Annäherung zum Migrationsgipfel: CDU und FDP wollen Zuwanderung begrenzen
Im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz findet am heutigen Mittwoch der Migrationsgipfel statt. Der Bundeskanzler nimmt an der Konferenz der Länderchefs teil. Die Migrationspolitik soll wieder einmal zwischen Bund und Ländern neu verhandelt werden.
Besagte Konferenz findet seit dem 1. Oktober 2023 unter hessischem Vorsitz statt. Heute treffen sich die Ministerpräsidenten in Berlin. Der Bundeskanzler wird gegen 14 Uhr dazukommen, wenn es darum geht, die Finanzierung der Migration mit dem Bund neu zu verhandeln.
Offenbar ist bereits die Sprachregelung kompliziert. Während die einen Medien von einem „Migrationsgipfel“ schreiben, wird das Treffen an anderer Stelle „Flüchtlingsgipfel“ genannt. Ein Politikum?
Epoch Times fragte zunächst das Bundespresseamt, wie dort die offizielle Sprachregelung ist und erfährt, dass man sich auf keinen der Begriffe festlegen will. Zum offiziellen Wording heißt es: „Der Bundeskanzler nimmt an der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder teil und es geht um das Thema Migrations- und Flüchtlingspolitik.“
Als es 2022 um Versorgung von Ukrainern ging, sprach die Bundesregierung allerdings selbst schon einmal explizit von einem „Flüchtlingsgipfel“ – damals traf sich die Bundesinnenministerin mit Vertretern der Kommunen
Nicht der erste Migrationsgipfel
Als sich die Länder im November 2023 im Bundeskanzleramt zum wiederholten Mal mit Olaf Scholz trafen, um die Finanzierung der Migration zu verhandeln, einigte man sich auf eine ganze Reihe von Maßnahmen als Unterstützung für die Bewältigung des anhaltenden Zuwanderungszustroms. Vereinbart wurde beispielsweise, dass der Bund für jeden Asylerstantragssteller eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro zahlt. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 soll es, so die „Tagesschau“, eine Abschlagszahlung von 1,75 Milliarden Euro geben.
Beim vorangegangenen Migrationsgipfel im Mai 2023 hatte der Bundeskanzler zunächst eine Milliarde Euro Soforthilfe für die Länder zugesagt.
Das Treffen der Ministerpräsidenten mit dem Kanzler im November 2023 fand zwei Wochen vor dem von der Internetplattform „Correctiv“ ausgespähten und veröffentlichten sogenannten „Geheimtreffen“ statt, auf welchem Unternehmer, AfD- und CDU-Mitglieder und solche der WerteUnion im privaten Kreis einem Vortrag des Migrationskritikers Martin Sellner zum Thema Abschiebungen zuhörten.
Die „Correctiv“-Veröffentlichungen zu diesem Treffen sorgten Mitte Januar 2024 für eine Zäsur in der Frage der Migrationspolitik, nicht nur in Form einer Vielzahl von Großdemonstrationen „gegen Rechts“, sondern mutmaßlich auch die Haltung der Bundesregierung die Migrationsfrage betreffend:
Hatte der Bundeskanzler unter den Eindrücken der Wahlerfolge der migrationskritischen AfD in den alten Bundesländern Hessen und Bayern dem Spiegel ein Interview gegeben samt Porträt auf dem Titel mit dem Scholz-Zitat „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“, machte Scholz nach dem „Correctiv“-Bericht eine Kehrtwende: Die Bundesagentur für Arbeit will errechnet haben, dass Deutschland jedes Jahr etwa 400.000 Zuwanderer brauche, welche der Bundeskanzler beispielsweise in Indien anwerben wollte.
So, wie sich die Medien nicht einigen können, ob sie über einen Migrations- oder Flüchtlingsgipfel berichten, fällt es Politik und Medien schwer, eine nachvollziehbare Unterscheidung zwischen Flucht- und Arbeitsmigration vorzunehmen.
Obergrenzen neu verhandeln
Um 14 Uhr wird der Kanzler heute auf die Ministerpräsidenten treffen. Wie groß die Differenzen zwischen Bund und Ländern in der Migrationsfrage sind, lässt sich ganz konkret in Zahlen bemessen. Der dem linken Flügel der CDU zuzurechnende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst geht im Vorfeld des Migrationsgipfels mit der Migrationspolitik der Ampel ins Gericht und spricht von einer Obergrenze von 60.000 „Flüchtlingen“. Verglichen mit den vom Bundeskanzler anvisierten 400.000 Migranten könnte das durchaus eine unüberbrückbare Distanz in den Vorstellungen sein.
Aber meinen beide wirklich das Gleiche? Oder spricht Wüst hier nur von „Flüchtlingen“, also von Asylbewerbern, deren Zahl allerdings schon aus der asylrechtlichen Perspektive gar nicht begrenzt werden kann?
Dieses Missverständnis hat eine Ursache: Seit Beginn der Massenzuwanderung ab 2015 sind Asylbewerber immer wieder als Lösung für den demografischen Wandel verhandelt worden.
Dieter Zetsche, der damalige Chef der Daimler AG, sprach vor neun Jahren gar von einem potenziellen zweiten deutschen Wirtschaftswunder und ging davon aus, dass sich Asylbewerber aus Syrien und Afghanistan dauerhaft in Deutschland ansiedeln. Unterstützt wurde er dabei von Politikern wie Katrin Göring-Eckardt, hier stellvertretend für die Politik der Ampelregierung.
Ministerpräsident Wüst hatte am Dienstag bei Maischberger unter anderem erklärt, Deutschland laufe „sehenden Auges in eine totale Überforderung dieses Landes hinein“.
Mit Blick auf das heutige Treffen mit dem Bundeskanzler hatte Wüst in der Talkshow erklärt, dass auch 2024 davon auszugehen sei, dass der Migrationsdruck hoch bleiben werde. Eine seiner Begründungen dazu lautete: „Viele Systeme sind am Limit“. Weiter erklärte der Landeschef: „Noch so ein Jahr on top, immer noch mehr Menschen obendrauf, wird uns an die Grenzen dessen bringen, was überhaupt noch geht.“
Nun ist die Feststellung der Grenzen der Belastbarkeit durch die anhaltende Massenzuwanderung sicher keine neue Erkenntnis von Hendrik Wüst. Die Debatte geht mittlerweile ins zehnte Jahr, sie mag nur teilweise überlagert worden sein von der Corona-Politik und dem Ukrainekrieg samt all seiner Belastungen für die Bundesrepublik Deutschland.
Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst werden die Alarmmeldungen nicht entgangen sein, welche Vertreter der Städte und Kommunen auch aus dem vom ihm regierten Bundesland im Vorfeld des Städtetages in Köln geäußert hatten.
Städtetag schon in Vergessenheit geraten
Der Kanzler rügte den Städtetag dafür, immer nur die Kosten der Migration zu sehen:
„Wir dürfen unseren Umgang mit Fluchtmigration eben nicht auf finanzielle Fragen reduzieren, denn wer das tut, der spielt denen in die Hände, die mit dem Feuer des Ressentiments zündeln.“
Was Wüst und andere Ministerpräsidenten heute vortragen, ist also nicht neu. Städtetagspräsident Markus Lewe etwa hatte Anfang 2023 erklärt: „Die Notunterkünfte sind vielerorts inzwischen am Limit.“ Wüst hat diesen Satz bei Maischberger ein Jahr später einfach so ähnlich übernommen.
Aber Wüst ist nicht der Einzige, der sich im Vorfeld des Migrationsgipfels für eine spürbare Begrenzung der Zuwanderung einsetzt. Mit Stephan Thomae, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Fraktion, hat sich auch ein Vertreter der Ampel am Vortag des Gipfels kritisch gegenüber Migration aufgestellt.
Thomae stellte jetzt das pauschale Bürgergeld für Flüchtlinge aus der Ukraine infrage und gab damit einer Forderung der unionsgeführten Länder auf dem Gipfel Schützenhilfe.
Stephan Thomae möchte, dass die Ukrainer kein Bürgergeld mehr bekommen, stattdessen die geringer ausfallenden Leistungen für Asylbewerber:
„Inzwischen erkennt man, dass die im Vergleich zu anderen Aufnahmeländern niedrige Arbeitsquote der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland nicht nur mit Sprachbarrieren und auch Fragen der Kinderbetreuung zu tun haben könnte, sondern auch mit dem geringen Lohnabstand zwischen Bürgergeld mit der Wohnkostenübernahme und niedrigen Erwerbseinkommen.“
FDP sucht Verantwortung bei Putin
Auch beim FDP-Politiker verschwimmt die Unterscheidung zwischen Asylant und Arbeitsmigrant. Die Idee herrscht weiter vor, dass die Ukrainer ebenfalls zur Lösung eines demografischen Problems beitragen könnten und sollen.
Entsprechend erklärt Thomae weiter:
„Wir befürworten, dass Asylbewerber schneller eine Arbeitserlaubnis erhalten. Viele in Deutschland sind irritiert, wenn sie sehen, dass Menschen, die arbeiten könnten, zum Nichtstun gezwungen werden, weil sie der Staat vom Arbeiten fernhält. Und vermutlich wundern sich auch viele, die hier ankommen und arbeiten wollen, dass man sie es nicht lässt.“
Als Vertreter einer Regierungspartei sucht der FDP-Politiker eine Verantwortung für die etablierten Fluchtrouten auch außerhalb der Verantwortung der Bundesregierung. Für Stephan Thomae ist Wladimir Putin ebenfalls mitverantwortlich für das deutsche Migrationsproblem:
„Deutschland erlebt, dass Migration inzwischen als politisches Mittel instrumentalisiert wird, um die Widerstandskraft des Westens auf die Probe zu stellen und die demokratischen Staaten Europas zu destabilisieren“, sagt er mit Blick auf Russland und neue Fluchtrouten über den Osten gegenüber „Augsburger Allgemeine“.
Was Putin allerdings mit der Migrationspolitik der Ampelregierung zu tun hat, etwa wenn diese die sogenannte „Seenotrettung“ staatlich subventioniert oder weltweit in vielen Entwicklungshilfeländern neue Anreize für eine Zuwanderung nach Deutschland schafft – darauf bleibt Thomae eine Antwort schuldig.
Die Annäherung der FDP in Sachen Migrationspolitik an Positionen wie jene von Unionsvertretern wie Hendryk Wüst bleibt indes beachtenswert. Wie tragfähig diese Annäherung ist, bleibt weiter unklar. Ebenso die Frage, wie glaubwürdig die Äußerungen eines Hendrik Wüst sind, der als Vertrauter Angela Merkels galt, deren Migrationspolitik am Anfang der Massenzuwanderung stand und von der sich die CDU bis heute nicht distanziert hat.
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