Hilfsbereite Vögel: Papageien helfen selbstlos und zeigen keinen Neid

Graupapageien macht es nichts aus, wenn ihr Partner bevorteilt wird und helfen Artgenossen auch ohne sofortige Gegenleistung. Papageien befinden sich damit auf einem ähnlichen geistigen Niveau wie Rabenvögel, Delfine und Primaten, so die Forscher des Max-Planck-Instituts.
Titelbild
Portrait eines afrikanischen Graupapageien.Foto: iStock
Epoch Times9. Januar 2020

Papageien sind außerordentlich intelligent. So konnte der Graupapagei Alex, der mit rund 500 Wörtern kommunizierte, Fragen beantworten und spontan Objekte klassifizieren. Forscher der Außenstelle Teneriffa des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen haben nun nachgewiesen, dass sie auch ein hohes Maß sozialer Intelligenz und Hilfsbereitschaft aufweisen.

Die Vögel helfen Artgenossen, selbst wenn sie keine sofortige Gegenleistung für ihre Hilfe erhalten. Darüber hinaus erwidern sie Gefallen und reagieren nicht mit Neid, wenn Artgenossen eine größere Belohnung erhalten als sie selbst. Papageien befinden sich damit auf einem ähnlichen geistigen Niveau wie Rabenvögel, Delfine und Primaten.

Großzügige und selbstlose Hilfe unter Papageien

Im Labor der in Kooperation mit der Loro Parque Stiftung betriebenen Außenstelle des Max-Planck-Instituts für Ornithologie auf Teneriffa bekommt das Graupapageien-Weibchen Bella in ihrer Plexiglas-Kammer ein paar Metallmarken zugeschoben. Sie hat gelernt: Sie kann die Wertmarken mit einer der Forscherinnen tauschen – und so eine leckere Futterration einheimsen. Es gibt nur ein Problem: Das Loch in ihrer Plexiglaskammer, durch das der Tauschhandel stattfindet, wurde versperrt.

In der direkt benachbarten Testkammer allerdings wartet ihre Freundin Kimmi. Ihre Öffnung für den Austausch Marke gegen Futter ist offen. Aber Bella sieht, dass Kimmi keine Wertmarken bekommt. Was wird sie tun?

Tatsächlich nimmt die Papageien-Dame Wertmarke für Wertmarke in den Schnabel und reicht sie Kimmi durch eine Öffnung zwischen beiden Kammern. Diese nimmt die Gaben sichtbar gerne an und verliert keine Zeit, sie gegen eine Nascherei einzutauschen. Gelassen beobachtet Bella, wie Kimmi von ihrer Großzügigkeit profitiert – ohne zu wissen, dass sie sich später vielleicht revanchieren kann.

„Wie Du mir, so ich Dir“

Nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen verhalten sich neben dem Menschen nur Menschenaffen in vergleichbaren Situationen so scheinbar selbstlos. Alle anderen bislang getesteten Tiere achten nicht darauf, wie es ihren Artgenossen ergeht. Sie verhalten sich scheinbar gleichgültig oder handeln sogar eigensüchtig.

„Unsere Papageien dagegen haben begriffen, dass ein anderes Individuum Hilfe braucht, um ein Ziel zu erreichen“, sagt Désirée Brucks, Erstautorin einer der Studie. War jedoch die Tauschöffnung von Kimmi ebenfalls versperrt, sparte Bella sich die Mühe und reichte keine Wertmarken hinüber. Die Graupapageien erkennen also, wann ein Artgenosse von ihrer Hilfe profitieren kann und wann nicht.

In den Verhaltensexperimenten erhalten die Papageien Metallmarken, die sie untereinander und gegen Futter eintauschen können. Foto: Comparative Cognition Group / Max-Planck-Gesellschaft

In einer zweiten Studie haben die Papageien die Fähigkeit bewiesen, auf das Wohl anderer zu achten. Außerdem können sie nach der Devise „Wie Du mir, so ich Dir“ handeln, beides wichtige Grundlagen für kooperatives Verhalten. Im Versuch mussten sich die Vögel zwischen einer Wertmarke entscheiden, die nur ihnen selbst zugutekommt, und einer Marke, die auch dem Nachbar Futter sichert.

„Am Anfang trafen die Papageien ihre Wahl noch zufällig, ohne auf das Wohl des Nachbarn zu achten“, erklärt Anastasia Krasheninnikova, Erstautorin dieser Studie. „Sobald sie aber abwechselnd mit Ihrem Partner getestet wurden, lernten sie schnell die Wertmarken auszuwählen, von der auch jeweils der Andere profitierte.“

Kein Neid: Papageien wollen „auf Dauer gemeinsam mehr erreichen“

Darüber hinaus haben die Forscher in einer weiteren Studie herausgefunden, dass Papageien offenbar nicht neidisch sind, wenn ein Artgenosse für die gleiche Leistung höher belohnt wird oder wenn er für die gleiche Belohnung weniger hart arbeiten muss.

„Das kam überraschend, denn eigentlich gilt ein ‚Sinn für Fairness‘ als Voraussetzung dafür, dass in der Evolution Zusammenarbeit entstehen kann“, sagt Auguste von Bayern, die am Max-Planck-Institut die Arbeitsgruppe Vergleichende Kognitionsforschung leitet. Wenn man tatsächlich merkt, wenn man benachteiligt wird, kann man Trittbrettfahrer entlarven und sich neue, fairere Partner suchen.

Primaten beispielsweise nehmen eine solche Ungleichbehandlung nicht klaglos hin. Papageien hingegen bleiben gelassen. Möglicherweise liegt das daran, dass sie in der Regel ein Leben lang mit einem Partner zusammenleben, während Primaten viele Partner gleichzeitig haben und sie außerdem schnell und häufig wechseln.

„Wenn man so eng mit seinem Partner verbunden ist wie die Papageien, kommt es nicht darauf an, ob der andere einmal besser davonkommt. Was zählt, ist auf Dauer gemeinsam viel mehr zu erreichen als allein, und gemeinsam Junge aufzuziehen. Deshalb sind Papageien wahrscheinlich toleranter gegenüber Ungleichheit als nicht monogame Arten und kooperieren trotzdem hervorragend“, erklärt Auguste von Bayern. (MPG/ts)



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