AfD beansprucht wichtige Gremienposten im Bundestag – ein komplizierter Streit

Nach der Verdoppelung ihrer Stimmen auf nun 20,8 Prozent fordert die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) ein Recht auf Gleichbehandlung durch die übrigen Parteien im Plenum. Mit der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 25. März 2025 werden 152 AfD-Abgeordnete die Interessen ihrer gut zehn Millionen Wähler vertreten.
„Ich kann nur hoffen, dass die anderen Fraktionen ihre Gangart gegenüber der AfD nicht fortführen, sondern zu einer demokratischen Auseinandersetzung übergehen“, hatte die Co-Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel bereits am Tag nach der Wahl auf der Bundespressekonferenz angemahnt. Als neu etablierte „Volkspartei“ sei die Partei immerhin zweitstärkste Kraft – „mit steigender Tendenz“ (Video auf YouTube).
Wie jüngst bekannt wurde, besteht die AfD deshalb unter anderem auf einem größeren Fraktionssaal. Bernd Baumann, der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, würde dafür gerne den Otto-Wels-Saal von der SPD übernehmen (Video auf YouTube). Der Saal war nach dem früheren SPD-Chef und NSDAP-Gegner Otto Wels (1873–1939) benannt worden.
Die um 86 Abgeordnete geschrumpfte SPD-Fraktion möchte das nicht hinnehmen. Nach den Worten Baumanns muss nun der Ältestenrat entscheiden.
AfD fordert erneut Vizeposten im Bundestagspräsidium
Baumann, Weidel und ihre Mitstreiter bestehen zudem auf einem Platz im Bundestagspräsidium. Dieser war der AfD aufgrund des Abstimmungsverhaltens der übrigen Fraktionen unter Missachtung des Paragrafen 2 (1) der Bundestagsgeschäftsordnung bei allen 26 Anläufen stets verweigert worden.
Der neue SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil hatte am Mittwoch angekündigt, dass die AfD auch bei einer neuen Bewerbung keine einzige Stimme der SPD erhalten werde: „Wir machen unsere Kreuze nicht bei Rechtsextremen“, so der Co-Bundesvorsitzende der SPD.
AfD hätte Anspruch auf Vorsitz in wahrscheinlich sechs Ausschüssen
So wie allen anderen Fraktionen steht der AfD grundsätzlich nicht nur die adäquate Teilnahme an den Sitzungen der bislang 25 ständigen Ausschüsse des Bundestags zu, sondern auch ein Teil der Ausschussvorsitze. Im Webarchiv des Bundestags heißt es dazu:
So wie sich die Zusammensetzung der Ausschüsse nach den Mehrheitsverhältnissen im Plenum richtet, steht auch den einzelnen Fraktionen entsprechend ihrer Stärke eine bestimmte Anzahl von Vorsitzendenstellen zur Besetzung zur Verfügung.“
Nach Angaben von n-tv geht der Vorsitz des vielleicht wichtigsten Ausschusses, nämlich jenem für den Haushalt, traditionsgemäß an einen Vertreter der größten Oppositionspartei. 2017, als die AfD diese Rolle schon einmal innehatte, fiel die Aufgabe dem Diplom-Kaufmann und Diplom-Informatiker Peter Boehringer zu. Schon damals sei er aber nicht einstimmig gewählt worden.
Widerstand der übrigen Fraktionen
Gemäß Paragraf 58 der Geschäftsordnung müssen die Ausschüsse „ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter nach den Vereinbarungen im Ältestenrat“ bestimmen. Das hatte aus Sicht der AfD schon 2021 nicht geklappt.
Damals hätte die blaue Partei eigentlich drei solche Vorsitze bekommen müssen, nämlich in den Ausschüssen für Inneres, Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit. Nun würden der blauen Partei wegen ihrer aufs Doppelte angewachsenen Größe gemäß dem vorgeschriebenen Prozedere sogar sechs Vorsitzposten zustehen.
Doch auch dieses Mal ist davon auszugehen, dass das darauffolgende „Zugriffsverfahren“ zwar die sechs Vorsitzendenposten für die AfD bestätigen, die Kandidaten aber erneut von den anderen Fraktionen nicht gewählt werden. Die sechs vakanten Ausschussvorsitze könnten somit faktisch erneut von Stellvertretern aus den anderen Parteien übernommen werden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied am 18. September 2024, dass die Ausschüsse die Entscheidung über ihre Vorsitzenden selbst in freier Wahl treffen dürften und nicht verpflichtet seien, einem Kandidatenvorschlag zu folgen.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Mai 2024 geurteilt, dass die Einstufung des AfD-Bundesverbandes durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ und die darauf beruhende bisherige Beobachtung rechtens seien. Die Partei wehrt sich auch auf juristischem Wege gegen die Zuschreibung – bislang ohne Erfolg.
Seit Monaten steht zudem eine Neubewertung durch das BfV aus, die Gesamtpartei als „gesichert extremistisch“ hochzustufen.
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