Warum die deutsche Sprache verrückt ist (1)
„Die Nummer lautet dreiundsiebzig, einundzwanzig, einhundertfünfundachtzig.“ Ganz schnell gibt einer am anderen Ende des Telefons seine Telefonnummer durch. „Eh … also sieben, drei, zwei, eins, eins, acht, fünf?“ erwidere ich fragend. „Ja richtig.“ Vor Erleichterung atme ich aus. Diese Szene kommt immer wieder vor, obwohl ich die deutsche Sprache ansonsten sehr gut beherrsche. Sobald ich mit zweistelligen deutschen Zahlen zu tun habe, werde ich ein bisschen nervös, als ob eine Maschine, die ganz normal vorwärts läuft, plötzlich auf die Bremse treten und rückwärts laufen müsste.
Auf dieser Welt kenne ich keine andere Sprache, bei der die zweistelligen Zahlen in der umgekehrten Reihenfolge angeordnet sind wie im Deutschen. Auf Englisch heißt 24 twenty four. Auf Chinesisch: er shi si, also zwei zehn vier, oder zwanzig vier. Nur auf Deutsch sagt man zuerst vier und dann zwanzig.
Bis heute kann ich mich immer noch ganz genau daran erinnern, wie ich in den ersten Jahren meines Deutschlandsaufenthaltes mit den Zahlen gekämpft habe. Im Deutschkurs hörte ich mit höchster Konzentrationskraft der deutschen Lehrerin zu, die langsam eine Reihe Zahlen vorlas. Ich schwitzte dabei und schrieb jedes Mal ein paar Zahlen falsch. Beim Terminausmachen mit Freunden hörte ich ein Datum, stand dort mit verdrehten Augen ein paar Sekunden lang, dann kapierte ich, an welchem Tag der Termin stattfinden würde.
Als ich mich bei Renate, einer meiner deutschen Freundinnen, darüber beschwerte, verteidigte sie die verrückten Zahlen dadurch, dass die Franzosen dabei auch nicht viel besser sind. Für 87 sagen sie nicht wie auf Englisch eighty seven, oder wie auf Deutsch siebenundachtzig, sondern, ins Deutsche übersetzt, vier (mal) zwanzig (und) sieben. „Das ist ja wirklich verrückt oder?“ fragte mich Renate mit einem leicht nach Triumph klingenden Ton. „Na ja. Die Franzosen sind sowieso für ihre Unordnung weltbekannt. Es wäre unfassbar, wenn die Franzosen alle Zahlen sehr ordentlich aufbauen würden. Aber die Deutschen, die so viel Wert auf die Ordnung legen und auch darauf stolz sind, bauen alle zweistelligen Zahlen auf diese Weise: das erst ist die Hölle“, sagte ich.
Allerdings fühlte ich mich sehr getröstet, als ich vor ein paar Jahren mit ein paar deutschen Freunden zusammen im Ausland eine Reise machte und in einer Jugendherberge eincheckte. Die Kassiererin sagte zu Caro auf Englisch: „Thirty four“. Und sieh da, Caro gab ihr dreiundvierzig Euro! Blitzschnell habe ich verstanden, woran es lag. Ein typischer Ausländerfehler! Mit Blick auf meinen früheren Kampf mit den deutschen Zahlen stieg in mir sogar ein Stück Schadenfreude auf: „Endlich sind die Deutschen mal dabei, Probleme mit Zahlen zu haben.“
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