Wird es der Kunst in Amerika wie der Traditionsbiermarke Bud Light ergehen?
Es gibt viele Gründe, sich um die Zukunft der amerikanischen Kunststätten zu sorgen. Vor den Lockdowns war es gang und gäbe, dass sie jedes noch so moderne skurrile Objekt zur Schau stellten. Finanzielle Mittel waren reichlich vorhanden. Das Geschäft boomte und das Publikum fand sich allmählich damit ab. Schließlich gehört es zum allgemeinen Konsens, dass die hohe Kunst und Musik voller Exzentriker ist.
Jeder kennt das. Man will sich Tizian und Manet anschauen und bekommt gleichzeitig Jean-Michel Basquiat und Damian Hurst zu sehen. Man kauft eine Karte für ein Haydn- und Mahler-Konzert und muss gleichzeitig (Stücke von) Milton Babbitt und John Cage ertragen.
Die Symphoniker brüsten sich mit ihrer Moderne, indem sie vor der Pause „Uraufführungen“ veranstalten, die die Menschheit nie wieder hören wird. Im Gegenzug bekommt man Modest Mussorgsky zu hören.
Die Leute kommen zu Wanderausstellungen von Auguste Rodin und verdrehen angesichts des Industriemülls, der heutzutage als Kunst ausgegeben wird, die Augen. Das Gleiche gilt für das Theater, das Ballett und jede andere künstlerische Ausdrucksform. Natürlich hat das gehobene Großbürgertum immer so getan, als sei das alles in Ordnung. Sei es auch nur, um zu signalisieren, dass sie zu dem inneren Kreis gehörten.
Das Alte subventionierte das Neue
Das Alte subventionierte das Neue. Das hat relativ gut funktioniert. Das Publikum stumpfte mit der Zeit ab und tolerierte das Ganze. Das geht nun schon seit fast einem Jahrhundert so. Nach dem Ersten Weltkrieg kam es in der Kunst zu einer dunklen Wendung. Dieser Balance-Akt war nicht besonders inspirierend, aber zweckdienlich.
Dann kamen im 21. Jahrhundert die Lockdowns. Tapferkeit angesichts von Gefahr zählte nichts. Der Glaube, dass Kunst in Krisen Trost und Hoffnung schenken kann, verschwand. Kunstinstitutionen zeigten mit ihrer Haltung, dass sie ihre Produkte angesichts der Pandemie für völlig überflüssig hielten. Sie zogen den Stecker – manchmal sogar für zwei Spielzeiten oder zwei Jahre.
Die Kleinkunst kam zum Erliegen, ohne dass die Künstler selbst (großartig) protestierten. Sicherlich war das Management froh über einen längeren bezahlten Urlaub.
Mit diesem Handeln haben die Institutionen die Musiker, Mitarbeiter, Spender, Gönner und das Publikum verraten. Sie denunzierten jeden als rechtsgerichtet, der sich beschwerte. Man sei gefühllos und gleichgültig gegenüber dem Tod anderer oder schlichtweg unmoralisch. Das Ganze war übertrieben und furchtbar, aber es ging immer weiter.
Als die Häuser schließlich wieder öffneten, wurden Masken und Impfungen Pflicht. Der Broadway diente als Vorbild und hat sich so beinahe selbst den Todesstoß versetzt. Jetzt gibt es zwar keine Vorschriften mehr, aber der Broadway musste starke Rückschläge einstecken.
Es hat drei Jahre gedauert, bis alles wieder vollständig offen war. Dabei hätten sie gar nicht schließen sollen.
Tiefpunkt in der amerikanischen Kunst
Die Spielstätte Tanglewood in Berkshires, eine Gebirgsregion im Bundesstaat Massachusetts, war ein gutes Beispiel. Sie sagte das gesamte Musikprogramm für die Dauer der Lockdowns ab, und das, obwohl der Veranstaltungsort größtenteils im Freien lag! Sie kündigten alle Verträge und Programme. Die Zuhörer wurden im Stich gelassen. Die Musiker wurden beurlaubt und mussten zu Hause Däumchen drehen. Es ist ein Wunder, dass nicht noch mehr von ihnen vor lauter Langeweile ins Gras bissen.
Das war ein Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Kunst.
Das Publikum hat inzwischen seine Abonnements gekündigt und auch sonst das Interesse verloren. Wohlhabende Sponsoren, die zuvor große Summen spendeten, um die künstlerischen Errungenschaften für unsere Zivilisation zu erhalten, wurden auf besonders perfide Weise verprellt, als die Verantwortlichen dieser Veranstaltungsorte beim Virus-Ausbruch beschlossen, die Musik sterben zu lassen.
Hier sind wir drei Jahre später. Das Publikum ist unruhiger denn je. Alle sind nervös und zutiefst misstrauisch. Sie sind bereit, es noch einmal zu versuchen. Aber sie sind abgestumpfter als früher und ziemlich verärgert. Nichts ist mehr, wie es war. Die Toleranz ist verschwunden.
Man geht davon aus, dass diese Veranstaltungsorte
1. versuchen würden, die Talente für ihren Schaden zu entschädigen, den sie verursacht haben,
2. ein publikumsfreundlicheres Programm anbieten und
3. es vermeiden würden, sich aggressiv in weitere politische Kontroversen zu stürzen.
Leider ist das nicht der Fall. In den gehobenen Veranstaltungsstätten sind immer noch dieselben Managementstrukturen. Die Anschauung über das, was die Bevölkerung mag, ist immer noch genauso abgehoben und realitätsfern wie früher. Sie glauben, dass sie einfach zur Normalität übergehen können, als ob nichts geschehen wäre. Aber das Publikum macht da nicht mehr mit.
Keine Toleranz für „Woke“-Unsinn
Zum einen kommen die Zuschauer nicht mehr so zahlreich wie früher. Zum anderen funktioniert die alte Abmachung – ihr gebt uns Klassiker und wir tolerieren euren „Woke“-Unsinn nicht mehr. Das Publikum wurde zwei und mehr Jahre gegängelt. Seine Geduld für den Mist, den sie nicht mögen, ist ziemlich am Ende.
So kam auch der LGBT-Pride-Monat zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Früher hätten die Zuschauer nur mit den Augen gerollt, sich die Lobhudelei gefallen lassen und weitergemacht. Heutzutage ist das anders. Das Publikum lässt sich nicht mehr auf eigene Kosten die „Woke“-Theorie einflößen. Das hilft den Institutionen auch nicht bei ihrem Bestreben, wieder auf die Beine zu kommen.
Während Drag Queens vor ein paar Jahren wenn auch als geschmacklose, aber doch harmlose Exzentrik galten, werden sie jetzt als echte Bedrohung für die Grundwerte der Zivilisation angesehen. Man kann sich privat anziehen, wie man will. Aber wenn diese Bewegung anfängt, die Kinder in den Schulen mit Propaganda und medizinischen Eingriffen zu bedrängen, ist der Ofen bei den Menschen aus.
Traditionell erhielten Kunststätten einen Freibrief. Sie durften politisch mitmischen. Das Publikum sah das meist als harmlos an. Heute ist das nicht mehr so. Immer mehr Menschen merken, dass sie mit Geld und Zeit gut haushalten müssen.
Das ist anders als früher
Das ist etwas anderes als früher. In den vielen Jahrzehnten des schleichenden Progressivismus habe ich noch nie erlebt, dass ein Aufstand von Verbrauchern eine Marke zu Fall gebracht hat. Es bedurfte nur einer Sonderedition der Bud Light-Bierdose, die einen Lausbuben feierte, der sich als Mädchen ausgab. Das führte zu einem landesweiten Boykott und endete mit einem Vertriebseinbruch des einst meistverkauften Bieres.
Viele andere Marken haben das gleiche Problem, darunter die Einzelhandelsunternehmen Target und Kohl’s sowie einige andere mehr. Und was die Medien angeht, so scheint CNN angesichts der genervten Zuschauer kaum noch die Kurve zu kriegen, um nicht vollkommen zerrissen zu werden. Das Gleiche gilt auch für viele andere Mainstream-Medienkanäle.
Neulich war ich in einem Symphonie-Konzert, wo unter dem Motto „PRIDE“ exzessiv die Trans-Agenda propagiert wurde. Nach dem ersten Vorhang geschah etwas Faszinierendes. Der übliche lange Beifall blieb aus. Plötzlich war es still. Die Leute verließen die Vorstellung so schnell, wie sie konnten und traten sich dabei fast auf die Füße.
Ich fragte einen erfahrenen Experten aus der Kunstbranche, was das zu bedeuten hat. Er erklärte mir, dass das plötzliche Ende des Applauses nach den letzten Noten die einzige Möglichkeit des Publikums ist, seinen Unmut auszudrücken. Es sei so, als würde man einem Kellner im Restaurant nur 5 Prozent Trinkgeld geben. Es ist eine klare Aufforderung an das Haus, es besser zu machen. Die Künstler haben das sofort verstanden – aber das Management auch?
Was muss sich ändern?
Aber wie können sie es besser machen? Das ist ein sehr langer Weg. Kurzfristig gäbe es einige einfache Lösungen. Die Museen sollten die alten Meister in den Mittelpunkt rücken und aufhören, die Besucher durch Räume mit Gegenwartskunst zu quälen und so zu tun, als ob das alles auf demselben Niveau wäre. Ihre Websites sollten die Schönheit gegenüber der Gleichmacherei des „Woke“-Narrativs hervorheben. Sie sollten der heuchlerischen Identitätspolitik ein Ende setzen, weil sie lächerlich und eindeutig manipulativ ist.
Langfristig sollten die Häuser die Schönheit neu entdecken. Beim modernen Kunsterleben ging es darum, Schönheit neu zu definieren, bis zu ihrer völligen Auslöschung. Das muss sich ändern. Und mit Schönheit meinen wir nicht nur hörbare und sichtbare Schönheit. Wir meinen auch intellektuelle, moralische und philosophische Schönheit – das Hochheben und Würdigen von Werten inmitten der schmerzlichen Erfahrungen des Lebens. Das war das Wesen der Kunst von der Antike bis zu dem irrsinnigen Versuch, Mitte des 20. Jahrhunderts alles auf den Kopf zu stellen.
Kunst kann ein Comeback feiern, aber nicht durch das immer extremere Beschwören der gleichen progressiven Haltung. Kunst kann nur wiederbelebt werden, wenn man die Bedürfnisse des Publikums und der Sponsoren nach einer inspirierenden Kunsterfahrung versteht und respektiert. Leider bin ich nicht optimistisch, dass sich das in nächster Zeit ändern wird.
Wenn es den Live-Veranstaltungsorten nicht gelingt, mit der Zeit zu gehen, werden Künstliche Intelligenz sowie Spiele und Actionfilme den Markt weiter dominieren, bis die alten Formen völlig verschwunden sind. Der Slogan „Go woke, go broke“ (Wer woke ist, geht pleite), gilt auch für die Kunst.
Zum Autor
Jeffrey A. Tucker ist Gründer und Präsident des Brownstone Institutes und Autor vieler Tausend Beiträge in wissenschaftlichen und Mainstream-Publikationen. Zudem hat er zehn Büchern in fünf Sprachen verfasst, zuletzt „Freiheit oder Lockdown“, und ist Herausgeber von „The Best of Mises“. Er schreibt eine tägliche Wirtschaftskolumne für die Epoch Times und hält zahlreiche Vorträge zu den Themen Wirtschaft, Technologie, Sozialphilosophie und Kultur.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Will Arts in America Go the Way of Bud Light?“ (deutsche Bearbeitung nh)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion