Was macht ein glückliches Leben aus?
Was ein glückliches Leben ausmacht? Antworten darauf will dieses Buch nicht liefern. Doch der Band „Das Geschenk der zwölf Monate“ kann viele Anregungen geben und als Quelle der Inspiration dienen.
Ursula und Helmut Wittmann sind hierbei Ideengeber und Autoren. Sie beschäftigt sich schon seit Jahren mit der heimischen Natur- und Kräuterküche, er ist seit bald 34 Jahren Märchenerzähler von Beruf. Tochter Heidemarie Wittmann gestaltete das grafische Layout.
Für die Illustrationen zeichnet Agnes Ofner verantwortlich und gibt damit den Geschichten einen passenden bildnerischen, von Spielfreude geprägten, Ausdruck.
Hält Körper, Leib und Seele zusammen
Das Besondere an dem Buch: es verbindet Herz und Verstand, Seele und Magen, ist generationsumspannend gültig, und jeder kann etwas mitnehmen, auf welcher Station seines Lebens er oder sie gerade weilt.
In einer Melange aus Geschichten und Rezepten, die wohltuend in ihrer Einfachheit als auch Güte wirken, ist dieses Buch geradezu prädestiniert, ein treuer Lebensbegleiter zu werden. Für Familien ist es mehr als empfehlenswert. Die Illustrationen, in ihrer Farbigkeit den Jahreszeiten entsprechend, erfreuen das Auge und verführen, in die Geschichten einzutauchen. Die Naturfotografien fangen den Reiz der jeweiligen Monate ein.
„Bissen für Bissen und Schluck für Schluck zu verinnerlichen“, was „gerade gedeiht oder dieser [Jahres-]Zeit entspricht“, heißt es im Vorspann. Und verweist so auf die Analogie des Jahreskreislaufes zu den verschiedenen Lebensstufen, die wir „durchwandern“.
Die Phasen des Wachsens, Werdens und Vergehens, im Großen wie im Kleinen, auch an jedem Tages- und Nachtwechsel sichtbar, werfen dabei die alles bestimmende Frage nach dem Woher, dem Wohin und dem Sinn auf. Wollen wir, frei nach Brecht zitiert, nicht riskieren, stets vor unserem Glück davonzurennen, ergibt es Sinn innezuhalten.
Das Alte ist mit der Ernte abgeschlossen
Mit Leichtigkeit zeigt Helmut Wittmann die Verbindungen vorchristlicher und christlicher Traditionen im Brauchtum. So nimmt es auch nicht wunder, dass der Reigen der zwölf Monate nicht mit dem Januar beginnt, sondern mit dem November. Dort, wo das Jahr an seinem Tiefpunkt angelangt ist, mit Allerheiligen und Allerseelen der Toten gedacht.
„Der neue Jahreskreis wird also mit einem Dank an die Altvorderen begonnen“, ist zu lesen. Es lenkt dabei sowohl die Aufmerksamkeit auf all das, was Generationen vor uns für uns heute geschaffen haben, warnt uns aber auch wach zu bleiben, was man besser nicht machen sollte.
Passend dazu schließt sich eine Geschichte aus Italien an, in der ein junger Bursche versucht dem Tod zu entgehen, mit dem festen Vorsatz, ewig zu leben, und das Land sucht, in dem man nicht stirbt. Das gelingt ihm auch. Doch das ist nicht das Ende. Es ist ihm als Mensch schlicht unmöglich, dieses Paradies auszuhalten.
Jedes hat seine Zeit
Wittmann geht es beim Geschichtenerzählen nicht darum, in eine nostalgische Vergangenheit abzutauchen. Entscheidend ist für ihn, wie die Geschichten helfen, „mir die Gegenwart zu erklären und ein bewusstes und gutes Leben zu führen“, sagt er im Gespräch mit der Epoch Times.
Und dies – das gute Leben – kann nur in der Gegenwart stattfinden. Ein Mittel im Hier und Jetzt zu sein sind Märchen und gutes Essen: Beides verlangt Aufmerksamkeit, will richtig geschmeckt, verdaut und genossen sein.
„Das Geschenk der zwölf Monate“ ist keine Flucht aus der Wirklichkeit, sondern eine Einladung, diese intensiver wahrzunehmen. Wie in der Geschichte, die dem Buch den Titel gab, ist unsere Fähigkeit gefragt, die Schönheit und die Qualität jedes Monats, jeder sich verändernden Jahreszeit, jeder anderen Lebensstufe wahrzunehmen. Es kommt auf die Einstellung an. So einfach – möchte man ausrufen – und doch nicht immer leicht, umzusetzen.
Bräuche und Rituale unterstützen dabei, uns das Wechselspiel der Natur und damit des eigenen Lebens zu vergegenwärtigen. Es würdigt das Jetzt, den Augenblick und stärkt damit auch das Vertrauen, dass alles zur rechten Zeit kommt, wenn ich mich eingebunden weiß in eine größere Ordnung.
Köstlichkeiten wie Grießschmarrn mit Apfelmus
Als Helmut Wittmann Fotos vom Essen seiner Frau postete, kamen wiederholt Fragen nach der Zubereitung auf. Da wurde ihnen bewusst, dass nicht mehr selbstverständlich vorausgesetzt werden kann, dass die Zubereitung traditioneller und oft auch einfacher Gerichte bekannt ist.
Damit wurde der Samen zur Entstehung des Buches gelegt. Folgerichtig stehen zu Beginn zwei Grundrezepte: Gemüsesud und Strudelteig – letztere gekennzeichnet als „Grundlage für viele Köstlichkeiten“. Ergänzt wird dies durch die Rezepte für Hühner- und Rindsuppe.
Dass es hierbei um Rezepte geht, die leicht umgesetzt werden können, unterstreicht die Polaroid-Optik der Aufnahmen. Die Zutaten sind dabei nichts Außergewöhnliches, doch die Qualität muss stimmen, wie mehrfach betont wird. Am besten regional bezogen, denn in den Beziehungen zu den Produzenten lässt sich Wertschätzung angemessen ausdrücken.
Immer wieder taucht der Apfel auf: sei es als Geschenk des Nikolaus, als Bratapfel oder als Mus. Für Helmut Wittmann ist der Apfel ein „Lebens- und Heilmittel zugleich“. Es ist die Frucht der Erkenntnis – nicht nur beim Nikolaus, der mit den Nüssen auch gleich noch Nahrung für die Geisteskräfte schenkt – sondern in vielen Geschichten. Es sind die goldenen Äpfel, die Himmel und Erde verbinden, die es zu würdigen gilt.
Dass es im Buch um nichts Geringeres als die ganze Menschheit in ihrer Verschiedenheit geht, legt bereits die einführende Geschichte nahe. Sie endet mit der Vision, dass menschlicher Streit beigelegt werden kann.
Mit Geschichten über das Leben nachdenken
Helmut Wittmann kann aus einem über die Jahre immer reicheren Fundus an Geschichten, Legenden, Märchen schöpfen. Manche von ihnen hat er interessanterweise an unterschiedlichen Stellen der Welt in ähnlicher Form entdeckt.
Die uns bis heute etwas zu sagen haben, sind erhalten geblieben, die anderen in Vergessenheit geraten, sagt er. Die „Almtaler Weihnachtssage“ mit dem sogenannten Störibrot hat er beispielsweise in einer wissenschaftlichen Sammlung aus den 1930er-Jahren entdeckt. Dank einer Almtaler-Bäuerin fand sich auch das Rezept dazu und konnte samt Geschichte im Buch dokumentiert werden, berichtet Wittmann weiter.
Geht es weiter im Jahreskreis, kann man sich auf allerlei Frühlingsfrisches zur Osterzeit freuen. Märchen wie „Die Tochter der Blumenkönigin“ erinnern an die Erzählung von Demeter und Persephone und zeigen bildstark, dass solcherlei Geschichten bei Leibe nicht nur etwas für die dunkle Zeit sind.
Mit den Feiern zu St. Johanni, der kürzesten Nacht des Jahres, findet das Jahr sein Pendant zur Weihnachtszeit mit den längsten Nächten, auch als Raunächte bekannt. Jede Zeit hat ihre Qualität und Reize.
So ist „Das Geschenk der zwölf Monate“ eine wahre Schatztruhe an überliefertem Wissen, voller Geschichten, die auf geheimnisvolle Weise wirken.
Ergänzt wird das Buch durch ein hilfreiches Rezeptregister sowie eine ausführliche Liste mit Quellenangaben und Literaturhinweisen. Ein Exkurs rund ums Räuchern verrät Wissenswertes für die kommenden dunklen Tage.
Die Herzen berühren
Im Oktober ist Folgendes zu finden: Gemäß der Tradition der Sufi-Geschichten pflanzt der Meister mit seiner Erzählung ein Samenkorn in das Bewusstsein seiner Schülerinnen und Schüler.
Einmal bat ein Schüler seinen Meister, er solle ihnen doch bitte die Symbole und versteckten Bedeutungen der Geschichten erzählen.
Der Meister lachte. Wie könnt ihr eine Frucht schmecken, wenn der Händler sie für Euch isst und nur blumig von seiner Heilkraft erzählt und Euch die leere Schale reicht?
„Wenn ihr also etwas haben wollt von einer Geschichte, dann müsst ihr sie euch schon selber auf der Zunge zergehen lassen, damit sie den Geist belebt und vielleicht auch zu Herzen geht. Wer möchte schon auf diesen Genuss verzichten? Und je mehr ihr genießt, desto mehr werdet ihr verstehen.“
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