewende haben ihn nicht und auch ich nicht. Alle Stakeholder, Politiker, Beamte, NGOs kennen sich nur auf ihren Feldern aus, niemand hat mehr den Gesamtüberblick und kann die vielen Wechselwirkungen der politischen Maßnahmen und der Unmenge an geltenden Gesetzen und Verordnungen einschätzen.

Die Bürger haben schlicht ein Recht auf eine stabile, preiswerte und umweltverträgliche Energieversorgung und sie müssen sich nicht mit Einzelheiten befassen, dafür sind Staat und Branchen zuständig. Bisher haben sie auch noch keinen negativen Erfahrungshintergrund, an permanent steigende Preise haben sie sich gewöhnt.

Um es platt zu sagen und ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Solange das Dschungelcamp streifenfrei läuft und die Büchse Bier im Kühlschrank kalt bleibt, wird es keine Unruhe unter der Bevölkerung geben. Die wenigen, die ahnen, was kommt, sollten permanent vor den Bürgerbüros ihrer Bundes- und Landtagsabgeordneten stehen und Druck machen, noch bevor die Unterdeckung im Stromnetz einschneidende Maßnahmen notwendig macht.

Herr Hennig, wir danken für das Gespräch.

Frank Hennig ist Diplom-Ingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung. Er arbeitete viele Jahre in Kraftwerken eines großen Stromunternehmens. Heute ist er freier Autor und als Referent in der technischen Fortbildung tätig. 

Klimadämmerung: Vom Ausstieg zum Abstieg – ein Plädoyer für mehr Vernunft in der Energiepolitik

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