„Ich bin dann mal weg“ – Neuer Pilgerweg in Südamerika geplant
Ein Pilgerweg nach dem Vorbild des berühmten Jakobswegs könnte bald die im 17. und 18. Jahrhundert erbauten Jesuitenmissionen in Südamerika verbinden. „Wir wollen einen Jesuitenweg zwischen den 30 Missionen schaffen, mit Wallfahrten, Märschen, touristischen Veranstaltungen, inspiriert von den Pfaden nach Santiago de Compostela oder des Pilgers Ignatius von Loyola“ in Spanien, sagte der Sprecher von Paraguays Tourismusbehörde, Benjamín Chamorro.
Spätestens seit dem Buch und gleichnamigen Film „Ich bin dann mal weg“ kennen viele Deutsche die Pilgerwanderungen auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Unbekannter sind dagegen die Jesuitensiedlungen in Paraguay, Argentinien, Brasilien und Bolivien, obwohl sie zusammen mit den Wasserfällen in Iguazú zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören.
Jesuiten arbeiteten mit den indigenen Völkern
Die Jesuitenmissionare wurden 1767 von der spanischen Krone aus Südamerika vertrieben. Sie hatten starke Beziehungen zu den indianischen Völkern – vor allem den Guaraní – aufgebaut, weil sie wertvolle medizinische und landwirtschaftliche Kenntnisse mitbrachten. „Das ist Kultur, Geschichte, die authentische Fusion der Kultur der Guaraní-Indianer mit der europäischen“, schwärmt Chamorro.
Heute stehen die Jesuitenmissionen in Paraguay, Brasilien, Argentinien, Bolivien und Uruguay Besuchern für Besichtigungen und Festivals offen. In Paraguay und Argentinien profitieren sie von der Nähe zu den Iguazú-Fällen, die jährlich Millionen Touristen anziehen.
In San Ignacio Guasú, der ersten 1609 gegründeten Mission in Paraguay, ragen die ockerfarbenen Steinmauern der Gebäude aus dem intensiven Grün üppiger Vegetation. Früher waren die Ruinen vom Regenwald überwuchert, heute werden sie gepflegt. Am besten erhalten sind nach Einschätzung des Paters Silverio Britos aber das argentinische San Ignacio Miní und das bolivianische La Chiquitania mitten im Urwald.
San Ignacio Miní wurde 1697 in der Nähe des Flusses Paraná gegründet und hatte in seiner Blütezeit 3000 Einwohner. Die Mission wurde erst 1817 – fünfzig Jahre nach der Vertreibung der Jesuiten – zerstört. Die argentinische Provinz Misiones erhielt sogar ihren Namen von den Jesuitenmissionen. Roland Joffés Film „Mission“ mit Jeremy Irons und Robert De Niro erzählt diese Episode südamerikanischer Geschichte.
Die Sprache der Guaraní wurde von ihnen aufgeschrieben
Die Jesuiten erhielten 1604 ein Gebiet so groß wie Frankreich von König Philipp III. von Spanien mit der Mission, die Indianer zu evangelisieren. Meist lebten in jeder Mission nur eine Handvoll Vertreter des katholischen Männerordens. Nach und nach gelang es ihnen, das Vertrauen der Guaraní zu gewinnen.
Sie führten ein fortschrittliches System ein, bei dem neben Spanisch und Latein auch Unterricht in der Sprache Guaraní im Vordergrund stand. Sie waren die ersten, die Guaraní transkribierten – heute ist sie die offizielle Sprache des Großteils der sieben Millionen Paraguayer. Außerdem beteiligten sie die Guaraní an Entscheidungen. In Spanien, dessen Siedler die indigenen Völker meist versklavten, traf diese Politik auf heftige Kritik.
„In den Missionen wohnten 894 Musiker, die Kirchen hatten 30 bis 40 ständige Chorsänger“, erzählt der Musikwissenschaftler Alberto Candia. „Auf dem zentralen Platz versammelten sich die Einwohner zu den Klängen der Musik und für das Ballspiel ‚manga ñeja-a‘.“
Bis zu 100.000 Guaraní lebten in den Missionen in etwa 60 Dörfern, bevor sie von „bandeirantes“ geplündert wurden – portugiesischen Siedlern, die die Einwohner gefangen nahmen und sie als Arbeiter in São Paulo und Rio de Janeiro für die Plantagen und Minen verkauften.
Nachdem die Jesuiten die Missionen aufgaben, „wurde das Kulturerbe zerstört, geplündert“, klagt Britos. „Es brauchte das Eingreifen der UNESCO, damit dieses Juwel endlich erkannt wurde.“ (afp)
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