Wahlen in Sachsen und Brandenburg

Obwohl – oder gerade weil – eine breite Front aus Politik, Medien und Kultur im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg massiv gegen die AfD und teils gegen den Osten insgesamt Stimmung gemacht hatte, fuhr die rechtskonservative Partei neue Rekordergebnisse ein. Die Grünen hingegen blieben trotz massiven Rückenwindes unter den Erwartungen.
Von 2. September 2019

Demonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern, die zum Teil aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren, Warnungen aktiver und ehemaliger Politiker, Wirtschaftsführer, Verbände und Künstler, Enthüllungen über die Teilnahme des brandenburgischen Spitzenkandidaten an einer Neonazi-Demonstration in Griechenland vor 12 Jahren: All das konnte 27,5 Prozent der Wähler in Sachsen und 22,5 Prozent jener in Brandenburg nicht von einer Stimmabgabe für die AfD abhalten.

Gleichzeitig nützten den Grünen monatelanger medialer Rückenwind, Berichte über einen angeblichen „Klimasommer“ mit den höchsten Temperaturen aller Zeiten und Umfragen, die sie bundesweit zum Teil auf dem ersten Platz in der Wählergunst sahen, wenig. Zwar erzielten die Ökosozialisten in Brandenburg mit 10,8 Prozent erstmals in einem ostdeutschen Bundesland ein zweistelliges Landtagswahlergebnis, in Sachsen blieben sie jedoch ein weiteres Mal einstellig.

Nicht die Ergebnisse einer Kanzlerpartei

Das bis dahin bestes sächsisches Landtagswahlergebnis der Grünen lag bei 6,4 Prozent im Jahr 2009 und wenn sie den Einzug geschafft hatten, dann allenfalls mit Resultaten knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. In Brandenburg waren Grüne bislang überhaupt nur nach 1990 und seit 2014 in Landesparlament vertreten. Die Linkspartei blieb jeweils eine zu starke Konkurrenz.

Nach dem gestrigen Wahlsonntag (1.9.) sind die Grünen erstmals mit einem Ergebnis deutlich über der Sperrhürde in beiden Landtagen. Länderergebnisse von 10,8 oder 8,6 Prozent sind jedoch keine, die einer Kanzlerpartei angemessen wären.

Der Weg von dort zu Brandenburgs SPD unter Dietmar Woidke war dabei vor allem für die Wähler der Linkspartei nicht weit. Von dieser wanderten 19 000 zur SPD ab, aus den Reihen der Nichtwähler konnten die Sozialdemokraten 37 000 gewinnen. Gleichzeitig konnten sie die Verluste in Richtung der Grünen auf 6000 eingrenzen, die Hälfte dessen, was an Wählern an die AfD verloren ging.

Stärkere Wahlbeteiligung dank AfD

In Sachsen wiederum konnte die CDU 162 000 frühere Nichtwähler mobilisieren und insgesamt 67 000 Wähler aus den Reihen von SPD, Linken und Grünen für sich gewinnen, während sie netto mehr als 80 000 an die AfD verlor. Diese konnte wiederum 246 000 ehemalige Nichtwähler für sich mobilisieren.

Damit war die AfD – entgegen dem Narrativ ihrer Gegner, wonach diese nicht zu den „demokratischen Parteien“ gehöre – die Partei, die am meisten zur deutlich gestiegenen Wahlbeteiligung beitrug. Auch in der Altersgruppe zwischen 30 und 59 Jahren ist die AfD überdurchschnittlich erfolgreich, in Sachsen sogar bei den Jungwählern.

Demgegenüber waren Sachsens CDU und Brandenburgs SPD in der Gruppe 60plus am stärksten. In Sachsen wählten vielfach auch Bürger, die ihre Zweitstimme den Grünen gaben, mit ihrer Erststimme den CDU-Kandidaten, um ein AfD-Direktmandat zu verhindern.

ARD-Wahlexperte Jörg Schönenborn kam vor dem Hintergrund des gestrigen Wahlergebnisses nicht umhin, auszusprechen, was bereits frühere Umfragen erkennen ließen: Immer mehr Menschen in Deutschland haben den Eindruck, die etablierte politische und mediale Klasse setze sich über die reale Stimmungslage in weiten Teilen der Bevölkerung hinweg – und versuche diese durch Einschüchterung und Ausweitung von Tabuzonen mundtot zu machen. Immer mehr Deutsche sind der Überzeugung, dass die Redefreiheit in diesem Land eingeschränkt ist und sich dies auch in den Parteien zeige.

Ostdeutsche lehnen Gängelung ab

In Sachsen stimmten 98 Prozent der AfD-Wähler der Meinung zu, die Partei spreche aus, „was in anderen Parteien nicht gesagt werden darf“. Auch in der sächsischen Gesamtbevölkerung sind 58 Prozent und damit eine deutliche Mehrheit dieser Auffassung. Wer der AfD seine Stimme gab, machte damit auch deutlich, nicht länger bereit zu sein, sich durch organisierte moralische Empörung und dämonisierende Nazivergleiche beeindrucken zu lassen.

Gerade im Osten ist die Entschlossenheit offenbar weit verbreitet, nach den Erfahrungen der DDR nicht noch einmal bereit zu sein, sich die Breite zulässiger Meinungsäußerungen von politischen und medialen Eliten vorgeben zu lassen. Die begrenzten Zugewinne der Grünen und die spektakulären Erfolge der AfD stellen vor allem eine Absage an Tendenzen in Richtung einer Erziehungsdiktatur dar, die von der Ächtung bestimmter Denkweisen bis zur umfassenden Bevormundung in Fragen der Lebensführung geht – vor allem unter dem Banner des „Klimaschutzes“.

Ob und inwieweit die Botschaft der Wähler bei den Adressaten ankommen wird, ist ungewiss. Dass MDR-Moderatorin Wiebke Binder einer sachlich gestellten Frage wegen öffentlich und teils von ihren eigenen Kollegen einem Autodafé unterzogen wurde, deutet nicht darauf hin, dass man in den Reihen deutscher Leitmedien ein Übermaß an Einsichtsfähigkeit an den Tag legen würde. Der Vorfall geriet prompt zum Anlass für weitere Vergleiche der deutschen Medienlandschaft mit jener in der DDR. Auch pathetische und zum Teil slapstickartige Twitter-Perlen aus den Reihen der äußersten Linken lassen erahnen, dass dort nun erst recht eine Wagenburg-Mentalität Platz greifen dürfte.

Vor allem die CDU könnte dies vor ein ernstes Dilemma stellen. In Sachsen feierte Ministerpräsident Michael Kretschmer auch einen ganz persönlichen Erfolg. Gleich 35 Prozent aller CDU-Wähler gaben gegenüber Meinungsforschern der Forschungsgruppe Wahlen am Wahlabend an, die Partei ihres Spitzenkandidaten wegen gewählt zu haben. Selbst 52 Prozent der AfD-Wähler bescheinigten Kretschmer eine ordnungsgemäße Amtsführung.

Sachsens CDU profitiert von Zufriedenheit mit Regierungsarbeit auf Landesebene

Dass Sachsen auch in den Augen seiner Bürger als vergleichsweise solide und erfolgreich regiert betrachtet wird und sich in Bereichen wie der Bildungspolitik an die Spitze aller deutschen Bundesländer gesetzt hat, hat der CDU deutlichere Verluste erspart.

Allerdings drohen auch diese Erfolge künftig in Gefahr zu geraten, sollte die Union in Sachsen den Weg einer „Kenia-Koalition“ unter Einschluss von SPD und Grünen gehen. Insbesondere bei den Ökosozialisten kann die CDU kaum darauf bauen, dass diese bereit sein werden, bei ideologischen Zielen Abstriche zu machen, um den Wählern in Sachsen weiterhin eine moderate bürgerliche Regierungspolitik zu bieten.

Bitter war der gestrige Wahlabend entsprechend für die FDP. Trotz deutlicher Zugewinne reichte es für die Liberalen in keinem der beiden Bundesländer zur Rückkehr in den Landtag – und das trotz eines engagierten Wahlkampfeinsatzes der aus Brandenburg stammenden Generalsekretärin Linda Teuteberg.

Ähnlich erging es den Freien Wählern, die immerhin in Brandenburg als „Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler“ knapp über die Fünf-Prozent-Hürde kamen. In Sachsen konnten sie sich auf 3,4 Prozent fast verdoppeln, für einen Einzug reichte es dort jedoch nicht. Der Antritt lokal verankerter Persönlichkeiten der Freien Wähler wie im Stimmkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge 1, wo der als „DJ Happy Vibes“ bekannte Andreas Hofmann kandidierte, kostete AfD-Kandidaten mögliche Direktmandate.

Chancen für Weiterbestehen der Großen Koalition gestiegen

Für die Große Koalition im Bund sind die Überlebenschancen unterdessen mit den gestrigen Wahlergebnissen gestiegen. Zwar steht am 27. Oktober noch eine Landtagswahl in Thüringen bevor, dass es der CDU in Sachsen und der SPD in Brandenburg jedoch gelungen ist, immer Teilerfolge zu erzielen, verschafft auch den Parteispitzen im Bund eine willkommene Atempause.

Die AfD ist nicht stärkste Kraft geworden und steht schon bald vor neuen Flügelkämpfen, die auch die Landtagsarbeit belasten könnten. Auf der anderen Seite dürften schon bald die ersten bundesweiten Umfragen auftauchen, die die Grünen wieder unterhalb der 20-Prozent-Marke sehen.

Dass die Landtagswahlen im Osten für sie ein Dämpfer waren, ist auch wohlmeinenden Beobachtern nicht verborgen geblieben. Dass im nächsten Jahr lediglich eine Bürgerschaftswahl in Hamburg stattfinden wird, deren überregionaler Effekt begrenzt ist, könnte bei Union und SPD im Bund die Bereitschaft steigern, den Rest der Legislaturperiode auszusitzen.

Das gesellschaftliche Auseinanderdriften und die Polarisierung im Land insgesamt dürften weiterhin zunehmen.

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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