Corona-Pandemie bringt Boom bei Englands bunten Strandhütten
Mit freiem Blick auf die Nordsee kocht Melanie Whitehead Tee: Die 49-Jährige sitzt in ihrer gelb-weiß-gestreiften Strandhütte im englischen Küstenort Walton-on-the-Naze – und verkörpert einen durch die Corona-Krise entstandenen Trend: Wie auch in anderen Ländern entdecken in Großbritannien viele Menschen in der Corona-Pandemie den Kurzurlaub an den heimischen Stränden neu. Und die pastellfarbigen Mini-Häuschen spielen dabei eine ganz besondere Rolle.
Melanie Whitehead genießt auf jeden Fall die Idylle. Zum Tee bäckt sie im gasbetriebenen Ofen luftige, süße Brötchen, so genannte Scones. „Es ist perfekt“, sagt sie. „An einem schrecklichen Tag gibt es nichts Besseres.“
In Walton-on-the-Naze in der ostenglischen Grafschaft Essex reihen sich die bunten Badehütten kilometerlang am Strand, an manchen Orten haben sie sogar bis zu fünf Etagen. Immobilienmakler Barry Hayes erzählt von einem regelrechten Ansturm auf die Hütten und Verkaufspreisen von mehr als 80.000 Pfund (93.000 Euro) – das ist fast ein Drittel des durchschnittlichen britischen Preises für ein normales Haus.
Strandhütte im Juli für 330.000 Pfund verkauft
In der Grafschaft Dorset am Ärmelkanal ging eine Strandhütte im Juli gar für 330.000 Pfund weg. Und dabei sind die Hütten sehr einfach ausgestattet, schließlich waren sie ursprünglich nur fürs Umziehen vor dem Baden gedacht: Die meisten haben weder Wasser noch Strom, das Übernachten ist verboten.
Whitehead, ehemalige Stadtplanerin, nutzt ihre Hütte wie alle anderen keineswegs als Umziehkabine. „Ich hasse Schwimmen und ins Wasser gehen.“ Stattdessen koche sie „endlose Tassen Tee“ in ihrem Stranddomizil. 2008 kaufte sie das Holzhäuschen für 6.000 Pfund, aus heutiger Sicht ein unglaubliches Schnäppchen. In der Pandemie, als Mann und Tochter ständig auch zu Hause waren, erwies es sich als willkommener Rückzugsort. Sie engagiert sich auch als Vorsitzende des örtlichen Strandhüttenvereins und läuft regelmäßig Patrouille, um Vandalismus vorzubeugen.
Tagesurlauber lesen, dösen oder unterhalten sich
Die Hütten tragen Namen wie „Paradise Found“ (Paradies gefunden) und „Serenity“ (Gelassenheit). Viele Tagesurlauber lesen, dösen oder unterhalten sich, oft in Gruppen von mehreren Generationen. Eine Gruppe Frauen stößt mit Prosecco auf 60 Jahre Freundschaft an, während riesige Wellen an die Promenade von Walton-on-the-Naze rollen.
Viele Hütten werden auch tageweise vermietet, manche mit Instagram-verwertbarer Einrichtung wie Cocktail-Bar oder Tischfußball. Sarah Stimson startete vor drei Jahren mit der Vermietung von drei Hütten, inzwischen hat sie sieben eigene und verwaltet drei weitere.
Die Pandemie hat ihr das bisher beste Jahr beschert: Alle Hütten sind bis September ausgebucht. „Covid hat die Leute dazu gebracht, nach Aktivitäten in Großbritannien zu suchen“, sagt die 46-Jährige. Die meisten Kunden seien Frauen zwischen 20 und 40 Jahren mit ihren Familien, 70 Prozent der Buchungen kämen über Instagram. Gerade organisiert Stimson einen Fotografen sowie Tee und Scones für einen Kunden, der damit seine Frau überraschen möchte.
„Es ist wie ein Puppenhaus für Erwachsene“
Ihre eigene Hütte benannte Stimson nach ihrer Urgroßmutter Queenie. Das leuchtend grüne Häuschen hat einen Klapptisch, eine Sitzbank und Stauraum für ihr SUP-Brett: „Es ist wie ein Puppenhaus für Erwachsene.“
Weitere Hütten will Stimson angesichts der Explosion der Preise vorerst nicht dazukaufen. Die Corona-Pandemie hat den Markt nach Einschätzung von Makler Hayes grundlegend verändert. Inzwischen müsse man für eine Strandhütte im nobleren Frinton-on-Sea zwischen 50.000 und 60.000 Pfund anlegen. „Im vergangenen Jahr haben wir diese für um die 30.000 Pfund verkauft.“
Da die sich ständig ändernden Regeln die Urlaubsplanung für Auslandsreisen erschweren, werde das Interesse an den Strandhütten trotzdem weiter hoch bleiben, glaubt Hayes. Whitehead jedenfalls möchte nirgendwo anders hin: „Ich kann es mir hier gemütlich machen, den Blick genießen und die Welt vergessen.“ (afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion