U-Ausschuss zur Berateraffäre: Von der Leyen als „Goldmarie“? – General verteidigt Ministerin
Am Donnerstag begann der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Berateraffäre im Verteidigungsministerium mit den ersten Zeugenvernehmungen. Das Gremium will Fragen nachgehen wie jener, ob Ministerin Ursula von der Leyen aktiv zu einer Vervielfachung der Kosten für externen Beratungsaufwand beigetragen hat – deren Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit in vielen Fällen infrage steht.
Digitalisierung als Neuland
General Ludwig Leinhos verteidigte in dem Untersuchungsausschuss seine Ministerin. Er hält den externen Berateraufwand insbesondere im Zusammenhang mit der Bundeswehr für durchaus angemessen – im Wesentlichen deshalb, weil zwar vielleicht nicht so sehr das Internet selbst, aber die Digitalisierung im Bereich der Aufgabenbereiche der Armee „Neuland“ sei, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel einmal formuliert hatte.
„Digitalisierungsthemen sind nicht die Komfortzone des Führungspersonals“, zitiert die „Welt“ den General. Der IT-Bereich sei an allen Ecken und Enden auf externe Expertise angewiesen, wie man sie so dynamisch nur auf dem freien Markt finde. Vor allem der Aufbau des neu gegründeten Cyberkommandos könne mit den bestehenden Kapazitäten nicht in der vorgesehenen Form vonstattengehen. Dies schaffe einen „riesigen Handlungsbedarf“.
Ob dieser jedoch auch einen saloppen Umgang mit den Tücken des Vergaberechts rechtfertigt oder gar, die externen Berater selbst bereits in die Leistungsbeschreibung von Aufträgen einzubinden, bleibt zu klären. Und genau dies ist geschehen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ aus dem Mailverkehr und Stellungnahmen Beteiligter erfahren haben will. Die Konsequenz wäre gewesen, dass sich im Grunde die Auftragnehmer ihre Aufträge de facto selbst geschrieben hätten, zumindest was Umfang, Reichweite und Konditionen angeht.
Rechnungshof-Chef erstellte bereits 2006 eine Checkliste
Thea Dilger vom Bundesrechnungshof machte entsprechend gleich zu Beginn der Sitzung deutlich, dass ihre Behörde erhebliche Missstände vorgefunden habe. Berateraufträge seien teils ohne Ausschreibung im Wettbewerb vergeben worden. Zudem seien Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht begründet worden. Für Dilger steht fest: „Die Fehlerquote ist inakzeptabel hoch.“
Dabei hätte der Bundesrechnungshof selbst eine Handreichung an die Ministerien formuliert, die Missstände der genannten Art beim Beratereinsatz verhindern helfen sollte. Der langjährige Behördenchef Dieter Engels hatte im November 2006 eine Liste von zehn Punkten zusammengestellt, die Bundesbehörden bei der Beauftragung von Beratern beherzigen sollten. Diese reichen vom Problembeschreibung und Zielfestlegung über Wirtschaftlichkeitsermittlung und öffentliche Ausschreibung bis hin zur Dokumentation der Verfahren.
Kosten für Berateraufwand in jedem Ministerium von der Leyens vervielfacht
Fehlende Erfahrung im Umgang mit externen Beraterverträgen kann man Ursula von der Leyen nicht vorwerfen. Bereits in ihrer Zeit als Bundesfamilienministerin von 2005 bis 2009 waren, wie die Linksfraktion im Wege einer Kleinen Anfrage eruierte, die Ausgaben für Expertise von außen von 3,1 auf 15,5 Millionen Euro gestiegen – ohne Cyberkommandos gegen russische Hackerangriffe und sonstige Risikopotenziale.
Im Ministerium für Arbeit und Soziales, dem von der Leyen von 2009 bis 2013 vorstand, stiegen die Ausgaben für externe Berater in einem ähnlichen Ausmaß. Statt wie zuvor zwischen drei und zehn Millionen bewegten sie sich fortan zwischen 15 und 27 Millionen. Im Verteidigungsministerium war allein in den Jahren 2015 und 2016 dem Rechnungshof zufolge ein dreistelliger Millionenbetrag veranschlagt worden.
Eine Ministerin als Goldmarie für Sachverständige, die das Prestige und die Solvenz des Staats als Auftraggeber schätzen und auf diese Weise ihre eigenen Einrichtungen auf eine wirtschaftlich nachhaltige Basis stellen, macht sich unter den Begünstigten viele Freunde. Allerdings ist auch diese an die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung gebunden.
Stellt sich heraus, dass Unregelmäßigkeiten im Bereich der externen Auftragsvergabe zu vermeidbaren Mehrausgaben geführt haben, könnten sogar strafrechtliche Konsequenzen im Raum stehen. Zusammen mit mehreren Pannen und Unzulänglichkeiten in der Qualität der Ausstattung der Bundeswehr würde dies einen weiteren Schatten auf von der Leyens Amtsführung werfen. Ob die bislang als „unrücktretbar“ geltende, einst als mögliche Merkel-Nachfolgerin und zuletzt immerhin noch als künftige Bundespräsidentin gehandelte Ministerin dann noch zu halten sein wird, ist ungewiss.
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