AfD-Mitglied und im Staatsdienst? Söder will Vereinbarkeit prüfen lassen

Beamte und auch Mitarbeiter des öffentlichen Diensts mit AfD-Mitgliedschaft sind dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) offenbar ein Dorn im Auge. Er will prüfen lassen, ob ihre Entlassung rechtlich möglich ist.
Laut CSU-Chef Markus Söder werde die Union einer Veränderung der Schuldenbremse im Bundestag nicht zustimmen.
Archivbild: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder wünscht sich eine härtere Gangart gegen die AfD – auch gegenüber Staatsdienern.Foto: Peter Kneffel/dpa
Von 18. Januar 2024

Hat der bayerische Ministerpräsident und CSU-Parteichef Markus Söder bereits in den Wahlkampfmodus für eine mögliche Kanzlerkandidatur geschaltet? Auf den Gedanken könnte man angesichts der Fülle an Absichtserklärungen kommen, die der Franke zuletzt zu Protokoll gab.

Wie die „Zeit“ berichtete, planen Söder und die CSU offenbar, AfD-Parteimitgliedern in den Reihen des öffentlichen Dienstes und der Beamtenschaft das Leben schwer zu machen. Ginge es nach ihm, so müsse man in den kommenden Monaten überprüfen lassen, ob eine AfD-Parteimitgliedschaft sich überhaupt mit einer Beschäftigung im Staatsdienst vertrage. Diese Frage sei „als erstes“ zu klären, habe Söder bereits am 15. Januar nach einer Kabinettssitzung in München gefordert.

Potsdamer Remigrationstreffen erhöht Druck auf AfD

Söder bezog sich laut „Zeit“ unter anderem auf die Debatte um das Potsdamer Hotel-Treffen einer Handvoll AfD-Politiker mit zwei Mitgliedern der CDU-nahen WerteUnion, mit Privatpersonen und mit Martin Sellner, dem Vordenker der vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuften Identitären Bewegung (IB) in Österreich. Dabei war es auch um das Thema Remigration gegangen. Das auch von Steuergeldern unterstützte Recherchenetzwerk „Correctiv“ hatte das Meeting im November 2023 ausgespäht, aber erst am 10. Januar 2024 einen Artikel darüber veröffentlicht – just in der Hochzeit der bundesweiten Unternehmerproteste.

In dem Artikel war unter anderem von „Neonazis“ die Rede, die in Potsdam angeblich die „Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“ geplant hätten. Die betroffenen AfD-Teilnehmer stellen den Sachverhalt etwas anders dar: Ulrich Siegmund etwa, der AfD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Sachsen-Anhalt, sprach auf X von einem „riesengroßen Lügenmärchen“, das ersonnen worden sei, „um von den Zuständen in unserem Land abzulenken“.

Söder griff den Tonfall von „Correctiv“ trotzdem auf: Die „Deportationspläne“ der AfD würden darauf abzielen, „reihenweise millionenfach Deutsche quasi auszubürgern, die hier seit Jahrzehnten leben und die fester Bestandteil unserer Kultur, unseres Volkes sind“. Der infolge des „Correctiv“-Artikels immer lauter gewordenen Forderung nach einem AfD-Parteiverbot wollte sich Söder aber nicht anschließen:

Unabhängig von der Frage der Umsetzbarkeit entsteht doch der Eindruck, man möchte jetzt eine aufkeimende stärkere Partei einfach aus dem demokratischen Spektrum verbannen. Deswegen ist Verbot unserer Ansicht nach der falsche Weg.“

Jede Menge Schmähungen

Ihm wäre es lieber, so Söder, wenn die Ampelregierung in Berlin einen Politikwechsel vollziehe. Denn die AfD sei lediglich „eine parasitäre Gruppe“, die „nur Unzufriedenheit, vermeintliche Ungerechtigkeit“ ausnutze, „um dann damit Protest zu schüren“. Zudem bezeichnete er die Oppositionspartei als „Steigbügelhalter für Putin in Deutschland“, die wie keine andere Partei „so abhängig und eng verbunden“ mit Russland sei. „Die Folgen davon zulasten von Freiheit, demokratischer Grundordnung und Sicherheitsarchitektur müssten klar benannt werden“, sagte Söder. Als Gegenmodell habe der Ministerpräsident eine „Allianz der Mitte“ empfohlen, so die „Zeit“.

Söder hatte die AfD bereits Mitte Dezember 2023 in einem ZDF-Interview als „Feind“, „rechtsradikal“ und „Gefahr für die Demokratie“ gescholten, aber trotz der guten AfD-Umfragewerte seinen Wunsch nach Neuwahlen bekräftigt.

Beamtenbund Bayern: Parteibuch allein reicht nicht

Rainer Nachtigall, der Vorsitzende des bayerischen Beamtenbundes, stellte gegenüber „t-online“  klar, dass man Staatsdienern ihren Beamtenstatus nicht einfach wegen „politischer Anschauungen“ entziehen könne. Grundvoraussetzung sei, dass die Partei zunächst als „verfassungswidrig“ erklärt werde, denn die „Verfassungstreue“ sei „Voraussetzung jeglicher Einstellung“ im öffentlichen Dienst. Das werde „auch vor der Übernahme ins Beamtenverhältnis intensiv überprüft“.

„Hinzukommen müssten weitere Aspekte, wie insbesondere Übernahme von Funktionen innerhalb der Partei, verfassungsfeindliche Äußerungen oder sonstiges Verhalten, das eine verfassungsfeindliche Gesinnung aufzeigt“, betonte Nachtigall. Falls so etwas festgestellt werde, „stehe die gesamte Palette des Dienstrechts, von Disziplinarverfahren bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, zur Verfügung“.

Söder will öffentlich-rechtlichen Rundfunk abspecken

Nach Informationen des Nachrichtensenders ntv wehrt sich Söder nicht nur seit einigen Wochen gegen eine Erhöhung der Rundfunkgebühr 2025, sondern will nun auch „mindestens 20“ öffentlich-rechtliche Fernseh- und Hörfunksender abschalten, beispielsweise „One“, „Alpha“ oder „Tagesschau24“.

Am Rande der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Bad Staffelstein habe Söder zudem gefordert, die beiden kleinsten Landesrundfunkhäuser – „Radio Bremen“ und den „Saarländischen Rundfunk“ – in den nächstgrößeren Sendern NDR und SWR aufgehen zu lassen. Auch „arte“ und „3sat“ sollen nach den Vorstellungen Söders zusammengelegt und die Zahl der öffentlich-rechtlichen Orchester halbiert werden, um die Gebührenzahler nicht noch mehr zu belasten.

Anti-Bürokratie-Offensive

Aktuell macht sich der bayerische Ministerpräsident auch für einen beschleunigten Bürokratieabbau stark. In der „Bild“ forderte er unter anderem, ab sofort nicht nur ein älteres Gesetz, sondern gleich zwei davon zu streichen, sobald ein neues verabschiedet werde. Außerdem solle die Gültigkeitsdauer neuer Gesetze auf fünf Jahre beschränkt werden. „Danach überprüfen wir sie. Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, laufen sie aus“, sagte der CSU-Chef. Im Umweltrecht, bei Bauordnungen oder dem Denkmalschutz wolle er auch den Umfang der Vorschriften „nach dem Rasenmäherprinzip […] um 10 Prozent kürzen“.

Bereits im Dezember 2023 hatte sich Söder für eine siebenmonatige Wehrpflicht, für den Wiedereinstieg in die Kernkraft und wie CDU-Chef Friedrich Merz gegen eine Veränderung der Schuldenbremse ausgesprochen.

Kanzlerkandidatur in der Union offen

Die Menge an Ideen und Forderungen, die zuletzt aus der Münchener Staatskanzlei in relativ hoher Frequenz an die Öffentlichkeit drangen, könnte nicht nur mit akutem Handlungsbedarf zu tun haben. Womöglich geht es Söder auch darum, vor der Kür des Kanzlerkandidaten der Union, die nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Spätsommer 2024 stattfinden soll, eine gewisse Tatkraft zu demonstrieren.

Mit Friedrich Merz dürfte zwar der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag und Chef der großen Schwesterpartei CDU die größten Chancen auf eine Kanzlerkandidatur besitzen. Nach den Worten des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) soll Merz‘ Kandidatur sogar bereits feststehen: Immerhin stünden CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Markus Söder und er selbst schon hinter Merz.

CSU würde hinter erneuter Kandidatur Söders stehen

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) aber hatte die Union vor Weihnachten 2023 nach Angaben der „Tagesschau“ vor „verfrühten Debatten über die Kanzlerkandidatur gewarnt“. Ob er selbst Ambitionen hege, habe Wüst „bisher nicht geäußert, aber auch nicht dementiert“.

Ob Söder in der K-Frage vielleicht doch noch den Hut in den Ring werfen wird, steht ebenfalls bisher nicht fest. CSU-Generalsekretär Martin Huber hatte jedenfalls erst vor einer guten Woche bekräftigt, dass die Christsozialen im Fall einer Kandidatur Söders hinter ihm stehen werden.

Die Wähler würden auf Söder setzen

In Publikumsumfragen steht Söder seit Monaten regelmäßig vor Merz und Wüst. Nach einer aktuellen Erhebung des Forsa-„Trendbarometers“ für RTL und n-tv würde Söder bei einem hypothetischen Kanzler-Direktwahlduell gegen Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD) mit derzeit bundesweit 40 Prozent Zustimmung den höchsten Wert erzielen. Wüst käme auf 36 Prozent, Merz auf 28 Prozent. Scholz wäre in jedem Fall der Verlierer. Der Abstand zu Merz würde aber nur einen Prozentpunkt betragen. Wüst käme auf eine Differenz von elf Punkten, Söder sogar auf 13 Zähler Abstand.

Markus Söder hatte sich bereits vor der Bundestagswahl 2021 um eine Kanzlerkandidatur bemüht, war als Spitzenkandidat aber vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) überflügelt worden. Am Ende machte dann doch Scholz das Rennen. Sie alle vereint die Abneigung gegen die AfD: Keine im Bundestag vertretene Partei kann sich vorstellen, mit der Alternative für Deutschland zu koalieren.

Besonders der Thüringer AfD-Landesparteichef Björn Höcke zieht regelmäßig den Zorn seiner Gegner auf sich. Auch in Teilen der Bevölkerung scheint der Hass auf Höcke inzwischen so weit gediehen, dass sich weit mehr als eine Million Bürger offenbar einen Entzug bestimmter Grundrechte für ihn wünschen. Eine entsprechende Onlinepetition ist seit zwei Monaten auf der „WeAct“-Plattform der Bürgerbewegung „Campact“ einsehbar.



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