Die Bedeutung der Landtagswahl in Brandenburg

Die am kommenden Sonntag stattfindende Landtagswahl in Brandenburg wird seit Wochen überschattet von einer umfassenden Debatte über die Migrationspolitik der Bundesregierung. Eine Analyse des aktuellen Stands.
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Landtag Brandenburgs in Potsdam mit der Flagge für Brandenburg (rechts).Foto: lesart777/iStock
Von 16. September 2024

Spezifische Landesthemen waren bereits bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen kaum noch auszumachen. Auch die hohe Wahlbeteiligung kann als Indiz dafür gewertet werden, dass Bundesthemen eine besondere Rolle spielen.

So befand eine Wahlanalyse von infratest dimap am Folgetag der Wahlen in den beiden neuen Bundesländern, dass die Bewertung der Politik von Olaf Scholz eine erhebliche Rolle gespielt habe.

Demnach seien nur 19 Prozent der Wähler in Thüringen und 17 Prozent der Sachsen der Meinung, dass Bundeskanzler Olaf Scholz ein guter Bundeskanzler sei. 73 und 74 Prozent befinden, dass Scholz der ihm zukommenden Führungsverantwortung nicht gerecht wird.

Das macht die bevorstehende Landtagswahl in Brandenburg zum letzten relevanten Stimmungsmesser vor den Bundestagswahlen im Herbst kommenden Jahres. Das Erstarken der AfD bestimmt die Wahlkämpfe in den neuen Bundesländern. So schrieb der „Deutschlandfunk“ Ende August: „Die drei Wahlen stehen unter besonderer Beobachtung, vor allem wegen des Umfragehochs der AfD.“

AfD soll um jeden Preis verhindert werden

Im Vorfeld der Landtagswahlen Anfang September äußerten sich gleich eine ganze Reihe relevanter Institutionen aus Politik, Kirche, Wirtschaft und Medien kritisch hinsichtlich der prognostizierten Erfolge der AfD.

So formulierte etwa Clemens Fuest, der Präsident des ifo Instituts, Sorgen über die wirtschaftlichen Folgen eines AfD-Erfolgs sowie eine Verschärfung des Fachkräftemangels und mögliche Insolvenzen, da die Partei als wirtschaftsfeindlich wahrgenommen werde.

Eine entscheidende Rolle im Wahlkampf zur Landtagswahl in Brandenburg 2024 spielt die Migrationspolitik. CDU und AfD fokussieren sich auf dieses Thema, während die SPD in eine Verteidigungshaltung geht, was die Politik der Bundesregierung in der Migrationsfrage angeht.

Zuletzt allerdings rückte der amtierende SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke am vergangenen Freitag von der bisherigen Linie des Bundeskanzlers in der Migrationsfrage ab. So sagte Woidke gegenüber einem Onlineportal:

„Dass wir Asylbewerber, für die ein anderes Land zuständig ist, hereinlassen und dann nicht mehr abschieben können, ist ein Irrsinn, den kein Bürger mehr versteht.“

Auch die CDU Brandenburgs forderte schärfere Grenzkontrollen und eine restriktivere Asylpolitik, ähnlich wie es der Parteivorsitzende Friedrich Merz zuletzt vorangetrieben hatte. Somit wird die These noch einmal untermauert, dass die neue Migrationspolitik der Ampelkoalition und der CDU die Landtagswahl in Brandenburg maßgeblich beeinflussen.

Eine Radikalisierung der AfD

Diese gemeinsame Konzentration aller relevanten Parteien auf das AfD-Thema „Migration“ führe zu einer Radikalisierung der AfD in Brandenburg, meinte jüngst der Extremismusforscher Gideon Botsch, Politikprofessor an der Universität Potsdam, gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa):

„Je schriller die Töne aus den demokratischen Parteien werden, insbesondere in Zuwanderungsfragen, und je absurder und hysterischer die vorgeschlagenen Maßnahmen werden, desto mehr radikalisiert die AfD ihre eigene Sprache.“

Die Debatte über Migration gewinnt auch an Bedeutung, vor allem wegen aktueller Herausforderungen wie einer wachsenden Anzahl an Asylbewerbern und einem damit verbundenen Druck auf die lokalen Infrastrukturen. Entsprechend positioniert sich die Brandenburger CDU als Alternative zur AfD, fordert Grenzkontrollen und spricht von einer Überforderung des Staates.

Von der Uckermark bis in die Lausitz

Gewählt wird der brandenburgische Landtag von der Uckermark im Norden bis nach Oberspreewald-Lausitz im Süden des Landes. Wahlberechtigt sind Brandenburger ab dem vollendeten 16. Lebensjahr. Damit sind etwa 2,1 Millionen der 2,5 Millionen Brandenburger aufgefordert, ihre Stimmen abzugeben.

Brandenburg ist vergleichsweise dünn besiedelt. So leben in Nordrhein-Westfalen mehr als sechsmal so viele Menschen auf einem Quadratkilometer und in Niedersachsen immer noch mehr als zweimal so viele Bürger.

Dass Brandenburg ein paar Wochen später wählt als Thüringen und Sachsen, liegt in der Historie des Landes begründet. So hatte Brandenburg schon 1990 zu einem anderen Zeitpunkt seinen Landtag gewählt als Thüringen und Sachsen. Die Wahlzyklen haben sich deshalb über die Jahrzehnte hinweg unterschiedlich entwickelt.

In Brandenburg ist die SPD traditionell besonders stark. 1994 errangen die Sozialdemokraten mit 54,1 Prozent die absolute Mehrheit der Stimmen, während CDU und PDS jeweils 18,7 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnten. Zwar verlor die SPD in den darauffolgenden fünf Wahlen kontinuierlich an Stimmen, lag aber 2019 immer noch um zehn Prozentpunkte vor der CDU, die auf 15,6 Prozentpunkte kam.

Die AfD wurde 2014 aus dem Stand mit 12,2 Prozent der Stimmen ins Landesparlament gewählt und konnte dieses Ergebnis fünf Jahre später fast verdoppeln.

Scheitert Grün an der Fünfprozenthürde?

In einer aktuellen Prognose der Forschungsgruppe Wahlen vom 13. September liegt die AfD mit 29 Prozent vor der SPD mit 26 Prozent. Die CDU bekäme 15 Prozent, das BSW 14 Prozent und die Grünen knapp 5 Prozent der Wählerstimmen. Weitere Parteien scheitern laut dieser Prognose an der Fünfprozenthürde, die Grünen müssen demnach noch bangen.

Die neue Wagenknecht-Partei tritt erstmals zur Landtagswahl in Brandenburg an. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bewies bereits in Thüringen und Sachsen, dass es durchaus in der Lage ist, aus dem Stand zweistellig abzuschneiden. Das BSW als Abspaltung der Linkspartei hat das Potenzial, die Regierungsbildung in Brandenburg zu erschweren, da die bisherige Koalition aus SPD, CDU und Grünen möglicherweise keine Mehrheit mehr erreichen kann.

Rein rechnerisch wird eine Regierungsbildung ohne die AfD schwierig werden. Hinzu kommt, dass alle anderen Parteien keine Koalition mit der AfD einzugehen bereit sind. Dies könnte zu komplexen Verhandlungen und dann zu möglicherweise neuen politischen Bündnissen führen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat zudem explizit betont, dass er nur im Amt bleiben will, wenn die SPD stärkste Kraft bleibt. Danach sehen die Prognosen aktuell allerdings nicht aus. Woidke erklärte wörtlich: „Mein Ziel ist es, gegen die AfD zu gewinnen – und wenn ich gegen die AfD verliere, bin ich weg.“

Dietmar Woidke geht All-In

Der amtierende Ministerpräsident hat hier alles in eine Waagschale geworfen. Damit unterstreicht der Sozialdemokrat noch einmal die besondere Bedeutung der Wahlen über die Grenzen Brandenburgs hinaus. Dietmar Woidke bestätigt damit die zentrale Rolle, welche das Abschneiden der AfD bei dieser Wahl spielt, was wiederum auch eine Verschiebung der politischen Landschaft in Brandenburg und möglicherweise ganz Deutschland andeuten könnte.

Anfang des Jahres befand das ZDF, dass die Politik der Bundesregierung der SPD in Brandenburg schade: „Das geringe Ansehen der Bundespartei zieht die SPD auch in ihrem Stammland hinunter.“

Die Wahllokale in Brandenburg öffnen am kommenden Sonntag um 8 Uhr. Um 18 Uhr werden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen die ersten Prognosen veröffentlicht.



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