Enthauptet und begraben – Rätselhafte Skelette mit Köpfen zwischen den Beinen in England gefunden

Archäologen haben in Great Whelnetham (England) ein römisches Gräberfeld mit einer Mehrzahl an Sonderbestattungen entdeckt. Die Menschen wurden mit dem Gesicht nach unten, in einer geduckten Position oder auf dem Rücken mit dem enthaupteten Kopf zwischen den Beinen oder Füßen begraben.
Titelbild
17 von 52 Skelette wurde enthauptet.Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Andy Peachey | Archaeological Solutions
Epoch Times20. Januar 2019

Eine Entdeckung auf einem römischen Friedhof in England lässt Archäologen rätseln. Von den insgesamt 52 Skeletten, die aus dem vierten Jahrhundert n. Chr. stammen, waren 17 enthauptet worden. Das Bizarre: Fast jeder Kopf lag zwischen den Beinen oder Füßen seines Besitzers.

Ein sorgfältiges Bestattungsritual

Noch immer ist unklar, warum diese Enthauptungen stattfanden, aber „dies scheint ein sorgfältiges Bestattungsritual zu sein, das mit einer bestimmten Gruppe innerhalb der lokalen Bevölkerung in Verbindung gebracht werden kann“, sagte Andy Peachey, Archäologe bei Archaeological Solutions, gegenüber Live Science.

Die Archäologen entdeckten den mysteriösen Friedhof bei Vermessungsarbeiten in Great Whelnetham in Suffolk, England, vor dem Bau einer Wohnanlage.

Für sie war es keine große Überraschung, dass sie dort römische Überreste fanden. Seit 1964 ist bekannt, dass es in der Gegend eine römische Siedlung gab. Forscher fanden hier bereits römische Artefakte wie einen Töpferofen, Münzen, sowie Brand- und Erdbestattungen.

„Dennoch waren die an der jüngsten Ausgrabung beteiligten Archäologen überrascht, als sie feststellten, dass so viele der Verstorbenen enthauptet worden waren“, erklärte Peachey. Eine Analyse der Skelette ergab zudem, dass die Enthauptung erst nach dem Tod stattfanden.

„Die Schnitte waren postmortal und wurden sauber direkt hinter dem Kiefer platziert“, sagte Peachey. „Eine Hinrichtung würde mit Gewalt am Hals ausgeführt werden und tiefe Spuren hinterlassen. Doch derartige, gewalttätige Spuren können wir nirgends finden.“

Etwa 40 Prozent der Skelette enthauptet

Laut den Archäologen sei es nicht ungewöhnlich, dass römische Gräberfelder eine Reihe von sogenannten Sonderbestattungen aufweisen. Doch so ein hoher Anteil wie bei diesem sei besonders.

Von den 52 Bestattungen entdeckten die Forscher nur 17 Skelette in Rückenlage, was für die damalige Zeit üblich war. Die anderen 60 Prozent wurden mit dem Gesicht nach unten, in einer geduckten Haltung oder auf dem Rücken mit dem enthaupteten Kopf bei den Beinen oder Füßen begraben. „Darüber hinaus befanden sich vier der enthaupteten Schädel neben Skeletten, zu denen sie nicht gehörten“, sagten die Archäologen.

„Es ist möglich, dass diese Enthauptungen eine Praxis waren, die zu einem Kult oder einer Gruppe gehörte, die in das Gebiet zog“, sagte Peachey. Vielleicht kam diese Art der Bestattung von „Arbeitern oder sogar Sklaven aus einem fernen Gebiet im Römischen Reich“, erklärte der Archäologe.

Die Enthauptungen könnten mit heidnischen Glaubenssystemen zusammenhängen. Die Menschen könnten davon ausgegangen sein, dass die Geister für das Jenseits befreit werden müssen. „Andere vorrömisch-keltische Stämme sahen die Köpfe außerdem als ein Behälter der Seele an“, sagten die Archäologen.

Kein Hinweis auf den sozialen Status der Toten

Abgesehen von zwei dekorativen römischen Knochenkämmen waren alle Gräber beigabenlos. So war es für die Forscher nicht möglich eine Aussage bezüglich des sozialen Status der Verstorbenen zu Lebzeiten zu treffen.

Ein römischer Knochenkamm aus einem Grab. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Andy Peachey | Archaeological Solutions

Abgesehen von den Sonderbestattungen hatte das Gräberfeld eine gewöhnliche räumliche Lage. So legten die Menschen Gräberfelder beispielsweise außerhalb Siedlung an, was typisch für römische Bestattungsriten ist. Die Stadt der Toten war stets von der Stadt der Lebenden getrennt, auch aus hygienischen Gründen.

„Darüber hinaus wurden Männer, sowie Frauen und Kindern bestattet, was wahrscheinlich die Demografie der Siedlung widerspiegelt“, erläuterten die Archäologen. „Die meisten Bestatteten waren im mittleren Alter, wenn nicht sogar älter. Außerdem legten wir ein paar jugendlichen Skeletten (9-10 Jahre) frei.“

Schlechte Zahngesundheit und Tuberkulose

„Sie waren gut ernährt, und einige hatten sehr robuste Oberarme [und] Körper, die auf eine arbeitende landwirtschaftliche Bevölkerung hindeutet“, sagte Peachey.

Eine Analyse der Zähne des Verstorbenen ergab jedoch, dass eine zucker- und kohlenhydratreiche Ernährung zu einer schlechten Zahngesundheit führte. Vielen der Individuen fehlten Zähne und sie hatten Zahnabszesse. „Darüber hinaus waren mehrere der Individuen an Tuberkulose erkrankt, die in ländlichen landwirtschaftlichen Gemeinschaften weit verbreitet war“, sagte Peachey.

Neben dem Gräberfeld entdeckten die Archäologen auch einen großen Graben ganz in der Nähe. Er war voller römischer Artefakte, darunter mehrere aus Gallien importierte, glänzend rote, samische Keramik und mit Farbe überzogene Becher mit laufenden Hirschen.

Die Archäologen werden in den nächsten Monaten weitere Untersuchungen durchführen, um mehr über die Toten und ihre mögliche Herkunft herauszufinden.



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