Trumps zweite Amtszeit beginnt unter veränderten Vorzeichen

Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus ist Ausdruck eines tiefgreifenden kulturellen Wandels. Geopolitische Neuorientierungen und die Erosion bisheriger Selbstverständlichkeiten sorgen in Europa für Besorgnis. In den USA selbst und in den BRICS-Staaten blickt man hingegen neuen Horizonten entgegen.
Titelbild
Donald Trump während der „Make America Great Again Victory Rally“ in der Capital One Arena, einen Tag vor seiner Amtseinführung in Washington am 19. Januar 2025.Foto: John Fredricks/The Epoch Times
Von 20. Januar 2025

Am Montag, 20.1., schlagzeilt das „t-online“-Nachrichtenportal von einem „Land am Abgrund“. Es meint damit nicht Deutschland, das inmitten einer anhaltenden Wirtschaftskrise steckt, sondern die USA, die sich auf die Amtseinführung ihres 47. Präsidenten Donald Trump vorbereiten. ZDF-Journalist Elmar Theveßen hatte schon vor vier Jahren die „Zerstörung Amerikas“ durch Donald Trump vorhergesagt.

Deutschlands Botschafter in den USA, Andreas Michaelis, warnt vor einer „maximalen Störung“, durch die neue Trump-Präsidentschaft, die zu einer „Neudefinition der verfassungsmäßigen Ordnung“ führen werde. Dies steht in einer vertraulichen Analyse für die Bundesregierung vom 14. Januar. Immerhin räumt das Auswärtige Amt ein, dass die USA „einer der wichtigsten Verbündeten Deutschlands“ blieben – und die Amerikaner sich in einer demokratischen Wahl für Trump entschieden hätten.

Rückkehr von Trump unter deutlich veränderten Vorzeichen

Warnungen vor dem Populismus, die Beschwörung westlicher Werte, für die fortan Europa allein einstehen müsse – vieles gleicht der Situation im Jahr 2017, als Donald Trump zum ersten Mal in das Weiße Haus einzog. Damals galten Frankreichs im April jenes Jahres gewählter Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als die Hoffnungsträger der liberalen Weltordnung.

Im Jahr 2019 kam Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin dazu. Sie alle sollten einem „starken Europa“ Geltung in der Welt verschaffen. Zusammen mit einer wachen Zivilgesellschaft würden sie dafür sorgen, dass Trump ein Präsident mit nur einer Amtszeit bleibt. Bis dahin werde man selbst ein weltweiter Vorreiter für den Klimaschutz sein und darüber hinaus Wladimir Putin die Stirn bieten. Im Januar 2021 schien es, als ob die Rechnung aufgegangen sei.

Vier Jahre später liegen unter anderem Corona, der Abzug der NATO aus Afghanistan, der Ukrainekrieg und die Energiekrise hinter uns. Angela Merkel ist im Ruhestand und tritt nur noch als erfolgreiche Memoirenautorin in Erscheinung. Emmanuel Macron konnte sich zwar für eine weitere Amtszeit als Präsident Frankreichs behaupten. Mittlerweile hat er jedoch keine parlamentarische Mehrheit mehr – und auch außenpolitisch kann Paris kaum Erfolge verbuchen. Vor allem afrikanische Staaten erweisen sich als „undankbar“ und weisen Frankreichs Militär die Tür.

„Vibe Shift“ hat weite Teile der US-Gesellschaft erfasst

Vieles deutet darauf hin, dass die zweite Präsidentschaft von Donald Trump der sichtbare Ausdruck einer „Vibe Shift“ ist – eines grundlegenden kulturellen Wandels in der westlichen Welt. Einen solchen diagnostizierten US-Magazine bereits 2022, und nahmen unter anderem Bezug auf einen sich ausbreitenden „Nihilismus“ im Angesicht der fortdauernden Corona-Pandemie.

Einen Teil dieser Entwicklung nahm bereits Joe Biden vorweg, als er 2021 anlässlich des Afghanistan-Rückzugs vom Ende des „Nation Buildings“ (Nationenbildung) sprach. Er nahm damit augenscheinlich primär auf die Ära von George W. Bush Bezug. Dieser hatte in Afghanistan und im Irak mit dem Sturz der dortigen Regime das Ziel verbunden, Neuanfänge mit dem Ziel einer demokratischen Ordnung zu ermöglichen. Die von seiner Politik geprägte Republikanische Partei verband solche Hoffnungen auch Anfang der 2010er Jahre noch mit dem Arabischen Frühling.

Noch grundsätzlicher wurde jedoch jüngst der designierte Außenminister Marco Rubio. Er unterwarf in seiner Anhörung im Senat die gesamte weltpolitische Orientierung der USA seit Ende des Kalten Krieges einer Fundamentalkritik. Es sei ein Fehler gewesen, so Rubio, dass die USA den Dienst an einer „liberalen Weltordnung“ an die Stelle nationaler Interessen gesetzt hätten. Damit gibt er einer grundsätzlichen außenpolitischen Neuausrichtung Ausdruck, die Donald Trump ab 2015 gegen massive Widerstände in der eigenen Partei durchgesetzt hat.

EU rüstet sich gegen Tech-Konzerne – USA lassen ihnen Freiräume

Auch in einer Vielzahl anderer Bereiche gibt die Präsidentschaft Trump 47 jetzt schon einem weitreichenden kulturellen Wandel Ausdruck. Davon gibt nicht nur der Auftritt von Rapper Snoop Dogg bei der jüngsten Kryptogala für den neuen Präsidenten. Anders als 2017 versammelt sich die Big-Tech-Elite fast geschlossen zur Amtseinführung. Noch 2020 hatten Silicon-Valley-Konzerne eine Rolle dabei gespielt, potenzielle Wähler für Biden zu mobilisieren. Heute sieht man in Donald Trump den Präsidenten, der den Unternehmen im globalen Technologiewettlauf den Rücken freihält.

Billige Energie, weniger Regulierung, freie Hand bei der Entwicklung von KI oder Big-Data-Lösungen – das soll den USA den Vorsprung vor China sichern. In Europa wird diese Entwicklung hingegen nach wie vor als Bedrohung aufgefasst. Mit Gesetzeswerken wie der Europäischen Datenschutzverordnung (DSVGO) und dem Digital Service Act (DSA) will man seinen Bürgern signalisieren, die Politik beschütze sie vor Gefahren, die mit der digitalen Revolution verbunden wären.

Diese reichen nach dem Verständnis von Brüssel weit – von Fake News und ausländischer Propaganda bis zum unkontrollierbaren Verlust von Daten an ausländische Mächte. Sogar Parteien wie die Freien Wähler warnen vor „Musks Algorithmen“, als wären diese ein größeres Übel als ein mächtiger Staat, der lenkend in den Meinungsaustausch eingreift. Demgegenüber spielen Befürchtungen, ein zu restriktives Umfeld könnte Europa von der weltweiten Entwicklung im digitalen Bereich abschneiden, nur eine geringe Rolle.

Bürger auch in EU skeptischer gegenüber „regelbasierter Ordnung“ und Eliteprojekten

Der Paradigmenwechsel in vielen Bereichen, dessen Ausdruck die Wiederwahl von Donald Trump darstellt, stellt für europäische Eliten tendenziell nach wie vor eine Überforderung dar. Viele rühren an zentrale Elemente des eigenen Selbstverständnisses. Trumps Ambitionen zum Austritt aus der WHO oder zum neuerlichen Verlassen des Pariser Klimaschutzabkommens stellen aus europäischer Sicht einen Bruch mit der „regelbasierten Ordnung“ dar, als deren Hüter man sich sieht.

In der breiteren Bevölkerung europäischer Länder selbst zeichnet sich hingegen eine Entfremdung von den eigenen Eliten und deren Erzählungen ab. Ausdruck davon ist unter anderem der Aufstieg hauptsächlich rechtsgerichteter politischer Protestbewegungen, die in der EU so stark sind wie nie zuvor. Mittlerweile spielen sie selbst in Ländern wie Portugal eine Rolle, wo es seit 1974, dem Ende des „Estado Novo“ von António de Oliveira Salazar, keine rechte Partei mehr im Parlament gegeben hatte.

Der Soziologe Frank Furedi äußert gegenüber der englischsprachigen Epoch Times, dass der Aufstieg populistischer Alternativen Ausdruck einer zunehmenden Entfremdung sei. Die Botschaft dieser Parteien laute, die Etablierten würden „uns nicht nur nicht vertreten, sondern sie hätten auch einer Politik zugestimmt und sie gefördert, die unserer Lebensweise zuwiderläuft“.

Migration, Netto-Null, Ukraine als Bruchlinien

Vor allem in der jungen Generation würden immer mehr Menschen auf neue politische Alternativen von rechts ansprechen. Dies sei insofern bedeutsam, als gerade diese in früheren Zeiten eher nach links tendiert hätten, erklärte der Leiter des Think-Tanks MCC Brussels.

Politologe Eric Kaufmann von der Universität Buckingham nennt vor allem das Unbehagen an der „woken“ Ausrichtung des europäischen Establishments als Hauptantriebskraft populistischer Kräfte. Tatsächlich profitieren diese flächendeckend von zunehmenden Ängsten im Kontext von Einwanderungsbewegungen. Umfragen zeigen, dass Migration in vielen EU-Ländern immer häufiger als eine der Hauptsorgen genannt wird.

Demgegenüber ist im Bereich der Kernanliegen des europäischen Establishments – von der Unterstützung der Ukraine bis zur Durchsetzung von Netto-Null-Zielen – ein deutlicher Rückgang der Zustimmung in der Bevölkerung zu verzeichnen. Zu den Gründen dafür zählen eine wachsende Angst vor einer militärischen Eskalation und eine spürbare Verteuerung des Alltagslebens. Die deutsche Energiewende – die Deutschland zum globalen Vorreiter machen sollte – wird zunehmend als abschreckendes Beispiel wahrgenommen.

Trotz Zoll-Drohungen: Optimismus mit Blick auf Trump 47 in den BRICS-Staaten

Während im europäischen Establishment die bevorstehende zweite Amtszeit Trumps und der „Vibe Shift“, den sie ausdrückt, Pessimismus auslöst, sieht man diese im Rest der Welt deutlich entspannter. Dies geht aus einer Umfrage des European Council on Foreign Relations (ECFR) hervor, aus der „CNBC“ zitiert.

Trump hat den BRICS insgesamt und Chinas KP-Regime im Besonderen deutliche Zollerhöhungen in Aussicht gestellt. Vor allem im Fall einer Abkehr vom US-Dollar sollen diese sich verdoppeln. Dennoch sagen 46 Prozent aller Chinesen, sie verbänden positive Gefühle mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus. In Russland sagen 60 Prozent der Befragten, Trumps Wahlsieg nütze den USA, 49 Prozent erklären jedoch auch, Russland würde davon profitieren. In Ländern wie Indien oder Saudi-Arabien sieht es ähnlich aus.

Hoffnungen löst in den BRICS-Staaten vor allem Trumps pragmatischer Zugang zur Außenpolitik aus. Von dieser verspricht man sich eine Abnahme der Spannungen an bestimmten geopolitischen Hotspots. Zudem sehen gerade manche BRICS-Staaten mögliche wirtschaftliche Vorteile durch Trumps „America First“-Politik.

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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