Geschützt, geschätzt und bedroht: Alleen in Deutschland
Alleen und Straßenbaum-Reihen werden geliebt und gefürchtet. Geliebt wegen ihres schönen Aussehens, weil sie Schatten spenden, ökologisch wertvoll sind und die Landschaft gliedern. Gefürchtet, weil Bäume am Straßenrand für Auto- und Motorradfahrer, die von der Straße abkommen, tödliche Hindernisse sein können.
Der Trend zur baumgesäumten Straße ist bereits mehr als 200 Jahre alt. Das systematische Pflanzen von Alleen entlang der Straßen in Deutschland begann Endes des 18. Jahrhunderts vor allem in Preußen, sagt Jürgen Peters von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde vor dem Tag der Alleen am 20. Oktober. Neue Chausseen wurden damals mit Bäumen bepflanzt, die etwa einen Meter links und rechts versetzt im Abstand von zehn Metern neben der Fahrbahn standen. Zunächst waren es oft Pappeln, später vor allem Eichen, Linden und Ulmen.
Bäume als Leitpfosten
„Der Baum war der Leitpfosten, damit man auch im Winter die Straße gut sehen konnte“, sagt der Professor für Landschaftsplanung und Regionalentwicklung. Bei den wassergebundenen Fahrbahndecken aus Lehm habe zudem die Beschattung eine wichtige Rolle gespielt – um übermäßige Staubentwicklung zu verhindern sowie Menschen und Zugtieren Schatten zu spenden.
Nach aktuellen Untersuchungen gibt es rund 20.000 Kilometer Alleen in Deutschland – mit Schwerpunkten in der Nordhälfte und vor allem im Osten. Durch Teile des Landes führt die ausgeschilderte Deutsche Alleenstraße. Zudem gibt es rund 70.000 Kilometer einseitige Baumreihen. „Meine These ist, dass viele Baumreihen früher Alleen gewesen sind“, sagt Peters. Beim Straßenausbau sei oft eine Allee-Baumreihe gefällt worden. Heute sei die Linde der dominierende Alleebaum. Auch Ahorn sei stark vertreten.
Hindernisse beim Nachpflanzen
Beim Nachpflanzen von Alleebäumen gibt es nach Peters Angaben oft Hindernisse. Die ESAB-Richtlinie für Bundes- und Landesstraßen zum Schutz vor Aufprall an Bäumen sei ein Problem, weil mehrere Meter Abstand zur Straße eingehalten werden sollen. Dort sei aber oft Ackerland, das die Bauern nicht zur Verfügung stellen wollen. „Deshalb wird kaum noch nachgepflanzt.“
Die Referentin für Baum- und Alleenschutz des BUND Mecklenburg-Vorpommern, Katharina Dujesiefken, verweist auf den großen Verlust von Alleen in den vergangenen Jahren. 2006 seien es noch 27.500 Kilometer gewesen. Das dichteste Alleennetz findet sich heute in Brandenburg- und Mecklenburg-Vorpommern. Besonders selten sind sie in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und dem Saarland.
Die ESAB-Richtlinie sollte aus Dujesiefkens Sicht eigentlich kein Hindernis für Nachpflanzungen in der bestehenden Baumreihe sein. Das sei nach einem Rundschreiben des Bundesverkehrsministers aus dem Jahr 2017 erlaubt. „Von dieser Möglichkeit macht aber kaum eine Straßenbauverwaltung Gebrauch – leider.“ Für den starken Rückgang von neuen Anpflanzungen und die Zunahme von Fällungen sind nach Dujesiefkens Angaben auch die Richtlinie (RPS 2009) für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (etwa Leitplanken) verantwortlich.
Dabei sei der Schutz der Alleen sogar im Bundesnaturschutzgesetz festgeschrieben. Einzig in Mecklenburg-Vorpommern seien Alleen in der Landesverfassung geschützt. Dujesiefken fordert ein Umdenken in der Verkehrssicherheit: „Vorsicht und Verantwortung des Einzelnen müssen mehr in den Vordergrund rücken“.
Was das Gedeihen gefährdet
Dujesiefken stimmt Peters in der Forderung nach mehr Baumartenvielfalt in Alleen zu. „Nur so können wir beispielsweise einen Totalausfall in bestimmten Straßenabschnitten verhindern und den Befallsdruck mit Schädlingen einschränken.“ Straßenbäume hätten oft schwierigen Bedingungen. Stichworte seien Schnittmaßnahmen in der Krone, Schäden durch Unfälle, Arbeiten im Wurzelbereich, Auftausalz im Winter, Schädlinge und Krankheiten sowie immer längere Trockenperioden. „Das erschwert das Gedeihen von Neuanpflanzungen, und selbst alte Baumbestände finden kaum noch Grundwasser.“ (dpa/red)
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