Die sagenhafte Welt von Mykene noch bis Juni 2019 in Karlsruhe

Tapfere Helden, goldenes Geschmeide und Kyklopenmauern - Karlsruhe lässt das frühe Griechenland aufleben. Die größte Mykene-Schau seit langem wurde nun durch griechisch-deutsche Kooperation möglich.
Titelbild
Goldene Grabmaske aus Mykene in der Schau in Karlsruhe.Foto: Uli Deck/dpa
Epoch Times1. Dezember 2018

1876 entdeckte Heinrich Schliemann ein Grab, dass es in sich hat. Reich ausgestattet trat der Tote einst seine letzte Reise auf dem Weg in das Jenseits an. Auf seinem Gesicht eine goldene mondförmige Maske, auf der Brust eine goldene Platte, um ihn herum Bronzeschwerter, goldene und silberne Kelche sowie Alabastervasen.

Was dem deutschen Ausgräber im griechischen Mykene fast den Atem raubte, war der Zustand des Körpers: „wunderbar erhalten“, fast mumienartig, schwärmte er. So hat sich der Homer-Fan Agamemnon vorgestellt, den Anführer der Griechen im Trojanischen Krieg.

Nun ist die Maske aus der Zeit um 1600 vor Christus erstmals in Deutschland zu sehen. Sie ist ein Highlight der großen Mykene-Schau „Die sagenhafte Welt des Agamemnon“ ab heute im Karlsruher Schloss (bis 2. Juni 2019).

Funde aus frühmykenischen Tholosgräbern aus dem 15. Jahrhundert vor Christus. Foto: Uli Deck

Schliemanns Sensation entpuppte sich als Fehlinterpretation

Doch Schliemanns Begeisterung wurde nicht von seinen griechischen Kollegen geteilt. Zumal einen Tag später ein Grab mit einer anderen Goldmaske entdeckt wurde. Diese ist filigraner gearbeitet und zeigt ein bärtiges Gesicht – und soll als sogenannte „Maske des Agamemnon“ in die Geschichtsbücher eingehen.

Dabei kann jedoch keine der Masken vom homerischen Helden sein, insofern es ihn je gegeben hat. Wissenschaftler datieren den Trojanischen Krieg heute auf etwa 1200 vor Christus, berichtet Katarina Horst, die Kuratorin der Schau. Die Masken sind allerdings 400 Jahre älter.

Dennoch stehen beide Masken für den Mythos und markieren den Auftakt der Schau. Sobald der Besucher den historischen Abguss des gewaltigen Löwentors passiert hat, kann er sie noch einmal für sich entdecken. Riesige Fotos versetzen ihn zurück zu Schliemanns Ausgrabung. Die war auch nach Ansicht griechischer Archäologen bahnbrechend – bestätigte sie doch Homers Angaben zum goldreichen Mykene.

Nachbildung eines Männerkopfes aus Mykene, Argolis in Karlsruhe. Foto: Uli Deck

Gefäße, Schwerter, Schmuck und vieles mehr

Weiterhin sind von der typischen mykenischen Bügelkanne bis zu reich verzierte Palastvasen, Amphoren, Fresken schöner Damen mit Doppelzopf und Elfenbeinkämmen alles zu sehen. Ergänzt werden diese mit Schwertern und Geschmeide aus Gold und Edelsteinen. Neben dem „Grab des Agamemnon“ in Mykene sind auch die Kostbarkeiten von Kriegern aus den Kuppelgräbern von Kakovatos zu sehen.

In einem weiteren Raum lädt der in Originalgröße nachgebaute Thronraum nach dem Palast des Nestor in Pylos zur Zeitreise ein. Fotos dokumentieren die berühmten Kyklopenmauern um die Paläste, die aus großen Brocken bestanden. Nach der Ansicht von Zeitgenossen konnten diese nur von Riesen erbaut worden sein.

Goldbecher mit Spiraldekor aus Peristeria, Messenien. Er ist ist auf die 1. Hälfte des 16. Jahrhundert vor Christus datiert. Foto: Uli Deck

Erstmals in der Öffentlichkeit präsentiert wird auch die „Krone von Routsi“, die vielleicht einzige vollständig erhaltene Priesterinnenkrone aus mykenischer Zeit.

Zu den spektakulärsten Objekten aber gehören die Beigaben aus dem „Grab des Greifenkriegers“ von Pylos – darunter Goldsiegelringe, eine Goldkette mit Achat- und Lapislazuli-Perlen sowie ein fein gravierter Achatsiegelstein namens „Combat Agate“. Auf dem Miniatur-Kunstwerk macht ein durchtrainierter Kämpfer seinen Feinden den Garaus.

Helden legten auch Wert auf Körperpflege: Neben Waffen, Schmuck und Geschirr fanden sich Rasiermesser und Bronze-Spiegel in ihren Gräbern.

Fragmente eines Prozessionsfreskos in Karlsruhe. Foto: Uli Deck

Größte kulturhistorische Ausstellung über das mykenische Griechenland

Mehr als 400 antike Objekte erzählen vom Leben der ersten Hochkultur auf dem europäischen Festland zwischen 1600 und 1200 vor Christus. Die Schau ist nach Angaben des Landesmuseums die weltweit bislang größte kulturhistorische Ausstellung über das mykenische Griechenland.

Möglich wurde sie durch eine Kooperation mit dem griechischen Ministerium für Kultur und Sport: „Als 2014 zwei Objekte der Kykladenkultur aus dem Besitz des Badischen Landesmuseums an Griechenland zurückgegeben wurden, schlichtete dies einen Jahrzehnte anhaltenden Streit“, berichtet Museumsdirektor Eckart Köhne.

Ein Eberzahnhelm aus Olympia, Elis in Karlsruhe. Foto: Uli Deck

Die symbolische Geste im Kampf gegen Raubgrabungen und illegalen Handel mit Antiken machte den Weg frei für eine intensive Zusammenarbeit.

„Nun war es an uns, der deutschen Öffentlichkeit eine Ausstellung zu bieten“, so Maria Andreadaki-Vlazaki, Griechenlands Generalsekretärin für Kultur und Sport. Raubgrabungen und ihre Folgen werden parallel dazu bei einer Ausstellung und einem Symposium in Heidelberg beleuchtet. „Für uns ist es wichtig, dass dem Thema Aufmerksamkeit geschenkt wird“, betont sie. (dpa/tls)

Idolfigur aus dem Kultzentrum von Mykene in der Schau in Karlsruhe. Foto: Uli Deck

Daten zur Ausstellung:

„Mykene – Die sagenhafte Welt des Agamemnon“, Sonderausstellung im Badischen Landesmuseum, 1.12.2018 – 2.6.2019, Schloss Karlsruhe

Öffnung: Di – So, Feiertage, 10 – 18 Uhr, 24.12. geschlossen, 1.1. ab 13 Uhr

Eintritt: 12 Euro, erm. 9 Euro, Schüler 3 Euro, Familie 25 Euro

Zur Ausstellung ist ein Katalog (392 Seiten) mit zahlreichen Expertenbeiträgen erschienen. Museumsausgabe: 29,90 Euro, ISBN: 978-3-937345-90-1

Goldene Grabmaske aus Mykene in der Schau in Karlsruhe. Foto: Uli Deck/dpa



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