Corona-Krisenstab: Umfangreiche Zusammenarbeit mit der Deutschen Presse-Agentur
Bei der Auswertung der 600-Seiten langen Protokolle des Corona-Krisenstabes (KriSta) ist Epoch Times eine Notiz aufgefallen, die eine Zusammenarbeit der Bundesregierung beziehungsweise des Bundesgesundheitsministeriums mit der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) beschreibt.
Protokolliert wurde diese Zusammenarbeit im „Ergebnisprotokoll der 44. Sitzung des Gemeinsamen Covid-19-Krisenstabs von BMI/BMG“ vom 10. November 2020. Die Sitzung dauerte von 16:00 bis 17:35 Uhr. Neun Teilnehmer aus Ministerien, Ämtern und Behörden nahmen an der Sitzung teil.
In den Protokollen des KriSta heißt es hinführend zu besagter Zusammenarbeit mit dpa, dass das Bundesinnenministerium (BMI) darüber unterrichte, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) „die Funktion der Warn-App NINA neben dem bereits seit April bestehenden Corona-Kanal zu Ende November 2020 um die Darstellung lokaler Corona-Regeln in Kommunen erweitern werde.“
Dafür habe man, so erzählen die freigeklagten Protokolle weiter, einen Partner gefunden:
„Für die Umsetzung sei ein Redaktionsteam der dpa beauftragt worden. Das Redaktionsteam werde zum 18./19.11.2020 auch die Pflege des Corona-Kanals übernehmen, die aktuell noch durch BPA vorgenommen werde.“
Zu den von dpa gewünschten Aufgaben wird in den Protokollen vermerkt:
Dabei „solle auf bereits öffentlich zugängliche Informationen des BMG und RKI zugegriffen werden. Diese sollten in leichter Sprache aufbereitet werden mit einer Verlinkung auf die Ursprungs-Internetseiten von BMG/RKI.“
Und weiter heißt es in den Protokollen zur Zusammenarbeit mit dpa:
„Das Redaktionsteam der dpa im Auftrag des BBK wolle auch den Inhalt von Internetseiten von BMG und RKI nutzen, bspw. um Inzidenzzahlen zu ermitteln. Eine gesonderte Berichterstattung von BMG/RKI an das Redaktionsteam sei nicht vorgesehen. Für Verständnisfragen des Redaktionsteams zu Inhalten von BMG/RKI in Ausnahmefällen wird um die Nennung von Kontaktpersonen BMG/RKI gebeten.“
dpa übernimmt Außendarstellung der Corona-Maßnahmen
Zusammengefasst: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und das Robert Koch-Institut (RKI) beauftragen die unabhängige, einflussreiche Nachrichtenagentur dpa mit besonders wichtigen Elementen der Außenkommunikation in der Corona-Krise.
Hier sind grundsätzlich von beiden Seiten Interessenkonflikte auszuschließen. Aber geht das überhaupt, wenn dpa als Nachrichtenagentur ein wichtiger Multiplikator für Nachrichten ist? Wenn dpa Meldungen über einen „Ticker“ in eine große Anzahl von Redaktionen einspeist, die auf diesen Meldungen Artikel aufbauen?
Wenn eine Zeitung Nachrichtenleistungen der dpa in Anspruch nimmt, dann geht sie in aller Regel davon aus, dass diese Nachrichten unabhängig zustande kommen. Insbesondere was die Corona-Berichterstattung angeht, stellt dpa selbst hohe Ansprüche („Faktencheck bei dpa“) an seine Arbeit und definiert diese auf ihrer Website wie folgt:
„Gemeinsam gegen Desinformation – Der russische Krieg gegen die Ukraine, Corona-Pandemie und Migration: Verschwörungsmythen und gezielte Desinformations-Kampagnen stellen die Medien vor neue, große Herausforderungen. Lügen und Irrtümer sind weit verbreitet. Sie haben das Potenzial, die Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu gefährden. Als unabhängige Nachrichtenagentur und Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Medien sehen wir es als unsere Aufgabe, Standards im Bereich Factchecking zu etablieren und zu vermitteln. Unser Ziel ist es, das Format Faktencheck journalistisch voranzutreiben und damit den besorgniserregenden gesellschaftlichen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen.“
Strikt überparteilich und den Fakten verpflichtet
Die „Deutsche Presse-Agentur“ fühlt sich den „Fakten verpflichtet“. Und unmissverständlich erklärt die Agentur auch:
„Die dpa berichtet strikt überparteilich. Wir sind den Fakten verpflichtet, aber keiner politischen Richtung, keiner Religion oder Kultur, keiner Partei, keinem Unternehmen oder sonstigen Gruppierungen.“
Demgegenüber ist die „Deutsche Presse-Agentur“ allerdings unternehmerisch breit aufgestellt. Eine Reihe weiterer Dienstleitungen profitieren auch davon, dass die Agentur als weithin verlässlicher, neutraler „dpa-Basisdienst“ verstanden und vielfach von anderen Medien zitiert wird. Die größte Online-Enzyklopädie beschreibt den Einfluss von dpa. Der Agentur komme eine bedeutende Funktion in einem sogenannten „Agenda Setting“ zu:
„Seit Jahrzehnten sind ihm praktisch alle deutschen Rundfunkanstalten und Tageszeitungen angeschlossen, diese können somit ohne eigene Korrespondenten und Redakteure über Geschehnisse in aller Welt berichten.“
Das wirft Fragen auf hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, die von dpa nach Epoch-Times-Recherchen auch nicht kommuniziert wurde. Epoch Times fragte bei dpa nach.
„Streng getrennt von den redaktionellen Teams“
Nach etwa 24 Stunden antwortete ein Leiter der Konzernkommunikation von dpa:
„Vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir wie folgt beantworten können: Die dpa macht grundsätzlich öffentlich keine Angaben zu einzelnen Vertragsverhältnissen mit ihren Kunden. Die öffentliche Hand ist genauso Kunde der dpa wie tausende andere Medien, Unternehmen und Institutionen in Deutschland und im Ausland. Leistungen werden zu marktgerechten Preisen in Anspruch genommen.
Für die Befüllung der Corona-Warn-App mit Inhalten war bei der dpa der Bereich Custom Content verantwortlich. Custom Content ist die Content-Marketing-Einheit der dpa, die organisatorisch streng getrennt von den redaktionellen Teams arbeitet. Das heißt, es gibt keine Beschäftigten, die für beide Teams im Einsatz sind. Weitere Informationen zum Custom-Content-Angebot der dpa finden Sie hier. Die Zusammenarbeit resultierte aus einer Ausschreibung. ‚In leichter Sprache‘ bedeutet, dass wir Informationen so bereitstellen, dass sie auch von Menschen verstanden werden, die z. B. noch nicht lange deutsch sprechen oder Lernschwierigkeiten haben. Mehr dazu finden Sie auf unserer Website.“
Die Bundesregierung beziehungsweise das BMG werden vom Kommunikationsleiter der dpa gleichwertig als „Kunden“ definiert, welche Leistungen der dpa „zu marktgerechten Preisen in Anspruch genommen“ haben. Zudem erklärt dpa, dass sie auch Content-Marketing anbieten, also klassische Sparten von Werbeagenturen mit in ihrem Portfolio bedienen.
Keine Berührungspunkte der Teams untereinander
Diese dpa-Marketing-Texter – darauf wird in der Antwort explizit hingewiesen, arbeiten organisatorisch „streng getrennt“ von den „redaktionellen Teams“. Die freigeklagten Protokolle des Corona-Regimes sprechen allerdings durchgängig von „das Redaktionsteam der dpa“. Der Kommunikationsabteilung von dpa ist es wichtig, gegenüber Epoch Times zu erwähnen, dass es keine Beschäftigten gibt, die für beide Teams im Einsatz sind.
Die Protokolle des Krisenstabs schreiben an anderer Stelle zur grundsätzlichen Medien- und Öffentlichkeitsarbeit zur Corona-Zeit:
„BMG teilt mit, dass die bisherige Kommunikationsstrategie ständig überprüft wird. Sie ist ein wichtiger Bestandteil zur Bekämpfung der Pandemie. Herausforderung ist, sinnvoll zu informieren, ohne Panik zu schüren oder falsche Sorgen zu wecken.“
Im Krisenstab wurde die Zusammenarbeit mit dpa besprochen und welche konkreten Aufgaben man zukünftig an dpa vergeben will. Laut dpa soll dieser umfangreichen Projektierung eine Ausschreibung vorausgegangen sein. In den KriSta-Protokollen ist zur Idee so einer Ausschreibung im Vorfeld allerdings nichts protokolliert worden. Wer könnten hier die möglichen Mitbewerber gewesen sein? Die Budgetierung sei „zu marktgerechten Preisen“ erfolgt, teilte dpa gegenüber Epoch Times mit.
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