Trump-Beben: Das ist nach Ampelscherben und Schadenfreude zu erwarten
Trump erwartet, dass Berlin die Hauptlast für die Unterstützung der Ukraine übernimmt. Denn für seine Wähler ist der Krieg in der Ukraine keine amerikanische Angelegenheit. Entweder Deutschland spurt, oder Trump handelt nach seinen Vorstellungen. Diese werden nicht nach dem Geschmack der bisherigen Mehrheit der Deutschen ausfallen. Wie wird sich die noch amtierende deutsche Regierung zu Trump positionieren?
Mitte Januar 2025 erst will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Kurz darauf, am 20. Januar, wird Donald Trump (Republikaner) in Washington, D. C. sein Amt als 47. US-Präsident aufnehmen. Gerade jetzt aber bräuchte Deutschland eine klare und feste Führung; im Land selbst und in Europa. Denn Trump wird keine Rücksicht auf deutsche Schwächen nehmen, auch Putin nicht– im Gegenteil.
„Die Deutschen sind schlecht“
Von Republikanern sind erste Bekundungen der Schadenfreude über den Zusammenbruch der Bundesregierung zu hören. Denn allzu oft haben sich die deutsche mediale Öffentlichkeit sowie alle politischen Parteien außer der AfD über Trump empört. Er weiß das ganz genau. So wie sich Trump bisher öffentlich gebärdet hat, wird er gerade die Deutschen bei seiner Außenpolitik ins Visier nehmen. Bereits 2017 soll er laut „Spiegel“ und „Deutsche Welle“ gesagt haben: „The Germans are bad, very bad“ („Die Deutschen sind schlecht, sehr schlecht“).
Und weiter: „Schauen Sie sich die Millionen Autos an, die sie in den USA verkaufen. Schrecklich. Wir werden das stoppen.“ Damals bezog er sich nur auf die deutschen Handelsüberschüsse. Jetzt könnte er auch einen Handelskrieg mit Deutschland anzetteln.
Im jetzigen Wahlkampf hat er sich Deutschland ständig vorgeknöpft und immer wieder die „verheerende“ Migrationspolitik der einstigen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf seinen Wahlveranstaltungen als Negativbeispiel angeprangert. Mit der deutschen Energiepolitik, die auf Windkraft und andere alternative Energiegewinnungsprojekte setzt, hat Trump ebenfalls abgerechnet. Stattdessen pries er amerikanisches Erdöl und Gas an, wovon er durch Fracking noch mehr fördern will.
Fracking kann extrem umweltschädlich sein. Denn mit dieser Methode wird mittels eines Gemisches aus Wasser, Sand und Chemikalien Gestein aufgebrochen, um dadurch an Erdöl- und Gasvorkommen zu gelangen, das anders nicht zugänglich wäre.
Genau mit solchen Vorhaben gewann er aber unter anderem seine Wähler. Also wird er dadurch bestärkt, weiterhin sein bisheriges „Feindbild Deutschland“ zu pflegen. Deshalb bedarf es dringend eines transatlantischen Neustarts seitens der Bundesregierung. Doch stellt sich nun die Frage: welcher Regierung?
Steinmeier denkt, Deutschland sei ein „starker Partner“
Gestern Morgen noch streckten Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Hand aus. Scholz gratulierte Trump zu seinem Wahlsieg und ließ über X den Wortlaut verbreiten. „Gemeinsam arbeiten Deutschland und die USA seit Langem erfolgreich zusammen, um Wohlstand und Freiheit auf beiden Seiten des Atlantiks zu fördern. Das werden wir zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger fortsetzen“, schrieb Scholz.
Auch Bundespräsident Steinmeier veröffentlichte seine Glückwünsche an Trump: „Sie können sich auf Deutschland als starken Partner an der Seite der Vereinigten Staaten von Amerika verlassen.“
Der „starke Partner“ wankte jedoch schon zum Zeitpunkt der hehren Worte des Bundespräsidenten. Und dieser wusste das bereits.
Wie also wird Trump mit solchen Beteuerungen umgehen? Er wird die Bundesregierung – die noch amtierende und die künftige – beim Wort nehmen. Von einer sich selbst als „starken Partner“ bezeichnenden Regierung wird er höhere Militärausgaben verlangen sowie deutsche Investitionen in den USA statt Exporte aus Wolfsburg. Geschieht dies nicht, wird er erneut mit dem Austritt der USA aus der NATO sowie mit Einfuhrzöllen drohen. Der deutschen Politik fliegt derzeit ihre notorische Ablehnung alles Republikanischen in den USA um die Ohren.
Europäische Skorpione
Weil sich die USA seit Langem, mindestens seit der ersten Amtszeit von Donald Trump (Januar 2017 bis Januar 2021), mit dem kommunistischen Regime in Peking anlegen und ihr sicherheitspolitisches Augenmerk längst auf dem Westpazifischen Raum liegt, brauchen sie Handlungsspielraum. Seit dem Zweiten Weltkrieg galt in der amerikanischen Politik die Doktrin, die USA müsse so viele Truppen unterhalten, wie es bedarf, um zwei Kriege gleichzeitig zu führen. Diese Doktrin ist aufgrund der hohen militärtechnischen Kosten nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Folglich möchten die neuen Militärstrategen in Washington achtzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Engagement in Europa deutlich verringern. Im Wahlkampf waren sich Wähler der Demokraten und der Republikaner darin einig: „Keinen Cent mehr für einen Krieg, der nicht der unsere ist.“ Damit ist in erster Linie der Kriegsschauplatz in der Ukraine gemeint, für manche aber auch der Konflikt im Nahen Osten zwischen Israel und seinen feindlichen Nachbarn. Seit dem Ersten Weltkrieg wird in den USA immer wieder neu darüber diskutiert, ob die Staaten Europas und des Nahen Ostens vergleichbar zu Skorpionen seien, die ständig übereinander herfielen. Zweimal hätten die USA dazu beigetragen, diese Skorpione „zurück in die Flasche zu packen“.
Schon unter dem noch amtierenden Präsidenten Joe Biden gab es Anzeichen dafür, dass es die USA leid sind, diese Skorpione sisyphos-gleich auseinanderzuhalten. Von Europäern angezettelt, seien die europäischen Staaten noch nie in der modernen Geschichte in der Lage gewesen, ihre eigenen Kriege selbst zu beenden, so der Tenor in politischen Kreisen und Thinktanks der amerikanischen Ostküste; vom Krieg im ehemaligen Jugoslawien in den Neunzigerjahren bis heute.
Es ist davon auszugehen, dass Trump dieses Problem anpacken wird. Folglich werden sich künftig alle Europäer nicht mehr wie selbstverständlich auf die amerikanische Militärkraft verlassen können. Vielmehr werden sie sich selbst um ihre Sicherheit kümmern müssen. Das würde auch bedeuten: sich mit Russland anders als bisher auseinanderzusetzen, entweder militärisch oder diplomatisch.
Orbán lädt EU ein, um über Trump zu beraten
Möglicherweise könnte zum jetzigen Zeitpunkt dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, dienstältester Regierungschef Europas und bis zum 31. Dezember auch noch Ratspräsident der EU, eine Schlüsselrolle für die Zukunft Europas zufallen: Berlin scheint handlungsunfähig und er ist als einziger europäischer Staatschef mit Trump befreundet. Gleichzeitig unterhält Orbán einen offenen diplomatischen Kanal zu Putin. Im Juli warb er bei einem von den meisten EU-Staatschefs gescholtenen Besuch in Moskau für Frieden in der Ukraine und traf sich mit Trump in Florida.
Während Berlin mit sich selbst beschäftigt ist, ergreift Orbán erneut die Initiative. Laut der Tageszeitung „Luxemburger Wort“ vom 6. November lädt der ungarische Ministerpräsident alle EU-Staatschefs sowie die Präsidentin der Europäischen Kommission – also alle seine Kritiker – nach Budapest ein, um über die Herausforderungen zu beraten, die sich für Europa mit einer erneuten Trump-Regierung ergeben.
Orbán, der bisher mehrfach von Trump als „herausragender Politiker“ gelobt worden ist, will für ein Umdenken im Umgang mit der Ukraine werben. Am 3. November bekräftigte er laut „Reuters“ erneut seine Ablehnung von Militärhilfe für die Ukraine. Orbán gab gegenüber der Presse bekannt, er gehe davon aus, dass Trump statt weiterer amerikanischer Militärhilfe rasch einen Kurs in Richtung eines Friedensabkommens zwischen Russland und der Ukraine einschlagen werde. Europa könne in solch einem Fall die Lasten des Krieges nicht allein tragen, sondern müsse sich Trumps Kurs anpassen. Es ist davon auszugehen, dass die meisten EU-Staaten dieser Analyse Orbáns nicht folgen werden. In der Konsequenz hieße dies, dass die wenig zahlungsfreudigen EU-Staaten die Hauptlast Deutschland überlassen würden.
Über den Autor:
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C., und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.
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