„Smile for Future“-Kongress im Chaos: Greta Thunberg verlässt den Saal – zerbricht die Klimajugend?

Scheitert die Klimarevolution von „Fridays for Future“ am Ende an heulenden Teenagern und zu wenig Auswahl am Büffet? Das Strategietreffen in Lausanne zeigt erste Differenzen atmosphärischer Natur innerhalb der europäischen Klimajugend. Es droht der Showdown zwischen behüteten Wohlstandskindern und hartgesottenen Linksextremisten.
Von 8. August 2019

Der „Smile for Future“-Kongress der von der 16-jährigen schwedischen Schülerin Greta Thunberg initiierten „Schulstreik“-Bewegung „Fridays for Future“ tagt zurzeit mit etwa 450 Teilnehmern im schweizerischen Lausanne. Der Kongress ist als europaweites Strategietreffen der Klimajugend geplant und soll einige Eckpunkte für die künftige Taktik und Ausrichtung der Bewegung festlegen.

Bereits nach drei Tagen zeichnet sich jedoch ab, dass eine Einigung nur schwierig zu bewerkstelligen sein wird. Das Portal „Buzzfeed“ berichtet gar davon, dass die Uneinigkeit zwischen den Teilnehmern so weit gegangen sei, dass Greta Thunberg zusammen mit etwa 30 weiteren Anwesenden während einer Debatte über einen konkreten Forderungskatalog den Saal verlassen habe.

„Blick“: Nerven liegen blank

Thunberg widersprach später Darstellungen aus den Reihen ihrer Anhänger, wonach der kollektive Auszug den Charakter eines „Streiks“ gehabt habe. Sie will lediglich eine Teilnehmerin getröstet haben, die zuvor in Tränen ausgebrochen sein soll.

Dennoch lässt sich der Eindruck kaum verbergen, dass die Bewegung, die bislang auf mediale Euphorie und politische Rückendeckung bauen konnte, an einem Punkt angelangt sein könnte, an dem folgenschwere Verwerfungen drohen – solche, die „Fridays for Future“ sogar in seiner Substanz gefährden könnten.

Aus 37 Ländern angereist sind die Teilnehmer, schreibt der Schweizer „Blick“. So hoffnungsvoll alles begonnen, lägen mittlerweile „die Nerven blank“, heißt es dort weiter – obwohl, sobald jemand mit den Händen ein Dach über dem Kopf forme, was bedeute, er „fühle sich unwohl“, sofort darüber sprechen dürfe. Selbst im Plenum.

Und unwohl scheinen sich einige zu fühlen. Von „Riesen-Zoff“ ist im „Blick“ weiter die Rede. Journalisten wurden sogar aus dem Plenumssaal gebeten. Heulende Teenies, Trotzgebaren und atmosphärische Unzulänglichkeiten waren diesen aber zuvor schon nicht entgangen.

Roaminggebühren als „Bahnsteigkarte 2.0“?

Unmut herrscht vielerorts bereits über Standortwahl und Verpflegung. Gerade osteuropäischen Jugendlichen erscheint Lausanne als außerordentlich teuer – und das Essen auf dem Gipfel sei weder besonders reichhaltig noch besonders abwechslungsreich. So wörtlich wollte man das mit dem Appell zum Verzicht dann wohl doch nicht genommen haben. Da im Nicht-EU-Land Schweiz auch Roaminggebühren anfallen, können einige Teilnehmer nicht einmal das Internet nutzen.

Ein weiterer Streitpunkt ist, wie stark man bezüglich der eigenen Forderungen und Anliegen ins Detail gehen will. Greta Thunberg hält ein 20-Punkte-Programm, das ein Komitee vorgeschlagen hatte, für zu spezifisch. Allgemeine Aussagen wie „Hören Sie auf die Wissenschaft!“ sollen nach ihrem Dafürhalten völlig ausreichen. Sie scheint erkannt zu haben, dass jede konkrete Festlegung einer Bewegung, die bislang ausschließlich von Emotionen und der fehlenden Definitionshoheit ihrer Kritiker profitiert, unterm Strich nur schaden kann.

Auch Eifersüchteleien scheinen sich breit zu machen. Die „Welt“ berichtet über feindselige Memes in deutschen Klimajugend-Foren, die sich gegen das deutsche Aushängeschild der Bewegung, Luisa Neubauer, richten und dieser „Personenkult“ vorwerfen.

„Antikapitalistische Plattform“ findet wenig Gegenliebe bei Osteuropäern

Vor allem aber deutet sich ein Showdown an zwischen behüteten gutbürgerlichen Oberschichtkiddies mit Klassensprecher-Attitüde, die im Villenviertel wohnen und ihre Freizeit im Reitstall verbringen, und ideologisch gefestigten, dialektisch geschulten kommunistischen Kadern, die mithilfe ihrer über Jahrzehnte hinweg bewährten Taktiken die inhomogene Bewegung unterwandern und in letzter Konsequenz an sich reißen wollen.

Einige rufen zu Gesetzesbruch und sogar Gewalt auf, wie es extremistische Gruppen wie „Extinction Rebellion“ oder „Ende Gelände“ bereits jetzt praktizieren. Einige Franzosen wollen sich mit den Gelbwesten solidarisieren und die „neoliberale Agenda der Macron-Regierung“ ins Visier nehmen. Andere wollen den „Kapitalismus“ abschaffen. In Deutschland soll sich sogar eine „antikapitalistische Plattform“ bei Fridays for Future gebildet haben.

Dies jedoch ist ebenfalls nicht überall konsensfähig. Der „Blick“ zitiert einen Teilnehmer: Die polnischen Teilnehmer finden das mit der Geschichte ihres Landes gar nicht lustig, wenn Deutsche und Franzosen in Richtung Kommunismus wollen.“

Schadet FFF am Ende auch den Grünen?

Am Ende könnte aber exakt dies die entscheidende Frage sein, die „Fridays for Future“ zum Implodieren bringen könnte: Will man weiterhin auf der Welle eines Medienhypes schwimmen und unverbindlich genug bleiben, um keine Angriffsflächen zu bieten und sich regelmäßige Unterstützungsadressen von Joko&Klaas zu sichern? In diesem Fall wird man dennoch diejenigen Aktivisten bei Laune halten müssen, die irgendwann die Frage nach konkreten Erfolgen der Bewegung stellen.

Oder will man die radikale und apokalyptische Rhetorik, die man mit Rückendeckung von Medien und politisierter Wissenschaft kultiviert hat, in konkrete politische Aussagen übersetzen? Dann aber wird eine explizite Positionierung am äußersten linken Rand die logische Konsequenz sein. Den Grünen, die auf eine baldige Regierungsbeteiligung hoffen, könnte dann aus diesem Spektrum jedoch die Gründung einer ökologistischen Variante der USPD drohen, was für sie zur stärksten Zerreißprobe seit dem Jugoslawienkrieg werden könnte.   

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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