Weltrekorde im Marianengraben: Tiefste Meeresbergung der Welt und neue Arten

Zum vierten Mal ist die Five Deeps Expedition erfolgreich auf den Grund eines der fünf Ozeane der Welt getaucht. Das Ziel der vierten Mission war es, den tiefsten Punkt auf dem Planeten Erde zu erreichen: dem Challengertief im Marianengraben.
Titelbild
Die Mitglieder der Five Deeps Expedition absolvierten erfolgreich die vierte Mission zum Grund des Marianengrabens. Dabei stellten sie nicht nur alte Rekorde ein, sondern entdeckten auch neues Arten von Meereslebewesen.Foto: Reeve Jolliffe | Five Deeps Expedition
Epoch Times17. Mai 2019

Victor Vescovo, Initiator der Five Deeps Expedition, stellte nun einen neuen Tieftauchrekord auf und ist der erste Mensch, der mehrere Tauchgänge in seinem Tauchboot „DSV Limiting Factor“ zum tiefsten Punkt der Erde durchführe. Bei der Expedition erreichte der Wissenschaftler eine Maximaltiefe von 10.928 Metern und übertrifft mit 16 Metern den vorherigen Rekordhalter.

Victor Vescovo löst James Cameron ab

Der letzte Besucher auf dem Grund des Challengertiefs war 2012 der Filmemacher und Entdecker James Cameron. In seinem Tauchboot, der „Deepsea Challenger“, erreiche er eine Tiefe von 10.908 Metern.

Victor Vescovo im DSV Limiting Factor beim Steuern durch den Marianengraben. Foto: Atlantic Productions for Discovery Channel | Five Deeps Expedition

Vor Camerons Tauchgang reiste bereits Don Walsh, Oberleutnant der US Navy zusammen mit dem Schweizer Wissenschaftler Jacques Piccard im Jahre 1960 mit ihrem Tauchboot „Trieste“ in 10.916 Metern Tiefe. Sowohl die Trieste als auch die Deepsea Challenger stiegen nur einmal auf den Grund des Challengertiefs hinab.

Acht Tage, vier Tauchgänge, mindestens zwei Weltrekorde

Zwischen dem 28. April und dem 5. Mai 2019 absolvierten die Forscher im Limiting Factor vier Tauchgänge auf den Grund des Challengertiefs. Zusätzlich reisten sie in ihrem vorerst letzten Tauchgang am 7. Mai 2019 auf den Grund des Sirena-Tiefs. Dieser befindet sich ebenfalls im Marianengraben, etwa 200 Kilometer nordöstlich des Challengertiefs.

Das Mutterschiff DSSV Pressure Drop im Pazifischen Ozean. Foto: Tamara Stubbs | Five Deeps Expedition

Der erster Tauchgang am 28. April 2019 führte Vescovo im Alleingang zum Grund des Challengertiefs bis auf 10.928 Metern unter Null. Laut den Forschern und ihren Berechnungen sei dies der tiefste Tauchgang eines Menschen in der Geschichte. Etwa vier Stunden (248 Minuten) erkundete Vescovo den Boden des Grabens.

In einem zweiten Tauchgang am 1. Mai 2019 reiste der Amerikaner erneut allein auf den Grund des Marianengrabens. Dieses Mal führte er in drei Stunden (217 Minuten) umfangreiche Erkundungen im südlichen, felsigen Bereich des Grabens durch. Begleitet wurde er dabei von einem Tauchroboter, den sein Team vom Mutterschiff „DSSV Pressure Drop“ aus steuerte und versehentlich im Boden des Grabens festfuhr.

Eine Unterwasseraufnahme des Tauchbootes DSV Limiting Factor vom Boden des Tiefseegrabens. Foto: Atlantic Productions for Discovery Channel | Five Deeps Expedition

Tiefste Meeresbergung der Welt in knapp 11.000 Metern unter Null

Um den festgefahrenen Roboter wieder zu bergen, schickte das Team zwei Tage später den Piloten und Erbauer des DSV Limiting Factor Patrick Lahey und Jonathan Struwe, einen deutschen Schiffsingenieur in die Tiefe. Dies war die tiefste maritime Bergungsoperation, die je durchgeführt wurde.

Der Roboter wurde dabei vom bemannten Tauchboot aus seinem 10.927 Meter tiefen Gefängnis befreit und geborgen. Gleichzeitig bestand das Tauchboot DSV Limiting Factor auch alle Qualifikationstests und erhielt die kommerzielle Zertifizierung durch die Klassifikationsgesellschaft DNV GL. Dies macht das Tauchboot zum ersten vollseetauglichen Unterwasserfahrzeug, das den kommerziellen Sicherheitsstandards entspricht.

Nach etwa 2,5 Stunden (163 Minuten) erreichte der DSV Limiting Factor die Meeresoberfläche zusammen mit dem geborgenen Roboter.

Der DSV Limiting Factor wird für einen neuen Tauchgang vorbereitet. Foto: Tamara Stubbs | Five Deeps Expedition

Vermessung des Grabens und Sammlung von Proben

Während des vierten Tauchganges am 5. Mai widmeten sich Patrick Lahey und sein Kollege John Ramsay, Designer des DSV Limiting Factor, der Videovermessung des Marianengrabens. Weiterhin sammelte das Team sowohl vom Tauchboot, als auch von den Landungsbooten aus biologische Proben für spätere wissenschaftliche Analysen. Schwerpunkt der Untersuchung waren die Nord- und Südränder der Subduktionszonen im Challengertief.

Am 7. Mai 2019 erforschten die Wissenschaftler das Sirena-Tief im Marianengraben. Zusammen mit Dr. Alan Jamieson, dem leitenden Wissenschaftler, reiste Victor Vescovo auf den Grund des Grabens. Dabei konzentrierten sie sich auf geologische und biologische Videountersuchungen und der Sammlungen derartiger Proben.

Bei den Tauchgängen sammelten die Forscher einige Proben aus dem Marianengraben. Rob McCallum mit einem Becher voll Wasser vom tiefsten Punkt der Erde. Foto: Reeve Jolliffe | Five Deeps Expedition

„Es ist fast unbeschreiblich, wie aufgeregt wir alle darüber sind, das erreicht zu haben“, sagte Vescovo nach seiner Ankunft in Guam in einer Pressemitteilung.

„Dieses U-Boot und sein Mutterschiff, zusammen mit seinem außergewöhnlich talentierten Expeditionsteam, brachten die Meerestechnik auf ein beispielloses neues Niveau, indem es – schnell und wiederholt – in die tiefste Region des Ozeans tauchte. Wir haben das Gefühl, dass wir gerade eine mächtige Tür geöffnet haben, um jeden Ort im Meer, das zu 90 Prozent unerforscht ist, zu jeder Zeit entdecken und besuchen zu können.“

Teil der Mission war es, den Marianengraben neu zu vermessen und zu kartieren. Foto: Five Deeps Expedition

Unter den Augen des ehemaligen Rekordhalters Don Walsh

An Bord des Mutterschiffs DSSV Pressure Drop befand sich außerdem der legendäre amerikanische Ozeanographen und Entdecker Dr. Don Walsh, der 1960 als einer der ersten Menschen in den Marianengraben tauchte. Damals erreichte Walsh eine maximale Tiefe von 10.916 Metern.

„Victor Vescovos Phantasie und Neugierde; Triton Submarines technische Brillanz und die hervorragende Leistung der Offiziere und der Besatzung des Mutterschiffes Pressure Drop trafen aufeinander, um diese Expedition zu einem großen Erfolg zu machen. Und ich war da, um es zu sehen“, sagte Walsh.

Victor Vescovo nimmt nach seinem vollendeten Tauchgang die Glückwünsche Don Walsh entgegen. Foto: Reeve Jolliffe | Five Deeps Expedition

„Vor fast sechs Jahrzehnten waren Jacques Piccard und ich die ersten, die in das Challengertief, den tiefsten Ort im Weltmeer, eingetaucht sind. Im Jahr 2012 machte James Cameron dort dann einen Solotauchgang. Und jetzt, 2019, war der tauchfähige Limiting Factor der Five Deeps Expedition der Dritte.“

Die Crew wartet gespannt auf das Auftauchen des DSV Limiting Factor. Foto: Reeve Jolliffe | Five Deeps Expedition

Walsh fuhr fort: „Diesmal war es eine beeindruckende Glanzleistung, das das Team die Tauchgänge in nur acht Tagen viermal wiederholte. Dies war ein Beweis für die Systemzuverlässigkeit und Betriebseffizienz, die bei der Erforschung der tiefsten Stellen der Ozeane noch nie zuvor erreicht wurden. Ich bin stolz und geehrt, dass ich eingeladen wurde, Teil von Victors Team zu sein, als es im Challengertief Weltgeschichte schrieb.“

DSV Limiting Factor beim Auftauchen nach dem ersten absolvierten Tauchgang zum tiefsten Punkt der Erde. Foto: Tamara Stubbs | Five Deeps Expedition

Sorgfältige Auswahl des Tauchplatzes

Wie bei jedem anderen vorangegangenen Expeditions-Tauchgang hat das Team das Operationsgebiet vorher mit einem Kongsberg EM124 Sonar umfassend vermessen und kartiert, um die gewünschten Tauchplätze zu lokalisieren.

Unten angekommen, verbrachten Vescovo oder das zweiköpfige Tauchteam aus Pilot und Spezialist in der Regel mehrere Stunden am Boden, um ihre Vermessungs- und Wissenschaftsmissionen durchzuführen. Dabei entdeckten die Wissenschaftler mindestens drei neue Arten von Meerestieren, darunter eine Art langgezogener Amphipoden (Flohkrebse).

Während der Tauchgänge im Marianengraben entdeckten die Forscher drei neue Meerestierarten. Foto: Atlantic Productions for Discovery Channel | Five Deeps Expedition

Im Durchschnitt benötigte das Tauchboot 3,5 Stunden, um den Boden des Challengertiefs zu erreichen und 3,5 Stunden, um wieder aufzusteigen. Die durchschnittliche Gesamtdauer der Mission betrug elf bis zwölf Stunden, einschließlich einer Stunde für das Starten und Bergen des Tauchbootes.

Mit etwa zwölf Stunden liegt die Betriebszeit somit deutlich unter den Fähigkeiten des Tauchboots. So wären die Forscher im Notfall in der Lage gewesen, zu zweit etwa vier Tagen an Bord des DSV Limiting Factor zu überleben.

Victor Vescovo neben dem DSV Limiting Factor. Foto: Tamara Stubbs | Five Deeps Expedition

Ein „Quantensprung in den Fähigkeiten eines bemannten Tauchbootes“

Patrick Lahey, Erbauer des Tauchbootes und Präsident von Triton Submarines äußerte sich erfreut über die geglückten Missionen: „Unsere Tauchgänge im Marianengraben zeigen, dass wir unser Ziel erreicht haben. Die Triton 36.000/2 („LF“) stellt einen Quantensprung in den Fähigkeiten eines bemannten Tauchbootes dar, und jeder bei Triton ist sehr stolz darauf, das Privileg und die Gelegenheit gehabt zu haben, ein so bemerkenswertes Schiff zu bauen, was nur durch die unerschütterliche Unterstützung und Vision von Victor Vescovo möglich war“.

Vier Tauchgänge – vier Erfolge. Foto: Reeve Jolliffe | Five Deeps Expedition

„Es war eine monumentale Woche für die Erforschung des Ozeans. Wir haben Weltrekorde gebrochen und eine Reihe von Weltneuheiten erreicht. Am wichtigsten ist, dass wir die Tür zur letzten Grenze geöffnet haben – der Erforschung der Hadalzone und der Funktionsweise der tiefsten Teile der Weltmeere“, sagte Rob McCallum von EYOS Expeditions, dessen Unternehmen die Expedition leitet.

„Dieses Fahrzeug ist effektiv und zuverlässiger und kann uns in jede Tiefe, in jeden Ozean transportieren. Während dieser Expedition haben wir über 110 vertikale Kilometer zurückgelegt und die Fähigkeiten eines Fahrzeugs bewiesen, das eine Plattform für Wissenschaft, Filmherstellung und die Erforschung verborgener Nischen der Erde sein wird“, fügte McCallum hinzu.

Rob McCallum bei den Vorbereitungen im Mutterschiff DSSV Pressure Drop. Foto: Reeve Jolliffe | Five Deeps Expedition

Nächster Halt: Tonga Graben im Südpazifik

Die nächste Station der Five Deeps Expedition ist das Horizontief im Tongagraben im Südpazifik. Der Tongagraben ist mit bislang gemessenen 10.882 Metern der zweittiefste Meeresgraben der Welt. Aufgrund des geringen Unterschieds der gemessenen Tiefen zwischen Challenger- und Horizonttief wollen die Forscher nun herausfinden, ob der Tongagraben tatsächlich nur der Zweittiefste im Pazifik ist oder ob er tatsächlich tiefer als der Marianengraben ist.

Nachdem der Tauchgang im Tongagraben abgeschlossen ist, wird das Five Deeps Expedition Team noch einmal einen Zwischenstopp im Puerto Rico-Graben einlegen, bevor sie sich auf den Weg zum fünften und letzten „Deep“-Tauchgang der Gesamtexpedition machen. Dieser soll Ende August im Molloytief im Arktischen Ozean der krönende Abschluss sein.

Bei der erneuten Mission im Puerto Rico-Graben wollen die Forscher wissenschaftliche Tauchgänge an einem Ort durchführen, der zum ersten und letzten Mal 1964 vom französischen Tauchboot Archimède besucht wurde. (ts)

Die Stationen der Five Deeps Expedition im Überblick. Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Five Deeps Expedition



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion