Rolf Pieper: Viele Unternehmen verschwinden aus dem DAX

Die Zeiten der niedrigen Zinsen sind vorbei, Belastungen durch die Inflation erschweren den Vermögensaufbau. Am Horizont drohen weltweite Krisen. Ein kompliziertes Umfeld für Finanzgeschäfte, findet auch Finanzmarktexperte Rolf Pieper und gibt Tipps, wie man sich darin am besten bewegt.
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Finanzexperte Rolf Pieper.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 27. Februar 2024

Gibt es Wege, damit man der Inflation entgehen kann? Wie erhält man möglichst die Kaufkraft des Vermögens, wenn Geld immer weniger wert wird? Rolf Pieper ist Fachjournalist und internationaler Finanzexperte mit über 40 Jahren Erfahrung im Bank und Börsenwesen sowie CEO der TRI Concept AG und Gastautor bei der Epoch Times.

Ist es überhaupt möglich bei der hohen Inflation, dass man Geld real für sich arbeiten lässt?

Das ist durchaus möglich, wenn man bereit ist, breit zu diversifizieren. Ich denke dabei sowohl an eine Länderdiversifizierung als auch an eine Diversifizierung in einzelne Anlageklassen.

Durch die Geldmengenausweitung wurde viel Geld in die Welt gebracht, wodurch die Kaufkraft gelitten hat. Dadurch mussten wir in den letzten Jahren immer erst mal acht bis zehn Prozent erzielen, nur um Geldwert und Kaufkraft zu halten.

Bei den Assets fallen ja auch noch Kosten, Depotgebühr und Transaktionsgebühren an und bei Fonds Management Fees. Es ist wirklich eine Herausforderung, acht bis zehn Prozent nach Steuern und Kosten zu bekommen. Aber es gibt durchaus Anlageklassen, die das über eine ganze Weile schon schaffen.

Welche sind das?

Schauen wir uns mal die Assetklassen an, wer durchschnittlich was erreicht hat: Aktien waren tendenziell in diese Richtung unterwegs, auch die strategischen Metalle. Gold hat seit der Jahrtausendwende einen sehr guten Job gemacht, kriegt aber auch mächtig auf die Nase. Gold hatte letztes Jahr kurzzeitig 130 US-Dollar die Unze verloren. Das war ein großer Rücksetzer. Jetzt ist es aber wieder höher im Kurs als vor der Rücksetzung. Bei Gold darf man nicht nervös sein, Gold ist ein guter Stabilisator. Denn obwohl wir 130 US-Dollar pro Unze verloren hatten, gab es auf Jahressicht selbst in 2023 immer noch über sechs Prozent plus.

Im Bereich der Sachwerte haben Farbedelsteine eine super Performance. Der Gemval Index hat in den letzten Jahren seine sieben bis acht Prozent erzielt, war bei den ganz guten Steinen sogar im zweistelligen Bereich.

Man muss daher über einzelne Assetklassen nachdenken, was nehme ich mit rein? Mein Tipp ist: In das investiert zu sein, was Inflation treibt. Das sind Dinge wie strategische Metalle, Technologien und seltene Erden. Das waren ganz große Inflationstreiber. Wir haben ja während der Corona-Phase gesehen, als die Lieferketten zusammengebrochen sind, dass in dieser Zeit die Preise explodiert sind.

Das Spezialmetall Neodym ist ein gutes Beispiel. Es ist ein Kriegsmetall, weil es beispielsweise für Nachtsichtgeräte gebraucht wird. Es gab eine Marktverknappung durch die Ukraine-Auseinandersetzung, in deren Folge die Preise gestiegen sind. 200 Prozent Performance im Jahr. Da muss man nicht mehr über Inflation reden.

Sie haben von Länderdiversifikation gesprochen …

Da ich glaube, dass wir auf eine globale Krise zusteuern, brauchen wir nicht nur die Diversifikation in den Anlageklassen, sondern auch Währungsdiversifikation und Länderdiversifikation. Gerade hier im Euroraum merken wir, dass einige Länder wie Deutschland eine relativ hohe Inflation haben, und andere eine geringere. Deshalb sollte man sich mit diesen Ländern beschäftigen und sich so breit wie möglich aufstellen.

In den USA zum Beispiel ist die Inflation mittlerweile fast pari mit dem Zins. Das Land wies eine Inflation von 4,8 Prozent aus und die Staatsanleihen kompensierten das fast. Die zweijährigen Staatsanleihen gehen gerade relativ gut.

Die USA haben die Schuldenbremse komplett fallen lassen, wodurch der Ausweitung der Gesamtgeldmenge Tür und Tor geöffnet wurde. Ist es trotzdem noch sinnvoll, etwa in S&P 500 zu investieren?

Wir haben gerade im Euroraum erlebt, dass die Geldmengenausweitung eine Zeit lang gestoppt wurde. Aber das wird nicht lange aufrechterhalten und es wird auch in den USA nicht aufrechterhalten werden. Die drucken, wie sie gerade lustig sind und was sie gerade brauchen.

Was den S&P betrifft: Wenn man sich anschaut, welche Unternehmen den S&P tragen und welche nicht, dann stellt man fest, dass es sieben bis acht Firmen sind, die den S&P tragen.

Dahinter gibt es sehr viele Zombiefirmen, die mit billigem Geld ihre Unternehmen am Laufen hielten. Früher haben sie ein bis zwei Prozent Zins für einen Überbrückungskredit bezahlt, jetzt zahlen sie vier bis sieben Prozent und stehen vor einer Herausforderung.

Deswegen glaube ich, dass viele Unternehmen, die heute im DAX sind, verschwinden werden. Wir erleben gerade einige Pleiten. Das sind bekannte Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle nicht ordentlich ausgerichtet haben. Sie haben ihre Geschäftsfähigkeit nur noch durch Kredite finanziert.

Wenn diese Firmen mal identifiziert sind, werden wir eine andere Valuation im S&P 500, im Dow und im DAX erleben. Wir erleben ja gerade eine gewisse Korrektur. Ich glaube, dass die Märkte noch überbewertet sind. Es wird Rücksetzer geben und dann, denke ich, kann man wieder einsteigen.

Im Augenblick sollte man nach Einzeltiteln mit einer guten Salesstory oder einem guten Businessmodell suchen. Es gibt auch Fonds und ETFs, die global einen solchen Index abbilden. Da wäre ich aber sehr vorsichtig.

Außer in Großstädten wie Berlin, Stuttgart oder München fallen die Immobilienpreise. Aber die Inflation steigt. Ist es überhaupt noch sinnvoll, in Immobilien zu investieren im Sinne einer Altersvorsorge?

Wir sind in einer Immobilienblase und das zeigt sich gerade. Genau wie bei den Unternehmen wird jetzt auch bei den Immobilien die Finanzierung schwieriger. Wo ich vor fünf Jahren einen Kredit mit 1,6 Prozent hatte, habe ich jetzt einen mit 5,75 Prozent. Ich hatte gerade so einen Fall in der Beratung. Das heißt also, ich habe eine Verdreifachung der Zinsleistung, wenn ich einen auslaufenden Kredit habe und einen Anschlusskredit brauche.

Wenn wir schauen, was die Assets in den letzten Jahren eingebracht haben, da glaube ich, finden wir nur ganz wenige, bei denen auf fünf Jahre eine Verdreifachung stattgefunden hat.

Das bedeutet, dass die Bereinigung des Marktes noch nicht da ist. Wir werden sehr viele Immobiliennotverkäufe erleben. Auf der einen Seite durch die neuen Zinsleistungen, die erbracht werden müssen. Ich bin gespannt, wie einige Banken, die auch große Kreditrisiken haben, darauf reagieren. Und auf der anderen Seite brauchen wir auch noch Mieter dazu.

Bei fremdgenutzten Immobilien steht der Mieter vor der Herausforderung, dass ihm in den letzten zwei Jahren – in der Zeit der Inflationierung – die Kaufkraft um 20 bis 30 Prozent geschwunden ist. Der Vermieter müsste eigentlich mehr verlangen, weil er die dreifache Zinsleistung erbringen muss und der Mieter hat ja schon verloren und kann gar nicht mehr bringen.

Betrifft das Problem auch die teuren Immobilien?

Ich war letztens in München bei einem hochpreisigen Immobilieninvestor. Dem laufen zurzeit die Leute weg. Die Mieter kündigen, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Diese Bereinigung wird kommen. Auf der anderen Seite denken alle: „Wird ja schon wieder werden.“ – Es wird nicht werden. Nein, wir werden bei Immobilien auch in München bei einem 1A-Standort eine Bereinigung erleben und wir werden Rücksetzer in den Preisen haben.

Insofern muss man überlegen, ob die Immobilie als Asset geeignet ist. Wenn ich einen hohen Steuerhebel habe, dann vielleicht. Aber den gibt es zurzeit nicht so richtig. In einer Analyse des BDI kam heraus, dass drei Viertel der Immobilieninvestments nicht mal zwei Prozent Performance machen.

Aber auch bei der eigenen Immobilie gibt es Fallstricke, siehe Heizungsrenovierung.

Daher stellt sich die Frage, ob ich mit Immobilien überhaupt noch Performance hinkriege. Ich bin komplett für die selbst genutzte Immobilie. Das sollte ein wichtiger Bestandteil sein, weil sie auch Bestandteil des sozialen Umfeldes ist. Das finde ich sehr wichtig.

Aber auch bei der selbst genutzten Immobilie droht Gefahr: Fit For 55, EU. Du musst dein Haus renovieren, bis zum Geht-nicht-mehr. Die nächste Gefahr könnte ja sein, dass eine Art Lastenausgleich kommt. Es könnten auch Sonderabgaben irgendwelcher Art kommen. Wir haben es mit der Grundsteuer erlebt, da gibt es massenhaft Klagen.

Ein mögliches Modell wäre auch noch das folgende: die selbst genutzte Immobilie als steuerlicher Bestandteil des Einkommens. Das hat mir jemand aus der Politik zugeflüstert. Denkbar wäre, den hälftigen Wert eines Hauses über zehn Jahre versteuern zu müssen. Bei einem Immobilienwert von 500.000 Euro wär man dann bei 250.000, also erhöht sich meine Steuer um 25.000. Was meinen Sie, was dann in Deutschland los ist? Es gibt Politiker, die denken darüber nach.

Das nennt sich Schweizer Modell. In der Schweiz ist die selbst genutzte Immobilie Bestandteil der steuerlichen Betrachtung. Es wäre ein interessantes Modell und auch das leichteste, weil nichts transparenter ist als eine Immobilie, weil man ja weiß, wem sie gehört. Für die aktuelle oder die kommende Regierung wäre es einfach, diesen Hebel anzusetzen, dann wird über die Immobilie geplündert.

Wie sieht ein optimales Portfolio aus, um sich in Krisenzeiten abzusichern?

An Harvard und Yale wurde gelehrt – und dazu gibt es unzählige Studien –, dass ein weltweit globales, diversifiziertes Portfolio der richtige Ansatz ist in Zeiten, wie wir sie jetzt haben.

Man sollte auch mal darüber nachdenken, ob der Euro ein zukunftsfähiges Modell ist. Ich glaube nicht an den Euro, deshalb würde ich auf keinen Fall meine Hauptassets in Euroland haben.

Einmal im Monat gebe ich mein Musterportfolio heraus. Dort ist zu sehen, dass 65 Prozent meiner Vermögenswerte nicht im EU-Raum sind, auch um sie vor dem Zugriff des Staates zu schützen. Der Börsenguru André Kostolany hat mal gesagt: „Es ist keine gute Idee, in dem Land die größten Vermögensgüter zu haben, in dem man sein Einkommen bezieht.“ Das ist auch mein Spruch, den finde ich sehr gut.

Außerdem bin ich zurzeit mit mindestens 50 Prozent in Sachwerten. Man muss dort investiert sein, was die Inflationsrate treibt. Auch wenn die Menschen zurzeit nicht an Gold und Silber glauben, haben wir zurzeit eine der höchsten Silbernachfragen, die es jemals gegeben hat.

Was sich über Generationen immer sehr gut gehalten hat, das waren die Edelmetalle, die Edelsteine – und die Kunst. Alle drei sind in der steuerlichen Betrachtung nach zwölf Monaten steuerfrei und wenn ich sie dann so lagere, dass keiner darauf zugreifen kann, ist das eine gute Geschichte.

Man darf die Aktien nicht verkennen, aber ich bin ein Anhänger von Value. Value-Aktien waren in Krisenzeiten immer die besseren Aktien. Bei Growth muss ich an die Story glauben und an die Weiterentwicklung. Um es auf den Punkt zu bringen: Nicht alles zu Volksbank und Sparkasse bringen, das muss jedem klar sein. Jeder braucht Diversifikation, um den Wirrungen des Marktes zu entkommen. Und die Wirrungen des Marktes werden kommen.

Sie meinen also, in Werte zu investieren, die man anfassen kann und reale Werte sind und nicht nur Papierversprechen?

Korrekt. Mein Investmentansatz ist: Knappheit. Alles, was von Natur aus begrenzt und mathematisch nicht erweiterbar ist. Wenn ich in dem Bereich unterwegs bin, da fallen die ganzen Assetklassen, die ich gerade genannt habe, mit rein, dann ist man schon mal in einem knappen Markt. Knappe Kunst und was auch immer zu nennen ist, strategische Metalle und Rohstoffe. Was sind die Zukunftsmetalle? Da ist in der Regel zurzeit die Nachfrage größer als das Angebot. Und daran kann man Geld verdienen.

Herr Pieper, herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Alexander Zwieschowski, redaktionelle Bearbeitung durch Matthias Kehrein. Das vollständige Interview sehen Sie unter www.epochtv.de.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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