„Das kann nicht gut gehen“: Professor Wolffsohns mahnende Warnung an die Medien
Der in Tel Aviv geborene deutsche Historiker und Publizist Prof. Dr. Michael Wolffsohn kritisierte in seiner Festrede zur Verleihung des diesjährigen „Wächterpreises der deutschen Tagespresse“ die Rolle der deutschen Medien scharf. Der ehemalige Professor der Bundeswehrhochschule München begann seine Rede mit einer Vorwarnung: „Was ich Ihnen sage, wird Ihnen nicht gefallen – zumindest nicht durchweg.“
Der seit 1969 – und in diesem Jahr aufgrund der Pandemie online – verliehene Wächterpreis der Stiftung „Freiheit der Presse“ wird an „couragierte Reporter“ verlieren, die zu Übergriffen von Bürokratie und Machtgruppen recherchieren, „ohne Rücksicht auf Namen“ und bestehende Verhältnisse berichten und Missstände schonungslos aufdecken.
Statt Laudatio mahnende Kritik
Wolffsohn machte gleich zu Anfang seiner für die Online-Verleihung zuvor aufgezeichneten Rede deutlich, dass er ein Fan der Presse ist. Er selbst lese täglich elf nationale und internationale Tageszeitungen. Damit brachte er zum Ausdruck, dass er die Journalisten als Freund kritisiere.
Seine Kritik begann der Medienexperte mit dem im „Wächterpreis“ enthaltenen Begriff „Wächter“. Dieser Begriff verweise auf ein „fundamentales ethisches und zugleich professionelles Problem von Journalisten schlechthin: Bevormundung“.
Wolffsohn wird noch deutlicher: „Selbst im Qualitätsjournalismus maßen sich manche nicht selten an, ihre persönliche Darstellung, Analyse und erst recht ihre eigene Meinung für die einzig richtige zu halten.“ Auch ohne ausreichende Recherchen sei dabei der Wunsch der Vater der „Fakten“, die eben keine Fakten seien – mal willentlich, mal nicht.
Uniformierte „Wächter“ des „allgemeinen Willens“
Wolffsohn wirft den Medien als vierter Gewalt vor, die drei anderen Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative in ihren Funktionen zu usurpieren. Indem sie als „Wächter“ vorgäben, den allgemeinen Willen zu repräsentieren, würden sie sich als Volkes Stimme, als Souverän präsentieren und deshalb letztlich ohne Kontrolle agieren: „Auf Dauer kann das nicht gutgehen“, so Wolffsohn.
Und es gehe schon längst nicht mehr gut. „Der Un- und Schwachsinn in (un)sozialen Medien blüht und gedeiht auch deshalb, weil die Allgemeinheit der Bevormundung durch den vermeintlich allgemeinen Willen satt ist.“
Die sozialen Medien florierten auch, weil weite Teile der Öffentlichkeit vielen der „Wächter“ misstrauen würden – „und das oft aus gutem Grund“.
Wolfssohn meinte damit nicht einmal den Begriff „Lügenpresse“ im eigentlichen Sinne, sondern eher eine „emotionalisierte, ideologisierte, selbstgerechte, mehr normativ als analytisch sachlich orientierte und oft politisch korrekte, sprich: uniformierte Presse“.
Warnung vor den Folgen
Zuvor erklärte Professor Wolfssohn bereits, dass sich der vermeintliche oder echte „Wächter“ zugleich als Ankläger, Richter und moralische Instanz in einer Person präsentiere, also als „Formulierer und Exekutierer des allgemeinen Willens“. Wolffsohn zieht einen warnenden Vergleich zu „Rousseaus gelehrigstem und gefährlichstem Schüler: Robbespierre“, bei dem dies „quasi Gott-Ersatz wurde“.
Wolffsohn spielte damit nicht nur auf die Schreckensherrschaft von Robbespierre und dem sogenannten Wohltätigkeitsausschuss während der Französischen Revolution an, sondern auch auf das bittere Ende des Jakobiners auf der Guillotine. Dem großen Terror, wie diese Zeit genannt wurde, fielen bis zu 40.000 Menschen zum Opfer, schätzt man.
Professor Wolffsohn gab den „Wächtern aller Länder“ mahnend eine altrömische Weisheit mit auf den Weg, sie zu beherzigen: „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem. Zu Deutsch: Was immer du tust, handle vernünftig und bedenke das Ende.“
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