Agrardiesel-Hammer: Wie teuer werden nun Lebensmittel?

Die Bauern sind sauer auf die Ampel. Mit dem Wegfall der Subvention für den Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung fühlen sich sich beim Sparkurs der Ampel härter berücksichtigt als andere Teile der Bevölkerung. Sie weisen darauf hin, dass die Ampelpläne zu einer Verteuerung der Lebensmittel führen. Wie teuer kann es für Verbraucher werden?
Auf einer Demonstration des Deutschen Bauernverbandes unter dem Motto «Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!» hält jemand ein Schild mit der Aufschrift „Finger weg vom Agrardiesel“ hoch.
Am Montag machten die Landwirte in Berlin ihrem Ärger über die Ampelpläne Luft. Lebensmittel werden nun teurer.Foto: Fabian Sommer/dpa
Von 23. Dezember 2023

Der Ärger bei den Bauern auf die Ampelkoalition ist groß. Am vergangenen Montag machten sie diesem dann auch am Brandenburger Tor Luft. 8.000 Landwirte waren dort mit gut 3.000 Traktoren nach Berlin gekommen, um gegen die Pläne der Bundesregierung zu demonstrieren, Subventionen wie den Agrardiesel und die Befreiung von der Kfz-Steuer ab dem kommenden Jahr zu streichen.

Für Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) war es keine leichte Aufgabe, an diesem Tag zu den angereisten Landwirten zu reden. Während der Minister sprach, waren Pfiffe, „Ampel weg“-Sprechchöre und der Krach eines Häckslers so laut, dass Özdemir nicht mehr zu verstehen war. Bauernpräsident Joachim Rukwied, der vorher die Ampelentscheidung massiv kritisiert hatte, musste eingreifen. „Wir kämpfen, aber wir kämpfen fair“, so Rukwied. Özdemir konnte weiterreden. Der Lärmpegel blieb aber trotzdem während der Rede hoch. Zu groß ist der Ärger über die Ampelpläne.

Mehrbelastung von einer Milliarde Euro im Jahr

Bisher können sich Landwirte von den gezahlten Steuern für Diesel von aktuell 47,04 Cent pro Liter 21,48 Cent pro Liter zurückerstatten lassen. Wenn diese jetzige Regelung wegfällt und die Kfz-Steuerbefreiung ebenfalls, dazu dann auch noch die CO₂-Steuer erhöht wird, dann bedeutet das nach Angaben von Rukwied für die Bauern eine zusätzliche Belastung von insgesamt einer Milliarde Euro pro Jahr. Das schlage „dem Fass den Boden aus“, sagte Rukwied auf der vom Bauernverband organisierten und von anderen Agrarverbänden unterstützten Demo.

Bauernpräsident Joachim Rukwied machte weiter deutlich, dass die Pläne der Ampel am Ende die Verbraucher treffen könnten, die dann für landwirtschaftlich erzeugte Lebensmittel tiefer in die Tasche greifen müssten. Darauf hatte Rukwied auch schon in einer Pressemitteilung kurz nach Bekanntgabe der Ampelpläne hingewiesen.

„Dieses Vorhaben ist eine Kampfansage an die deutsche Landwirtschaft und an uns Bauernfamilien. Die Bundesregierung hat offensichtlich kein Interesse an einer funktionierenden und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft in Deutschland“, so der Bauernpräsident. Die Landwirtschaft treffe die Entscheidung ins Mark. „Eine Streichung würde den Strukturwandel weitertreiben und die Lebensmittel deutlich verteuern.“ Zahlen nannte Rukwied allerdings nicht.

Pläne haben massive Auswirkungen auf Bauern

Tatsächlich kursieren sehr unterschiedliche Zahlen. Der „Bayerische Rundfunk“ zitiert einen Milchbauern. Simon Sedlmair aus dem Dachauer Land sagt, dass er allein durch eine Streichung der Agrardieselvergünstigung 13.000 Euro verliere. Andere sagen, es würden um die 2.000 Euro pro Jahr fehlen. Wieder andere sagen, sie müssten ihren Betrieb dichtmachen, wenn die Subventionen wegfielen.

Die überraschende Sparentscheidung der Ampel trifft Landwirte tatsächlich hart. Wie das Onlineportal „agrarheute“ schreibt, gehen den Bauern mit den Beschlüssen zehn Prozent der Subventionen verloren. Aus der landwirtschaftlichen Gesamtrechnung gehe hervor, dass die Bauern 8,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 an staatlicher Unterstützung erhalten hätten.

Staatliche Subventionen sind für Landwirte direkt einkommenswirksam. Ihr Anteil am Betriebsgewinn macht durchschnittlich 50 Prozent aus. Wenn nun zehn Prozent dieser Zuschüsse wegfallen, dann hat das massive Auswirkungen auf das Einkommen. Bei rund 256.000 Betrieben in Deutschland und einem Fehlbetrag von 900 Millionen Euro, so „agrarheute“, ergibt das ein Minus von 3.416 Euro pro Betrieb. Je nach Betrieb könne dies zweistellige Einkommensminderungen bedeuten oder „der Betriebsleiter arbeitet einen Monat umsonst“. Das sei alles andere als eine gerechte Lastenverteilung.

Lebensmittelpreise steigen minimal an

Die fehlenden Milliarden müssten nun von den Bauern gegenfinanziert werden. Daher erwartet auch „agrarheute“ steigende Lebensmittelpreise. Von diesen Entwicklungen wären vorwiegend ärmere Käuferschichten betroffen, da bei ihnen der Anstieg der Lebensmittelpreise, sei es auch nur verhältnismäßig wenig, mehr ins Gewicht fällt als bei einkommensstärkeren Gruppen.

Das Onlineportal „TableBerlin“ geht davon aus, dass die Lebensmittel im kommenden Jahr tatsächlich nur minimal steigen. Anhand öffentlich zugänglicher Daten hat das Portal die Preisanstiege einmal grob überschlagen.

So würde die Produktion eines Kilogramms Weizen im Schnitt 0,24 Cent teurer. Literaturangaben zufolge werden beim Weizenanbau, abhängig von der Bodenart, der Anbaumethode und der Feldgröße zwischen 33 und 120 Liter Diesel pro Hektar verbraucht. Im Durchschnitt sind das also 85 Liter.

Auf einem Hektar werden laut Bauernverband im Schnitt 7,6 Tonnen geerntet. Pro Kilogramm Weizen sind so 0,012 Liter Diesel nötig. Fällt die Subvention, bisher 21,5 Cent pro Liter, für den Agrardiesel weg, dann wird die Produktion eines Kilogramm Weizens um 0,24 Cent teurer.

Ein Kilogramm Weizenmehl, für das 1,3 Kilogramm Weizen benötigt werden, würde bei einer Weitergabe dieser Mehrkosten inklusive Mehrwertsteuer um rund einen Drittel-Cent teurer.

Milch pro Liter 0,38 Cent teurer

Komplizierter wird es allerdings beim Milchpreis. Legt man die Zahlen aus einer Studie des Umweltbundesamtes zugrunde, dann kommt man mit Futterproduktion und Fütterungstechnik zusammen auf einen Verbrauch von rund 0,016 Liter Diesel pro Liter Milch. Fällt der Agrardiesel nun weg, dann wäre die Herstellung eines Liters Milch ab dem kommenden Jahr um 0,38 Cent teurer. Der Preisanstieg würde bei Milch, aber auch bei Mehl, weniger als ein halbes Prozent betragen.

Einen Haken hat diese Rechnung allerdings: Es wird nur der Wegfall der Subventionierung des Agrardiesels berücksichtigt. Die Wirkung des Wegfalls der Kfz-Steuerbefreiung ist kompliziert zu berechnen. Hier variieren Anzahl und Nutzung bei den einzelnen Betrieben zu stark. Nachdem bei der Kfz-Steuer insgesamt etwa genau so viel gespart werden soll wie beim Agrardiesel, dürften die Mehrkosten über alle Betriebe hinweg allerdings ähnlich sein. Nimmt man also beide Kostensteigerungen zusammen, kommt man auf einen Preisanstieg von etwas weniger als einem Prozent.



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