„Britisches Erzgebirge“ statt Asienimport: Herkunft von bronzezeitlichem Zinn fast geklärt
Die Herkunft von Zinn in der Bronzezeit ist seit langem eines der größten Rätsel der archäologischen Forschung. Jetzt haben es Forscher der Universität Heidelberg und des Curt-Engelhorn-Zentrums Archäometrie in Mannheim teilweise gelöst.
Mit naturwissenschaftlichen Methoden haben sie das bei archäologischen Untersuchungen in Israel, der Türkei sowie Griechenland gefundene Zinn aus dem 2. Jahrtausend vor Christus untersucht. Dabei konnten sie nachweisen, dass dieses Zinn in Form von Barren nicht, wie bislang angenommen, aus Zentralasien stammt, sondern aus europäischen Zinnlagerstätten.
Zinn, Bernstein, Glas oder Kupfer als Motor des frühen internationalen Handelsgeflechts
Die Erkenntnisse sind ein Beleg dafür, dass bereits in der Bronzezeit komplexe und weitreichende Handelssysteme zwischen Europa und dem östlichen Mittelmeerraum existiert haben müssen. Begehrte Rohstoffe wie Zinn, aber auch Bernstein, Glas oder Kupfer waren, so die Wissenschaftler, der Motor dieses frühen internationalen Handelsgeflechts.
Bereits im späten vierten und dritten Jahrtausend vor Christus wurde im Nahen Osten, Anatolien und der Ägäis Bronze – eine Legierung aus Kupfer und Zinn – gefertigt. Das Wissen um die Herstellung hatte sich schnell über weite Teile der alten Welt verbreitet.
„Bronze diente zur Herstellung von Waffen, Schmuck und Gebrauchsgegenständen aller Art und gab deshalb zu Recht einer ganzen Epoche ihren Namen. Die Herkunft des Zinns stellt dabei seit langem ein Rätsel der archäologischen Forschung dar“, erläutert Prof. Dr. Ernst Pernicka, ehemaliger Wissenschaftler am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg in einer Pressemitteilung.
„Zinnvorkommen und Zinnlagerstätten sind in Europa und Asien selten. Der östliche Mittelmeerraum, aus dem ein Teil der von uns untersuchten Objekte stammt, verfügte über so gut wie keine eigenen Lagerstätten. Der Rohstoff musste daher in dieser Region importiert werden“, so der Forscher.
Barren geben wichtige Hinweise
Barren als Handelsform von Metallen sind für die Wissenschaft von besonderem Wert, da damit Herkunftsfragen gezielt angegangen werden können. Deshalb hat das Heidelberg-Mannheimer Forschungsteam um Prof. Pernicka und Dr. Daniel Berger die Zinnbarren aus der Türkei, Israel und Griechenland mittels Blei- und Zinnisotopie sowie der Spurenelementanalyse untersucht.
Damit konnten sie zeigen, dass dieses Zinn tatsächlich aus europäischen Zinnlagerstätten stammt. Im Fall der israelischen Fundobjekte etwa gibt es große Übereinstimmungen mit Zinn aus Cornwall und Devon (Großbritannien).
„Mit diesen Ergebnissen ist die Herkunft des Zinns nun zum ersten Mal konkreter zu fassen, woraus sich neue Erkenntnisse und Fragestellungen für die archäologische Forschung ableiten lassen“, betont Dr. Berger, der am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie forscht.
Die Untersuchungen wurden im Rahmen des mit einem ERC Advanced Grant geförderten Forschungsprojekt „BronzeAgeTin – Tin Isotopes and the Sources of Bronze Age Tin in the Old World“ durchgeführt. Außerdem veröffentlichten die Wissenschaftler ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „PLoS ONE“. (ts)
Die PDF zur Studie finden Sie hier (Englisch): Isotope systematics and chemical composition of tin ingots from Mochlos (Crete) and other Late Bronze Age sites in the eastern Mediterranean Sea: An ultimate key to tin provenance?
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