Warum die deutsche Sprache verrückt ist (2)
„Ich habe gelesen, dass ein Intensivtäter den Mordversuch an einem Polizeioberkommissar gestanden“, sagt Hong zu einem deutschen Freund. Es geht um den Jugendlichen, der Anfang dieses Jahres einen Polizisten außer Dienst vor einem Geldautomaten in Berlin-Reinickendorf niedergestochen hat. Hong, Doktorandin, liest oft deutsche Zeitungen, auch Artikel über schwierige politische Themen. Sie diskutiert mit deutschen Freunden mit fast akzentfreiem Deutsch. Nur vergisst sie oft das Verb, das im Nebensatz hintendran hängt.
Das ist auf keinen Fall ein Einzelfall bei Ausländern. Herr Wu, verheiratet mit einer Deutschmuttersprachlerin seit ein paar Dutzenden von Jahren, wohnt auch fast genauso lange in Deutschland. Aus seinem Mund hört man oft so etwas wie: „Wir wussten nicht, dass er letztes Jahr in den USA gewesen.“ An Intelligenz fehlt es bei ihm nicht. Als Topmanager in einem renommierten internationalen Konzern spricht er neben Chinesisch als Muttersprache auch noch Englisch und eine andere europäische Sprache perfekt.
„Nebensatz“ war ein schwieriges Thema, das ich mir beim Deutschlernen neben Zahlen, Artikeln, Mehrzahlform, trennbaren Verben usw. hart erkämpft habe. Besonders wenn viele Einschübe den Satz unheimlich lang machen, weiß ich am Ende des Satzes nicht mehr, wo mein Kopf steht, und der Kopf des Satzes auch nicht mehr. Auf der Strasse traf ich zum Beispiel eine Unikollegin. Mit Freude redeten wir über das in Deutschland selten zu sehende schöne Wetter für eine kurze Weile. Dann wollte ich ihr eine interessante Veranstaltung empfehlen, zu der wir eventuell zusammen hingehen können. „Ich habe von Maria gehört, dass sie am Freitag nächster Woche um 16 Uhr mit ihren Freunden zu einem großen Abschlussfest in der großen Sporthalle am Fluss.“ Meine Unikollegin starrte mich noch schweigend ein paar Sekunden an. „Mensch“, sagte ich innerlich zu mir selbst, „das ist ein Zeichen, dass ich den Satz schon wieder nicht ordentlich beendet habe.“ So suchte ich schnell im Kopf nach dem Anfang des Satzes: „…. dass sie…. „ nun ist mir eingefallen, was noch fehlt: geht. Also der Nebensatz sollte heißen: „… dass sie …………………….geht.“
Zum Glück haben mich alle verstanden, auch wenn ich das Verb vergaß. Und alle haben Geduld gezeigt, als ich mich anstrengte um die Frage, was ich hintendran hängen soll, zu lösen. Das ist gar nicht so einfach, wie es sich die Deutschen vorstellen! Man muss ja erstmal dem Satzfluss entgegen schwimmen bis zur Quelle des Flusses. Dann analysieren, welche Person das ist, ich, wir, du, ihr, Sie, er, sie, es, oder sie (Plural der dritten Person), das ist nämlich wichtig für die Endung des Verbs hintendran. Aber das ist noch längst nicht fertig. Denn dazu gibt es noch die Unterschiede zwischen den zwei Vergangenheitsverben „sind“ und „haben“. Also ich BIN gegangen, gelaufen, geschwommen, gestanden, hingefallen…. Aber ich HABE eingekauft, Ball gespielt, gesehen, gehört, gerochen…. Wenn z.B. die Person im Nebensatz „ich“ bin, muss man noch am Schluss je nach dem Verb entscheiden zwischen bin und habe. Somit ist der Endspurt vollendet! Und man darf nun den Fluss entlang gemächlich weiter schwimmen.
Bis man heil am Ende des Flusses ankommt, sieht man das Meer breit, den Himmel weit. Uff, darf man endlich mal ausatmen.
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