Die doppelte Tragödie hinter dem „Mädchen mit dem Geier“ im Sudan
Journalismus und Fotojournalismus erfordern Nerven aus Stahl: Kevin Carter, der in Südafrika geboren wurde, weiß es sehr genau. Schon in seiner Jugend hat er die Szenen der Apartheid zwischen Weißen und Schwarzen, aber auch die ethnische Gewalt zwischen den Xhosas und Zulus eingefangen.
Zusammen mit einer kleinen Gruppe professioneller Fotografen, mit dem Spitznamen Bang-Bang Club, berichtete er über die extreme Gewalt urbaner Banden in Südafrika. Kevin Carter beobachtete Lynchmorde, Morde, Strangulierungen und Verbrennungen – und konnte nicht eingreifen.
Eines Tages wurde er in den Sudan versetzt. Er verbrachte ein paar Tage in einem Dorf, wo die Menschen hungerten. Und neben einer lang aufgereihten Schlange für humanitäre Hilfe sah er ein kleines Kind und einen Geier, der es genau beobachtete.
Geier hatte Kind im Blick
Der Fotograf wartete etwa zwanzig Minuten, um zu sehen, ob der Geier seine Flügel öffnen würde, was die Kraft des Bildes verstärkt hätte. Er machte fünf Fotos, aber zurück im Dorf wurde ihm unbehaglich. In diesem Moment änderte sich sein Leben.
Er fand Joe Silva, einen Kollegen, der später von diesem Augenblick erzählte: „Er war deutlich verzweifelt. Während er mir erzählte, was er fotografiert hatte, zeigte er immer wieder auf etwas, das verschwunden war. Er redete ständig von seiner Tochter Megan, er konnte es nicht erwarten, sie zu umarmen. Zweifellos war er von dem, was er fotografiert hatte, sehr betroffen – und es würde ihn für den Rest seines Lebens verfolgen.“
Als das Foto veröffentlicht wurde, kritisierten viele die Haltung des Fotografen. Manche sagten sogar, dass er das „wirkliche Raubtier“ dieser Szene war. Die Zeitungen wurden von Briefen überflutet, die fragten, was mit dem kleinen Kind, von dem die Leser annahmen, es sei ein Mädchen, passiert sei.
„Kind mit Geier“ Foto ging um die Welt
Dem Fotografen zufolge gelang es dem Kind später, in sein Dorf zurückzukehren. Er konnte es zu diesem Zeitpunkt nicht retten, weil er von Soldaten umzingelt war und sich nicht frei bewegen konnte, wie man auf dem Foto unten sieht.
Eine Untersuchung durch Journalisten von El Mundo warf Licht auf gewisse Fakten: Das Mädchen war in der Tat ein Junge. Sein Name war Kong Nyong und er trug ein Armband, das von den humanitären Helfern gespendet wurde.
Kein Mädchen sondern Junge
Seine Tante stand ein paar Meter weiter in einer Reihe nach einer Ration Essen an, das von einer humanitären Organisation ausgegeben wurde. Die Dorfbewohner bestätigten auch, dass es viele Geier in der Gegend gab. Für sie war dieses Foto kein Wunder.
Ein Jahr später erhielt der Fotograf den Putlitzer-Preis, eine hohe journalistische Auszeichnung. Von Schuldgefühlen geplagt, schreibt er, dass er von den Erinnerungen heimgesucht wird: Von „Tötungen, Leichen, Wut, Schmerz, an Hunger oder Verletzungen sterbenden Kindern, die von schießwütigen Polizisten oder Henkern umgebracht wurden“.
Kevin Carter war am Ende
Kevin Carter war ein Fotograf, der entschlossen war, „die Schrecken der Apartheid anzuprangern“. Er hoffte, wie viele seiner Kollegen, einen Pulitzer Preis zu bekommen. Im Juli 1994 starb er in einem Jeep an einer Vergiftung durch Kohlenmonoxid.
1994 wurde sein bester Freund Ken Oosterbroek im Kreuzfeuer von einer Kugel getroffen. Während diesem Gefecht verlor er sein Filmmaterial: 16 Rollen Fotos aus Mosambik.
Seinen Verwandten zufolge befand sich sein Freund Ken Oosterbroek in einer „düsteren Lage“, litt an Depressionen und war süchtig nach Beruhigungsmitteln. Was auch immer die Gründe für seinen Tod waren – das Klischee war denkwürdig und half dem Westen, sich der miserablen Situation in Afrika bewusst zu werden. (cs)
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