Regierungs-Grün in Österreich: Wird Kogler schon zum Mogler?

Die Grünen in Österreich mussten für die neue Regierungskoalition reichlich Federn lassen. Wurden hier ehrliche Kompromisse ausgehandelt oder ging es nur um scheinbare Anpassungen zur Erlangung von Macht?
Von 7. Januar 2020

Die „neue Koalition der Verantwortung“, so nennt sich das Bündnis aus ÖVP und Grünen im Regierungspakt in Österreich. Es brauche eine „Regierung, die die großen Fragen unserer Zeit angeht“ und auch den Schutz der Umwelt. Dieser dürfe aber nicht zu einer starken Wirtschaft im Widerspruch stehen.

Nach der Angelobung der neuen Regierung durch Bundespräsident Van der Bellen bezogen die neuen Minister ihre Ämter. Lediglich der neue Vizekanzler Werner Kogler wollte nicht in das „klassische“ Vizekanzlerbüro am Minoritenplatz einziehen. Stattdessen zog der Grünen-Chef zu seiner grünen Superministerin Leonore Gewessler ins Gebäude des Infrastrukturministeriums, das in unmittelbarer Nachbarschaft zum nun grünen Sozialministerium liegt.

Ob dieser ungewöhnliche Schritt daran lag, dass Kogler die Nähe seiner Gesinnungsgenossen gesucht hatte oder aber nicht ins Vizekanzlerbüro einzog, weil zuvor dort Heinz-Christian Strache residierte, bleibt vielleicht sein kleines Geheimnis, das auch „OE24“ in seinem Artikel noch nicht lüften konnte.

Mogeleien um die Sicherungshaft?

Ein für die ÖVP wichtiger Punkte war auch das umstrittene Thema „Sicherungshaft“ für potenziell gefährliche Migranten, dass auch Einzug in das Koalitionsprogramm hielt. Im letzten Punkt des Asyl-Teils ist die Rede von der „Einführung eines zusätzlichen, verfassungskonformen Hafttatbestandes (Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit)“.

Doch obwohl die Tinte der Unterschriften unter dem Koalitionspakt noch nicht einmal ganz trocken scheint, versucht sich der frisch gebackene grüne Vizekanzler bereits aus der Affäre zu ziehen.

Werner Kogler bezeichnete die Umsetzung der laut ÖVP auch in anderen Ländern praktizierten Sicherungshaft als „juristisch sehr schwierig“. Dies müssten sich Experten anschauen, wie man das unter einen Hut bringen könne, so Kogler in „ZiB 2“ des „ORF“. Wie der Grünen-Bundessprecher laut „OE24“ sagte, müsse das ganze nicht nur verfassungskonform, sondern auch kompatibel zum EU-Recht und zur Europäischen Menschenrechtskonvention sein.

Dabei soll die geplante Form der Sicherungshaft „aufgrund von Tatsachen“ verhängt werden und nicht wie zuvor bei Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) aufgrund der Gesinnung präventiv.

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Der ehemalige Innenminister der türkis-blauen Vorgängerregierung, Herbert Kickl (FPÖ), kritisierte Kogler indes für die „erste klare Rückwärtsbewegung“ der Grünen und warf der Partei vor, gar nicht vorzuhaben, „die Sicherungshaft in der Koalition mit der ÖVP umzusetzen“.

Die Grünen wollen diese Schutzmaßnahme für die österreichische Bevölkerung doch gar nicht. Statt das ehrlich zu sagen, verstecken sie sich hinter Phrasen, Ausreden und Plattitüden.“

(Herbert Kickl, FPÖ-Klubobmann, Ex-Innenminister)

Allerdings wähnt Kickl da nicht nur die Grünen beim Mogeln

Auch die ÖVP würde nicht ernsthaft an der Umsetzung der Sicherungshaft interessiert sein. Die Partei habe schon bei den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ versucht, die „Umsetzung der Sicherungshaft durch praxisuntaugliche Forderungen und diverse Winkelzüge zu hintertreiben“, so Kickl, der auf die „PR-getriebene Welt des Sebastian Kurz“ verwies.

Kickl lud für Mittwoch, 8. Januar, 9.30 Uhr, ins FPÖ-Medienzentrum zur Pressekonferenz ein – Stichworte: Bundesregierung und Koalition.

Kernpunkte des Regierungsprogramms

Die „Krone“ zitiert aus der Einleitung des neuen türkis-grünen Regierungsprogramms (Kurzversion/Langversion) und verweist auf acht Kernpunkte:

  • Eine spürbare Entlastung für arbeitende Menschen
  • Die Bekämpfung des Klimawandels und die Einhaltung der Klimaziele von Paris
  • Einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort
  • Die soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung
  • Ein konsequenter Kurs im Bereich Migration und Integration
  • Die beste Bildung für alle
  • Nachhaltige Finanzen, notwendige Investitionen und ein ausgeglichener Haushalt
  • Mehr Transparenz im öffentlichen Bereich

Migration & Asyl

„Ein konsequenter Kurs im Bereich Migration und Integration“ – so heißt es unter Punkt 5 des Regierungsprogramms, welches gerade hierbei für Spannung sorgen dürfte. Das Ziel der neuen Migrationsstrategie sei es, „eine klare Trennung von Asyl und Arbeitsmigration“ vorzunehmen.

Flankiert wird das Ganze laut Plan von verbesserten und beschleunigten Asylverfahren durch eine „deutliche Personalaufstockung“. Zudem sollen abgelehnte Asylbewerber weiterhin zum Aufenthalt in den „Rückkehrzentren“ verpflichtet werden.

Doch der Ansatz liegt eher in der Prävention. So will die neue Regierung zum einen vor Ort in den betreffenden Ländern Perspektiven schaffen und Migrationsursachen reduzieren und zum anderen die europäischen Außengrenzen besser schützen. Dies beinhalte unter anderem auch eine Aufstockung des Frontex-Personals auf 10.000 Personen.

Doch solange der EU-Außengrenzschutz nicht lückenlos funktioniere, sollen auch die österreichischen Grenzen besser geschützt werden, hieß es.

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