AfD nicht im Präsidium vertreten: CDU setzt sich in Thüringen durch

Nach einem zweiten Anlauf ist es dem Thüringer Landtag gelungen, sich nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts zu konstituieren. In einer spannungsgeladenen Sitzung setzte sich CDU-Abgeordneter Thadäus König als Landtagspräsident gegen die AfD-Kandidatin Wiebke Muhsal durch. Die Wahl für die Vizepräsidenten löste aber sofort die nächste Kontroverse aus.
Die Thüringer AfD-Fraktion lässt ihre Abgeordnete Wiebke Muhsal für das Amt der Landtagspräsidentin kandidieren.
Die AfD-Abgeordnete Wiebke Muhsal scheiterte heute sowohl bei der Wahl zur Landtagspräsidentin als auch zur Vizepräsidentin.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 29. September 2024

Im zweiten Anlauf hat es nun geklappt: Der Landtag in Thüringen hat sich konstituiert. Zuvor musste das Verfassungsgericht in Weimar nach dem Eklat vom Donnerstag entscheiden, welche Regeln bei der Wahl von Landtagspräsidenten gelten.

In ihrem Beschluss gaben die Verfassungsrichter eine Art Leitfaden für den Sitzungsverlauf vor: So ist es den Abgeordneten gestattet, noch vor der Wahl des Landtagspräsidenten die Geschäftsordnung zu ändern, wie das Gericht entschied. Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) musste heute Vormittag die vorläufigen Schriftführer ernennen, die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen und die Tagesordnung, die von der bisherigen Landtagspräsidentin Mitte September vorgelegt wurde, zur Abstimmung zu bringen.

Streit um Änderung

Die AfD und Treutler hatten zuvor eine abweichende Rechtsauffassung vertreten. Hinsichtlich des Vorschlagsrechts bei der Wahl des Landtagspräsidenten trafen die Verfassungsrichter ebenfalls eine klare Aussage: „Die vorgesehene Regelung, die es allen Fraktionen erlaubt – und nicht nur der stärksten –, bereits im ersten Wahlgang Kandidaten für die Wahl des Landtagspräsidenten vorzuschlagen, verstößt nicht gegen das Verfassungsrecht.“

Alterspräsident Treutler zog dann punktgenau seine silberne Taschenuhr aus der Tasche, als wollte er sich versichern, dass es auch wirklich pünktlich beginnt. Dann eröffnete er die Sitzung.

Gleich zu Beginn machte der AfD-Politiker deutlich, dass er sich an den Beschluss des Verfassungsgerichts halten werde. Dann las er die dazu vor.

Der parlamentarische Geschäftsführer Andreas Bühl von der CDU beantragt die umstrittene Änderung der Geschäftsordnung des Landtags. Dabei soll eine Formulierung aus der Thüringer Verfassung übernommen werden: „Der Landtag wählt aus seiner Mitte einen Präsidenten.“ Das schränkt die AfD in ihrem Recht als stärkste Fraktion nicht ein, einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten, betont Bühl in seiner Einbringung. Gleichzeitig würde jedoch auch den anderen Fraktionen die Gelegenheit gegeben, Kandidaten ins Rennen zu schicken.

Genau diese Frage habe bereits in der vergangenen Legislaturperiode für Streit gesorgt. Damals habe die CDU der rot-rot-grünen Minderheitskoalition die Unterstützung für eine Änderung der Geschäftsordnung verweigert, die allen Fraktionen ein Vorschlagsrecht für das Amt des Landtagspräsidenten einräumen wollte. Die CDU habe dabei darauf gesetzt, nach der Landtagswahl stärkste Kraft zu werden und sich somit das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten zu sichern, so Braga.

So stimmten die Abgeordneten

Die Linke-Abgeordnete Budde wies darauf hin, dass ein Vorschlagsrecht nicht mit einem Benennungsrecht gleichzusetzen sei. Sie betonte, dass Gewohnheitsrecht und parlamentarische Traditionen nicht über der Verfassung stünden. Die SPD begrüßte den Vorstoß von CDU und BSW, das Vorschlagsrecht für alle Fraktionen zu öffnen.

Mit 55 Stimmen dafür und 32 Gegenstimmen aus der AfD wurde der Antrag am Ende angenommen. Die AfD schlug Wiebke Muhsal als Landtagspräsidentin vor. Gegen sie kandidierte der CDU-Abgeordnete Thadäus König. König konnte sich am Ende mit 54 Stimmen gegen Muhsal durchsetzen, die die 32 Stimmen ihrer Fraktion erhielt. Ein Abgeordneter enthielt sich.

König übernahm sodann die Sitzungsleitung vom Alterspräsidenten Treutler. In seiner Antrittsrede dankte der Landtagspräsident „aufrichtig für das Vertrauen“. Er sehe es als Freude und Ehre an, dieses Amt die nächsten fünf Jahre zu bekleiden.

Demokratie mit Austausch, Respekt und Anstand

Als erster Landtagspräsident, der den Großteil seines Lebens im wiedervereinigten Deutschland verbracht hat, sehe er sich als Vermittler zwischen Fraktionen, Legislative, Exekutive und Gesellschaft. Demokratie lebe vom Austausch, Respekt und Anstand. Er werde überparteilich für die Rechte aller Abgeordneten eintreten und Missachtung energisch rügen.

Nach seiner Rede wurde die Sitzung dann unterbrochen, damit die Landtagsverwaltung einen Wahlzettel für Wiebke Muhsal ausstellen kann, da sie nach ihrer Niederlage gegen König nun als Vizepräsidentin kandidieren wollte. Neben Muhsal von der AfD treten auch Steffen Quasebarth (BSW), Lena Saniye Güngör (Die Linke) und Cornelia Urban (SPD) für dieses Amt an. Die Geschäftsordnung sieht vier Vizepräsidenten des Landtags vor, was am Ende sicherstellen soll, dass jede Landtagsfraktion im Präsidium des Landtags vertreten ist.

Dass bei der Wahl für die Vizepräsidenten der heutige Zündstoff lauern würde, das war Beobachtern heute Vormittag recht schnell klar. Mit der Aufstellung von Wiebke Muhsal als Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin hatte die AfD den anderen Parteien den Fehdehandschuh hingeworfen. Zwar hatten Vertreter mehrerer Fraktionen im Vorfeld der Wahl erklärt, alle Landtagsfraktionen mit Ausnahme der CDU, die mit Thadäus König den neuen Landtagspräsidenten stellt, sollen einen Vizepräsidenten stellen.

Am Ende konnte Muhsal mit 32 Ja-Stimmen, 41 Nein-Stimmen und 14 Enthaltungen keine Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Steffen Quasebarth (BSW), Lena Saniye Güngör (Die Linke) und Cornelia Urban (SPD) wurden hingegen von der Mehrheit des Landtags gewählt.

„Fortsetzung der gescheiterten Ausgrenzungspolitik“

Auf X kommentierte Torben Braga, nachdem seine Fraktionskollegin Muhsal durchgefallen ist:

Theoretisch hätte der Landtag heute einen zweiten Wahlgang durchführen können. Auf die Frage des Landtagspräsidenten, ob die AfD-Fraktion dies wünschte, entgegnete Braga: „Nicht für den heutigen Tag.“ Damit behält sich die Fraktion vor, eine Wiederholung der Wahl in einer späteren Landtagssitzung zu beantragen.



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