Kurioses aus den Tiefen des Indischen Ozeans: Der lebende „Ballon an einer Schnur“
Bei einem Tauchgang im Java-Graben, dem tiefsten Teil des Indischen Ozeans, filmte ein Team aus Wissenschaftlern diese bizarre, gelatineartige Kreatur. „Wir sahen uns gerade das Video an, als dieses Ding aus der Dunkelheit kam“, sagte Alan Jamieson, der leitende Wissenschaftler auf der Expedition, zu Live Science. „Es trieb direkt auf die Kamera zu … und dann wieder weg.“
Die Wissenschaftler arbeiten im Rahmen der Mission „Five Deeps Expedition„, bei der sie die tiefsten Stellen aller fünf Weltmeere erreichen wollen. Zu ihrer Ausrüstung zählen neben einem Zwei-Personen-Tauchboot auch das Forschungsschiff „DSSV Pressure Drop“.
Vor 20 Jahren schon einmal etwas Ähnliches beschrieben
Mit seinem langen Anhängsel, „fast wie ein Tentakel, das an etwas festhält“, sah es aus wie ein Ballon an einer Schnur, fügte er hinzu.
Nach anschließender Literaturrecherche fand Jamieson einen Fall in Japan, bei der eine Gruppe vor etwa 20 Jahren etwas Ähnliches entdeckte. Dort beschrieb man das Wesen als Ascidiae (Klasse der Seescheiden). Aber es gab entscheidende Unterschiede zwischen der neu gefundenen und der in der Literatur beschriebenen Kreatur.
Die neu entdeckte Spezies besitzt keine Filamente, die von der Oberseite ihres Kopfes abgehen. Die vor etwa 20 Jahren entdeckte Kreatur hatte dieses Merkmal, sagte der Expeditionsleiter. Es bestehe demnach eine „hohe Wahrscheinlichkeit“, dass es sich um eine neue Spezies handelt. Bislang gibt es keine weiteren Aufzeichnungen über eine solche Kreatur, die so weit unten auf über 6.500 Metern am Meeresboden lebt, sagte er.
Ein Ballon mit langen Tentakeln zum Verankern
Am auffälligsten ist jedoch seine schnurartige, lange Tentakel, die laut den Forschern gleich zwei Zwecke erfüllen könnte. Zum einen kann sich dieses Wesen wahrscheinlich am Meeresboden verankern, um z. B. in einem seismisch aktiven Meeresboden stillzuhalten, so der Wissenschaftler. Außerdem könne sich die Kreatur so mit seinen extrem langen Tentakel bis zu 1 Meter über dem Meeresboden ernähren.
Da die tiefsten Teile von vier der fünf Ozeane noch nie zuvor von Menschen besucht wurden, „ist es keine große Überraschung für unser Wissenschaftsteam, dass wir einige Kreaturen entdecken, von denen wir ziemlich sicher sind, dass sie neue Arten sind“, sagte der Initiator der Expedition, Victor Vescovo. Er tauchte mit einem Zwei-Personen-Tauchboot „DSV Limiting Factor“ 7.192 Meter tief hinab.
Ein Leben neben halbtransparenten Tiefseefischen
Aber nicht alle Lebewesen, denen sie begegnet sind, waren den Besatzungsmitgliedern fremd. So sahen sie unter anderem auch bekanntere Lebewesen wie Seesterne, Seegurken und mehrere Tiefseefische der Art Pseudoliparis amblystomopsis (Familie der Scheibenbäuche). Diese rosafarbenen, kaulquappenartigen Kreaturen besitzen kleine schwarze Augen und einen halbtransparenten Körper.
Diese Scheibenbäuche „sind vielleicht keine neue Art [weil sie] ähnlich aussehen“, aber es ist irgendwie „interessant“, dass wir sie bisher im tiefen Teil jedes Ozeans gesehen haben, so Jamieson.
Pseudoliparis amblystomopsis aus der Familie der Scheibenbäuche
Bevor die Wissenschaftler den Java-Graben im Indischen Ozean besuchten, tauchten sie schon in die Gräben des Atlantiks und des Südpolarmeeres. Beide Gewässer sind die Heimat ähnlicher Tiefseefische. Von allen drei Ozeanen scheint der Indische Ozean der am dichtesten besiedelte zu sein, sagte Vescovo.
Dennoch wird der Indische Ozean von vielen Forschern unterschätzt und wenig beachtet. „Es gibt kaum Aufzeichnungen über die Kreaturen da unten“, fügte Jamieson hinzu.
Nächster Halt: Marianengraben im Pazifischen Ozean
Die Mitglieder der Forschungsgruppe hoffen, in Zukunft einige der Videos und Fotos, die sie in den Tiefen unserer Welt aufgenommen haben, analysieren und einige Erkenntnisse über ihre Forschung veröffentlichen zu können. Darüber hinaus werden ihre Tauchgänge für eine Dokumentarserie des Discovery Channel gefilmt.
Nächster Halt ist der Marianengraben im Pazifischen Ozean, dem tiefsten Teil aller Ozeane. Die Forscher sind gespannt, welche Kreaturen sie bei den nächsten Tauchgängen erblicken. „Nicht oft sehen wir etwas, das so außergewöhnlich ist, dass es uns sprachlos macht“, sagte Jamieson abschließend. (ts)
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